Leitsatz (amtlich)

Prozesskostenhilfe: Grundsätzlich ist gemäß § 121 Abs. 3 ZPO nur eine Beiordnung zu den Bedingungen eines im dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts möglich (Mehrkostenverbot). Voraussetzungen für eine Abweichung von diesem Grundsatz.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 21. März 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Prozesskostenhilfe zu den Bedingungen eines im dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts bewilligt wird.

II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin (Bf) begehrt im Rahmen eines Antrags nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) einen höheren Grad der Behinderung (GdB) als 40 nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX).

Gegen den ablehnenden Bescheid des Landesamts für soziale Dienste Schleswig-Holstein vom 30.11.2009 erhob die damals in Schleswig-Holstein wohnhafte Bf, vertreten durch Rechtsanwalt B., B-Straße, Kiel, mit anwaltlichem Schreiben vom 30.12.2009 Widerspruch. Mit Widerspruchbescheid des Landesamts vom 04.06.2010 wurde der Widerspruch als unbegründet zurück gewiesen. Dagegen hat der Bevollmächtigte der Bf mit Schreiben vom 02.07.2010, bei Gericht eingegangen am 05.07.2010, Klage zum Sozialgericht (SG) Kiel erhoben. Gleichzeitig hat die Bf Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung ihres Bevollmächtigten Rechtsanwalt B. beantragt.

Nachdem sich zwischenzeitlich herausgestellt hatte, dass die Klägerin mit Einzug am 01.07.2010 unter der Anschrift A-Straße, A-Stadt, als einzige Wohnung gemeldet ist, ist der Rechtsstreit mit Beschluss des SG Kiel vom 21.10.2010 an das SG Landshut verwiesen worden.

Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist am 10.01.2011 beim SG Landshut eingegangen. Der Bevollmächtigte der Bf hat mit Schreiben vom 04.01.2011 darum gebeten, die Bewilligung von PKH auch auf eventuell anfallende Reisekosten zu erstrecken. Er sei mit den zugrundeliegenden und vor allem vorausgehenden Sachverhalten vertraut und habe die Bf auch im Vorfeld bereits anwaltlich vertreten, weshalb ein Anwaltswechsel nicht ratsam erscheine.

Mit Beschluss vom 21.03.2011 hat das SG Landshut der Bf ab dem 05.07.2010 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen bewilligt und Rechtsanwalt B., B-Straße, Kiel, zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.

Am 31.03.2011 hat der Bevollmächtigte der Bf dagegen Beschwerde erhoben und zur Begründung auf sein Schreiben vom 04.01.2011 verwiesen. Mit Schriftsatz vom 18.04.2011 hat er diesen Vortrag wiederholt.

II.

Die fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Insbesondere fehlt ihr nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn der Bevollmächtige der Bf hat gegenüber dem SG Landshut deutlich gemacht, dass der Antrag auf Gewährung von PKH auch potentielle Fahrtkosten von seinem Kanzleisitz zum Gerichtsort beinhaltet. Eine Verzichtserklärung bezüglich möglicher Mehrkosten, die einem Rechtsschutzbedürfnis entgegen stehen würde, hat der Bevollmächtigte der Bf nicht abgegeben.

Die Beschwerde ist aber nur insoweit begründet, als der Tenor des Beschlusses des SG Landshut vom 21.03.2011 dahingehend abzuändern ist, dass Prozesskostenhilfe zu den Bedingungen eines im dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts - und nicht eines ortsansässigen Rechtsanwalts - zu bewilligen ist.

Eine Beschränkung der Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" findet im Gesetz keine Stütze (mehr). Vielmehr ist eine Beschränkung der Beiordnung nur in der aus dem Tenor ersichtlichen Formulierung zulässig.

Zwar bestimmte § 121 Abs. 3 ZPO in der bis zum 31.05.2007 geltenden Fassung (Gesetz vom 05.12.2005, BGBl. I S. 3202), dass ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden kann, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Aus der Formulierung "bei dem Prozessgericht" wurde vereinzelt der Schluss gezogen, dass eine Beschränkung der Beiordnung auf einen "ortsansässigen" Anwalt, also einen Anwalt mit Niederlassung am Ort des Gerichts, zulässig sei (vgl. z.B. Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 121, Rn. 7). Bereits zur Regelung des § 121 Abs. 3 ZPO in der bis zum 31.05.2007 geltenden Fassung, die auf die Sozialgerichtsbarkeit zwar nicht unmittelbar anwendbar war, weil es keine Zulassung von Rechtsanwälten zu einem SG gab (und gibt), wurde aber schon zutreffend die Ansicht vertreten, dass sie nicht die Beschränkung auf die Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts, sondern nur auf die eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts erlaube (vgl. Bayerisches Landessozialgericht - Bay LSG -, Beschluss vom 08.10.2007, Az.: L 13 B 759/07 R PKH; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.02.2007, Az.: L 6 B 355/06 R).

Spätestens aber mit Inkrafttreten der Neuregelung des § 121 Abs. 3 ZPO zum 01.06.2007 (Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes vom 26. März 2007, BGBl. I S. 358) kommt eine Beschränkung der Beiordnung zu den ...

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