Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
I. Kommt ein PKH-Empfänger im Beschwerdeverfahren seinen Mitwirkungspflichten nach, ist ein Beschluss der ersten Instanz, wonach eine gewährte PKH aufzuheben ist, aufzuheben.
II. In erster Instanz muss anhand der in der Beschwerdeinstanz vorgelegten Unterlagen erneut geprüft werden, ob einmal gewährte PKH nunmehr aufzuheben ist.
Orientierungssatz
1. Die gegen den eine bereits erfolgte Bewilligung von PKH aufhebenden Beschluss erhobene Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 SGG zulässig. Dabei geht es nicht um die Ablehnung einer Bewilligung von PKH, die bei Nichtübersteigen des Wertes des Beschwerdegegenstandes von 750.- €. unzulässig wäre. Eine analoge Anwendung dieser Regelung kommt mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht.
2. Eine Nachholung der zur Bewilligung von PKH erforderlichen Angaben und vorzulegenden Unterlagen im Beschwerdeverfahren ist zulässig.
Normenkette
SGG § 172 Abs. 1, 3 Nrn. 2a, 2b, 2c, § 73a Abs. 8
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 21. August 2017 - S 4 AS 561/12 - aufgehoben.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 02.04.2014 hatte das Sozialgericht Regensburg (SG) dem Antragsteller zu 3) (Ast) Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung bewilligt.
Anschließende Anfragen zu einer eventuellen Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an den Bevollmächtigten des Ast zu 3) (mit Fristsetzung, Hinweis auf eine eventuelle Aufhebung und gegen Empfangsbekenntnis) blieben ohne Erfolg.
Das SG hat mit Beschluss vom 21.08.2017 die Bewilligung von PKH aufgehoben; der Ast zu 3) habe die vom Gericht geforderte Erklärung nicht eingereicht. Die Aufhebung entspreche billigem Ermessen.
Dagegen hat der Ast zu 3) Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben und einen am 08.09.2017 unterschriebenen Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorgelegt.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen; denn vorliegend geht es nicht um die Ablehnung von Bewilligung von PKH, sondern um die Aufhebung der bereits erfolgten Bewilligung (vgl. hierzu BayLSG, Beschluss vom 19.08.2015 - L 11 AS 533/15 B PKH - m.w.N.). Eine analoge Anwendung dieser Regelung kommt mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht (vgl. hierzu BT-Drs. 811/12, S. 65). Aus diesem Grund greift auch ein Beschwerdeausschluss gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2b und 2c SGG nicht.
Ein Ausschluss der Beschwerde ergibt sich auch nicht aus § 73a Abs. 8 SGG. Offen gelassen werden kann dabei, ob diese Regelung auch sogenannte Altfälle, also Fälle, bei denen der Antrag auf Bewilligung von PKH vor dem 01.01.2014 gestellt worden war (so wohl: Sächsisches LSG, Beschluss vom 04.02.2015 - L 8 AS 78/15 B PKH), anzuwenden ist. Denn diese Regelung bestimmt jedenfalls eine endgültige Entscheidung durch das SG nur, wenn dieses über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle entschieden hat. Allein diese Variante wollte der Gesetzgeber in § 73a Abs. 8 SGG regeln (vgl. dazu BT-Drs. 17/11472, S. 48).
Die damit zulässige Beschwerde ist auch begründet. Der Beschluss des SG ist aufzuheben (vgl. BayLSG, Beschluss vom 12.04.2017 - L 11 AS 248/17 B PKH m.w.N.). Der Ast hat die vom SG begehrte Handlung nachgeholt; dies ist auch im Beschwerdeverfahren noch möglich (vgl. BayLSG, Beschluss vom 12.04.2017 - L 11 AS 248/17 B PKH m.w.N.).
Aufgrund der nunmehr erfolgten Angaben des Ast zu 3) wird das SG zu prüfen haben, inwieweit eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei, die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Fundstellen
Dokument-Index HI11295307 |