Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erledigungsgebühr. generelle Bedeutung der Rechtsprechung des BSG zur Erledigungsgebühr im Vorverfahren. qualifizierte anwaltliche Mitwirkung. Annahme eines Anerkenntnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Erledigungsgebühr hat nicht nur für die Erledigungsgebühr im Vorverfahren, sondern generell Bedeutung.

2. Die Erledigung des Rechtsstreits "durch die anwaltliche Mitwirkung" setzt eine besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts im Sinn einer qualifizierten anwaltlichen Mitwirkung bei der Erledigung des Rechtsstreits ohne gerichtliche Entscheidung voraus.

3. Die Annahme eines (vollen) Anerkenntnisses ist noch keine über die normale Prozessführung hinaus gehende, qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 9. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist die Erledigungsgebühr.

Im Klageverfahren am Sozialgericht Bayreuth S 4 AS 1446/08 ging es um die Überprüfung eines bestandskräftigen Bescheids, mit dem der Beklagte die freie Verpflegung während eines Krankenhausaufenthalts als Einnahme des nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) leistungsberechtigten Kläger angerechnet hatte. Mit Beschluss vom 25.09.2009 bewilligte das Sozialgericht dem Kläger ab 04.02.2009 Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer bei. Im Erörterungstermin am 20.04.2010 (25 Minuten) gab der Richter ausweislich der Niederschrift rechtliche Hinweise zu Protokoll, woraufhin der Beklagte den Anspruch anerkannte (einschließlich Kostenanerkenntnis). Der Kläger nahm das Anerkenntnis an.

Mit Schriftsatz vom 21.04.2010 stellte der Beschwerdeführer Kostenerstattungsantrag. Die Vergütung für seine anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Prozesskostenhilfe bezifferte er auf 1040,71 Euro abzüglich der im Wege eines Vorschusses erhaltenen 250,50 Euro. Aufgeführt waren eine Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG: 240 Euro, eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG: 170 Euro, eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG: 200 Euro und eine Erledigungsgebühr gemäß Nrn. 1006, 1005 VV RVG: 190 Euro (außerdem Fahrtkosten 5,25 Euro, Tage- und Abwesenheitsgeld 2,50 Euro, Pauschale 40 Euro, Dokumentenpauschale für 62 Ablichtungen 26,80 Euro, insgesamt netto 874,55 Euro, zzgl. 19 % MWSt 166,16 Euro). Mit Fax vom 12.05.2010 stellte der Beschwerdeführer klar, dass die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG nur versehentlich zur Abrechnung gelangt sei, diese Gebühr sei nicht angefallen.

Die Kostenbeamtin setzte die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren am 06.05.2010 auf 247,22 Euro fest:

Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG

170,00 Euro

Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG

200,00 Euro

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 Euro

Fotokopiekosten, Nr. 7000 VV RVG

20,50 Euro

Reisekosten, Nr. 7003 VV RVG

 5,25 Euro

Tage- und Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 VV RVG

    2,50 Euro

Zwischensumme:

418,25 Euro

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG

  79,47 Euro

insgesamt

497,72 Euro

abzüglich Vorschuss vom 09.11.2009

 250,50 Euro

verbleiben zur Auszahlung

247,22 Euro

Wegen der Ablehnung der Erledigungsgebühr hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt. Nach dem Protokoll aus der Sitzung vom 20.04.2010 sei, so der Beschwerdeführer, der Sachverhalt umfangreich erörtert worden. Um die Beklagte zu bewegen und um ein Urteil zu vermeiden, habe ein deutlicher Hinweis des Gerichts zu § 330 Abs. 1 SGB III erfolgen müssen. Aus der Sitzung ergäbe sich somit seine umfangreiche Mitwirkung dahingehend, dass der Beklagte sich bereit erklärt habe, ein Anerkenntnis abzugeben. Bei diesem Verfahren habe er mitgewirkt. Eine Mitwirkung sei auch aus dem Protokoll ersichtlich, denn das Anerkenntnis sei ausdrücklich angenommen worden und es sei erklärt worden, dass der Rechtsstreit erledigt ist. Diese Mitwirkung sehe er als ausreichend an.

Das Sozialgericht Bayreuth hat mit Beschluss vom 09.06.2010 die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.05.2010 als unbegründet zurückgewiesen. Die Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG sei schon dem Grunde nach nicht entstanden, Ausführungen zu ihrer Höhe würden sich daher erübrigen. Bei der Erledigungsgebühr der Nr. 1002 i.V.m. Nr. 1006 müsse sich die Rechtssache jedenfalls "durch die anwaltliche Mitwirkung" erledigen. Da die Erledigungsgebühr an die Stelle der Einigungsgebühr trete, müsse eine Mitwirkung des Anwalts an der die Erledigung verursachenden Maßnahme vorliegen. Ohne besondere, auf die Beilegung der Sache ohne Entscheidung gerichtete Tätigkeit, die zur Erledigung nicht nur ganz unwesentlich beigetragen hat, entstehe die Gebühr nicht. Bei Erledigung der Rechtssache ohne Zutun des Anwalts könne weder na...

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