Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Beschwerde gegen die Aufhebung bewilligter Prozesskostenhilfe bei nachträglicher Vorlage einer Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen

 

Leitsatz (amtlich)

Beschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von PKH mangels Vorlage einer Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ist zulässig.

Die nachträgliche Vorlage des Fragebogens im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens führt zur Aufhebung des Beschlusses des SG über die Aufhebung der Bewilligung. Ein Beschwerdeausschluss gemäß § 172 Abs 3 Nr 2b und 2c SGG ist nicht gegeben, denn es geht nicht um die Ablehnung der Bewilligung von PKH, sondern die Aufhebung bewilligter PKH.

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 20.02.2017 - S 15 AS 493/13 ER - aufgehoben.

 

Gründe

I.

Streitig war die Erteilung von Lebensmittelgutscheinen wegen der Minderung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.

Mit Beschluss vom 23.09.2013 hat das Sozialgericht Würzburg (SG) dem Antragsteller (Ast) Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung bewilligt. Anschließende Anfragen zu einer eventuellen Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an den Bevollmächtigten des Ast vom 28.09.2016, 17.11.2016 und 02.01.2017 (mit Fristsetzung, Hinweis auf eine eventuelle Aufhebung und gegen Empfangsbekenntnis) blieben ohne Erfolg. Das SG hat mit Beschluss vom 20.02.2017 die Bewilligung von PKH aufgehoben, denn der Ast habe die vom Gericht geforderte Erklärung nicht eingereicht. Die Aufhebung entspreche billigem Ermessen.

Dagegen hat der Ast ohne Begründung Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben und einen am 10.02.2017 unterschriebenen Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorgelegt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen, denn vorliegend geht es nicht um die Ablehnung von Bewilligung von PKH, sondern um die Aufhebung der bereits erfolgten Bewilligung (vgl. hierzu Beschluss des Senates vom 19.08.2015 - L 11 AS 533/15 B PKH - m.w.N.). Eine analoge Anwendung dieser Regelung kommt mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht (vgl. hierzu BT-Drs. 811/12, S. 65). Aus diesem Grund greift auch ein Beschwerdeausschluss gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2b und 2c SGG nicht.

Ein Ausschluss der Beschwerde ergibt sich auch nicht aus § 73a Abs. 8 SGG. Offen gelassen werden kann dabei, ob diese Regelung auch sogenannte Altfälle, also Fälle, bei denen der Antrag auf Bewilligung von PKH vor dem 01.01.2014 gestellt worden war (so wohl: Sächsisches LSG, Beschluss vom 04.02.2015 - L 8 AS 78/15 B PKH), anzuwenden ist, denn diese Regelung bestimmt jedenfalls eine endgültige Entscheidung durch das SG nur, wenn dieses über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle entschieden hat. Allein diese Variante wollte der Gesetzgeber in § 73a Abs. 8 SGG regeln (vgl. dazu BT-Drs. 17/11472, S. 48).

Die damit zulässige Beschwerde ist auch begründet. Der Beschluss des SG ist aufzuheben. Der Ast hat die vom SG begehrte Handlung nachgeholt; dies ist auch im Beschwerdeverfahren noch möglich (vgl. Beschluss des Senates vom 13.05.2013 - L 11 AS 231/13 B PKH m.w.N.).

Aufgrund der nunmehr erfolgten Angaben des Ast wird das SG zu prüfen haben, ob eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei, die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI10862201

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