Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung der Berufsausbildung. Zuschuss zur Ausbildungsvergütung von behinderten und schwerbehinderten Menschen. betriebliche Ausbildung Zuschüsse für die betriebliche Aus- oder Weiterbildung
Leitsatz (amtlich)
Zuschüsse für die betriebliche Aus- oder Weiterbildung von behinderten und schwerbehinderten Menschen können nicht vom Behinderten selbst beansprucht werden.
Normenkette
SGB III § 76 Abs. 1, § 54a Abs. 2 Nr. 1, §§ 61, 63-64, 73 Abs. 1, § 122 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, §§ 123, 127; SGB IX § 104 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e; BBiG § 26; SGG § 73a Abs. 1 S. 1, § 86b Abs. 2 S. 2; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, §§ 294, 920 Abs. 2
Tenor
I. Die Beschwerde gegen Ziffern I. und II. des Beschlusses des Sozialgerichts Nürnberg vom 25.08.2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Ausbildungs- und Lohnkosten für eine Ausbildung zum Fachlagerist.
Der 1990 geborenen Antragsteller (ASt) bezog in der Vergangenheit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 (Bescheid des Zentrum Bayern Familie und Soziales - ZBFS - vom 21.10.2013) und leidet ausweislich eines nervenärztlichen Gutachtes des Dr. R. vom 26.07.2013 unter einer noch nicht voll ausgereiften Persönlichkeitsstruktur mit Störungen des Sozialverhaltens (ICD 10: F91.9), des Bildungs- und Beziehungsverhaltens. Seinen Antrag auf vollumfängliche Übernahme der Lohn- und Ausbildungskosten für ein am 01.09.2015 beginnendes Ausbildungsverhältnis bei der Autohaus J. P. GmbH & Co. KG (A) lehnte die Antragsgegnerin (Ag) mit Bescheid vom 08.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2015 ab. Die beantragten Leistungen der aktiven Arbeitsförderung seien nach § 22 Abs 4 Satz 1 Nr 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des SGB II ausgeschlossen. Dieser Leistungsausschluss bestehe auch im Rahmen eines Leistungsverfahrens zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Rehabilitation). Über die dagegen vom ASt erhobene Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) ist bislang nicht entschieden (S 14 AL 299/15).
Am 11.08.2015 hat der ASt beim SG zudem im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Ag zur Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Übernahme von Ausbildungs- und Lohnkosten für die Ausbildung bei A beantragt. Die Ag sei wegen seiner behinderungsbedingt eingeschränkten Erwerbsfähigkeit für die Leistungserbringung zuständig. Bislang seien eine von der Ag geförderte Ausbildungsmaßnahme und auch sonstige Versuche, eine Ausbildung zu absolvieren, an seiner Erkrankung gescheitert. Bei A, wo er derzeit ein Praktikum absolviere, sei ihm ab 01.09.2015 unter der Voraussetzung der Übernahme der Ausbildungskosten durch einen Kostenträger ein Ausbildungsplatz mit der Ausbildung zum Fachlagerist angeboten worden. Es handele sich um eine einmalige Chance. An der Arbeitsstelle fühle er sich wohl und es arbeite auch sein Vater in diesem Betrieb.
Mit Beschluss vom 25.08.2015 (Ziffern I. und II. des Tenors) hat das SG den Antrag abgelehnt. Einer Leistungsgewährung stehe § 22 Abs 4 Satz 1 SGB III entgegen. Es gebe keine Anhaltspunkte für einen unberechtigten Alg II-Bezug. Daran ändere weder die Betreuung noch das nervenärztliche Gutachten etwas. Zudem könnten Leistungen zur Förderung einer Einstiegsqualifizierung oder Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung nur vom Arbeitgeber selbst beantragt werden.
Dagegen hat der ASt Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren beantragt. Er sei in allen Bereichen geschäftsunfähig. Die Entscheidung des Jobcenters beruhe auf - nach Einschätzung des Betreuers und nach dem nervenärztlichen Gutachten - nicht verwertbaren Angaben des ASt, er sei unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes in der Lage, mindestens drei Stunden täglich erwerbsfähig zu sein. Dr. R. habe eine berufliche Wiedereingliederung befürwortet. Das Praktikum sei zu Ende geführt worden und die Maßnahme geeignet, die Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern. Seit 01.09.2015 bestehe ein Ausbildungsverhältnis bei A. Hieraus beziehe er eine Ausbildungsvergütung iHv 510 € brutto, die sein Vater darlehensweise gegenfinanziere. Aktuell würde insofern kein Alg II mehr bezogen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Das SG hat vorliegend zu Recht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.
Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechts...