Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit der Anfechtungsklage. Versagungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung. Unzulässigkeit der Leistungsklage. Nachholung der Mitwirkung im Klageverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Gegenstand einer gegen eine Versagensentscheidung gem § 66 SGB 1 gerichteten Klage ist nicht der materielle Anspruch, sondern der Streit über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren.
2. Die Leistungsklage ist daneben nur zulässig, wenn die Leistungsvoraussetzungen entweder festgestellt oder abschließend verneint werden können, nicht aber, wenn weitere Ermittlungen erforderlich sind.
3. Die Nachholung der Mitwirkung im Klageverfahren begründet lediglich einen Anspruch nach § 67 SGB 1, berührt aber nicht die Rechtmäßigkeit des zuvor ergangenen Versagensbescheids.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab dem 01.05.2014 bis zum 30.11.2014 streitig.
Der 1976 geborene Kläger beantragte mit Schreiben vom 30.05.2014, nach dem Eingangsstempel eingegangen beim Beklagten am 02.06.2014, formlos die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Er sei arbeitslos, hilfebedürftig und erwerbsfähig. Mit der Arbeitsagentur habe er nichts zu tun. Er sei nicht verheiratet oder geschieden und habe keine Kinder, sondern sei glücklicher Alleinstehender. Zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen seien nicht vorhanden. Da es dafür keine Nachweise geben könne, müsse der Beklagte "wohl oder übel" auf seine Angaben vertrauen, bis ihm die Justiz das Gegenteil nachweise. Er lebe alleine in einer Mietwohnung, die Kaltmiete betrage 220 € zuzüglich 60 € Betriebskostenpauschale und Heizkostenvorschuss. In der Küche sei ein elektrischer Warmwasserboiler vorhanden. Der Stromkostenvorschuss betrage derzeit 30 € alle zwei Monate. Er gab ferner seine Kontoverbindung sowie die Anschrift seiner Krankenversicherung und die seines Vermieters an.
Mit Schreiben vom 06.06.2014 forderte der Beklagte den Kläger auf, sich umgehend persönlich beim Beklagten zu melden, damit der Antrag besprochen werden könne. Er sei gemäß §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verpflichtet, seine Hilfebedürftigkeit durch Vorlage von Unterlagen nachzuweisen. Soweit nicht bis 20.06.2014 die persönliche Vorsprache erfolge oder Unterlagen eingereicht würden, könnten Leistungen nach
§ 66 SGB I versagt werden.
Hierzu äußerte sich der Kläger mit Schreiben vom 13.06.2014 sinngemäß dahingehend, dass er alle für die Leistung erheblichen Angaben gemacht habe. Außerdem gebe es den Datensatz und die Akten aus dem ALG I-Bezug. Das persönliche Erscheinen halte er schon wegen des Zeitaufwandes und der ungeklärten Fahrtkosten für unzweckmäßig. Der Beklagte solle ihm schriftlich mitteilen, welche Unterlagen er aus welchem Grund und unter Beachtung der Datenschutzvorschriften benötige. Im Übrigen sei der Antrag bereits am 31.05.2014 eingegangen.
Mit Schreiben vom 04.07.2014 erhob der Kläger Klage gegen die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit A-Stadt und gegen die Stadt A-Stadt zum Sozialgericht Augsburg (S 11 AS 640/14) und beantragte zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Er stellte sinngemäß folgende Anträge:
1. Der Beklagte wird verurteilt, ab dem 01.05.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu zahlen und einen entsprechenden Bescheid zu erteilen.
2. Der Beklagte hat wegen Nichtleistung/Verzögerung der Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt dem Grunde nach Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB, Amtshaftung gemäß § 839 BGB und Verzögerung gemäß § 286 BGB zu leisten.
Mit Schreiben vom 11.07.2014 stellte der Beklagte gegenüber dem Kläger klar, dass eine persönliche Vorsprache zwar nicht erforderlich sei, dafür aber die Vorlage der im Folgenden bezeichneten Unterlagen (vollständig ausgefüllter Hauptantrag, Anlage KdU, Anlage EK, Anlage VM, Kopie des Personalausweises, Meldebescheinigung, Kopie der Krankenkassenkarte, Kopie des Sozialversicherungsausweises, schriftliche Stellungnahme zum Lebensunterhalt der letzten 12 Monate, Auslieferungsbeleg zum Nachweis des Antragszugangs, Mietvertrag, Mietaufstellung, Heizkostenabrechnung zum Nachweis der dezentralen Warmwasseraufbereitung, lückenlose Kontoauszüge aller Bankkonten seit 01.04.2014, Finanzstatusübersicht der Sparkasse A-Stadt zum 01.05.2014). Er wurde unter Fristsetzung bis 31.07.2014, Hinweis auf die Mitwirkungspflichten der §§ 60 ff SGB I sowie die Versagungsmöglichkeit des § 66 SGB I aufgefordert, diese Unterlagen vorzulegen.
Auch das Sozialgericht wies den Kläger darauf hin, dass die bisher gemachten Angaben nicht ausreichend seien, um den Antrag prüfen zu können (Schreiben v...