Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Notwendigkeit einer Aufhebung der Bewilligungsentscheidung neben einem Sanktionsbescheid

 

Leitsatz (amtlich)

Es steht mit dem im Eilverfahren zu fordernden Überzeugungsgrad fest, dass neben einem Sanktionsbescheid auch eine Aufhebung einer zuvor wirksam gewordenen Bewilligungsentscheidung erfolgen muss.

 

Tenor

I. Der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 06.10.2014 wird abgeändert.

II. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 30.11.2014 Leistungen in Höhe von 608,90 € monatlich zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

III. Der Antragsgegner hat für beide Instanzen die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers jeweils zu 1/2  zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Streitig ist der vollständige Wegfall des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.09.2014 bis 30.11.2014 wegen einer Leistungskürzung.

Der 1962 geborene, alleinstehende Antragsteller (Ast.) bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Zuletzt wurden ihm mit Bescheid vom 24.06.2014 für den Bewilligungszeitraum 01.07.2014 bis 31.12.2014 Leistungen bewilligt, für die Zeit vom 01.07.2014 bis 30.09.2014 in Höhe von 0,00 Euro, danach in Höhe von 648,00 Euro monatlich. Die Festsetzung auf 0,00 Euro beruht auf einem Sanktionsbescheid des Jobcenters vom 11.06.2014. Gegen die Bescheide vom 11.06.2014 und vom 24.06.2014 wurde jeweils Widerspruch eingelegt.

Am 07.04.2014 war mit dem Ast. eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen worden mit dem Ziel der Aufnahme einer Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt. Der Ast. verpflichtete sich darin u.a., beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung monatlich mindestens zwei Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und Bewerbungsnachweise jeweils bis zum 4. des Folgemonats - erstmals zum 04.05.2014 - nachzuweisen, z.B. in Form von Kopien der Bewerbungen, Eingangsbestätigungen, Absagen, Auflistung der getätigten Bewerbungen. Bei Arbeitsunfähigkeit ist eine Bescheinigung hierzu vom Arzt umgehend ab dem ersten Tag vorzulegen.

Gegen den Ast. wurden bereits in der Vergangenheit Sanktionen verhängt. Mit Bescheiden vom 15.05.2013 und vom 24.09.2013 wurde das ALG II um 30 bzw. 60 % des maßgebenden Regelbedarfs für jeweils drei Monate abgesenkt. Zuletzt wurde mit Sanktionsbescheid vom 11.06.2014 ein vollständiger Wegfall des Arbeitslosengeldes II wegen wiederholter Pflichtverletzung für den Zeitraum 01.07.2014 bis 30.09.2014 festgestellt, da der Ast. der mit Eingliederungsvereinbarung vom 07.04.2014 vereinbarten Maßnahme AViBa beim Träger U. L. ferngeblieben war.

Nachdem der Ast. Keinen Nachweis über Eigenbemühungen für den Zeitraum 05.05.2014 bis 04.06.2014 vorgelegt hatte, stellte der Antragsgegner (Ag.) nach vorheriger schriftlicher Anhörung (Schreiben vom 11.06.2014) mit Bescheid vom 22.08.2014 wegen einer wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB II (vorangegangene Pflichtverletzung siehe Minderungsbescheid vom 11.06.2014) erneut den vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.09.2014 bis 30.11.2014 fest. Zur Begründung führte der Ag. aus, dass der Ast. entgegen der Eingliederungsvereinbarung keine zwei Eigenbemühungen im Zeitraum 05.05.2014 bis 04.06.2014 nachgewiesen habe. Er habe die Eigenbemühungen auch nicht nachgereicht, obgleich in einem persönlichen Gespräch am 18.06.2014 über die Anhörung vom 11.06.2014 gesprochen und vereinbart worden sei, dass der Ast. die Eigenbemühungen innerhalb der Anhörungsfrist bis zum 02.07.2014 nachreichen könne. Der Sanktionsbescheid wie auch die vorherige Anhörung enthielten den Hinweis auf die Möglichkeit ergänzender Sachleistungen oder geldwerter Leistungen.

Gegen den Bescheid vom 22.08.2014 legte der Ast. Widerspruch ein. Er habe keine Eigenbemühungen unternehmen können, da er ab dem 05.05.2014 krankgeschrieben und auch schon vorher arbeitsunfähig krank gewesen sei. Aufgrund seines schlechten Knies sei er durchgehend bis zum 05.09.2014 krankgeschrieben gewesen.

Mit weiterem, ebenfalls mit Widerspruch angefochtenem Bescheid vom 22.09.2014 stellte der Ag. eine Minderung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.12.2014 fest, da der Ast. zu einem Meldetermin am 08.09.2014 nicht erschienen sei. Mit Bescheid vom 30.09.2014 versagte der Ag. die Leistungen ab dem 01.10.2014 ganz, da der Ast. Einladungen zum 05.08.2014, 08.09.2014 und 18.09.2014 nicht nachgekommen sei, so dass Leistungen nach § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) für die Zukunft versagt werden könnten. Auch dagegen legte der Ast. Widerspruch ein.

Am 28.08.2014 hat der Ast. beim Sozialgericht Würzburg die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt und die ...

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