Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzung einer Rente wegen Erwerbsminderung

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.

 

Normenkette

SGB VI § 43 Abs. 1, 2 Sätze 1-2, Abs. 3, § 50 Abs. 1, § 240 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; SGG § 109

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.10.2022; Aktenzeichen B 5 R 105/22 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17.10.2019 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der 1969 geborene Kläger erlernte nach seinen Angaben von 1984 bis 1987 den Beruf eines Schiffbauers. Später war er als Blechschlosser, Kunststoffschlosser, Montagemechaniker, Monteur und zuletzt seit 2006 als Industrie-Schweißer bei der Fa. L versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Angaben des Klägers ist er seit 15.09.2016 bei seiner Beschäftigung arbeitsunfähig erkrankt gewesen und nach seiner Aussteuerung ist er seit 15.03.2018 bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet. Der Kläger erhält Leistungen wegen Berufsunfähigkeit aus einer privaten Versicherung. Ein Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit sei gestellt und laufe noch. Seit einigen Monaten verrichtet der Kläger ca. zwei Stunden pro Woche eine geringfügige Beschäftigung, wobei nach Angaben des Klägers die Fa. aber vor der Auflösung stehe.

Beim Kläger war ab Mai 2017 zunächst ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt, der nach einem Schwerbehindertenrechtsstreit (S 17 SB 491/17 beim Sozialgericht [SG] Würzburg) ab Juni 2018 auf 50 erhöht wurde. Im Einzelnen wurden anerkannt:

1. Depressive Erkrankung, chronisches Schmerzsyndrom, Anpassungsstörung (Einzel-GdB 30).

2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen, Bandscheibenschäden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Einzel-GdB 30).

3. Schwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräuschen (Einzel-GdB 20).

4. Schluckstörungen - Eagle-Syndrom - (Einzel-GdB 10).

Bereits am 11.08.2017 hatte die Bundesagentur für Arbeit auf Antrag des Klägers eine Gleichstellung gemäß § 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) festgestellt.

Am 01.03.2018 erfolgte für die Agentur für Arbeit Aschaffenburg eine sozialmedizinisch gutachterliche Stellungnahme durch Dr. P - allerdings ohne ausführliche eigene Untersuchung - die zu folgenden Diagnosen führte:

1. Chronische Lumboischialgie rechts bei Diskusprolaps L 5/S 1 mit Fußheberschwäche und Taubheit rechter Fußaußenrand, Einschränkung des Geh- und Stehvermögens und der Rumpfbeweglichkeit, Zustand nach Bandscheibenvorfall-OP L 4/L 5 2006.

2. Gonalgie beidseits, Zustand nach Kreuzbandplastik rechts 1997, Retropatellararthrose beidseits.

3. Coxalgie beidseits bei Impingement.

4. Eagle-Syndrom beidseits, Tinnitus, Schwindel.

5. Depressive Störung, Anpassungsstörung.

6. Hand-Ellenbogengelenkarthralgie beidseits, wechselnd, unklarer Ursache.

7. Ventrikuläre Extrasystolie ohne gravierende Beeinträchtigung der kardialen Funktion.

Der Kläger sei täglich weniger als drei Stunden einsatzfähig, voraussichtlich über sechs Monate, aber nicht auf Dauer. Der Kläger sei weiterhin arbeitsunfähig geschrieben und es sei nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als gesichert anzusehen, dass durch medizinische Maßnahmen binnen sechs Monaten wieder ein relevantes einschlägiges Leistungsvermögen beim Kläger hergestellt werden könne. Die Agentur für Arbeit leitete der Beklagten am 19.03.2018 Unterlagen zu, wonach der Kläger am 15.03.2018 Arbeitslosengeld beantragt habe und die Nahtlosigkeitsregelung nach § 145 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zur Anwendung komme.

Die Beklagte erwiderte, dass dem Kläger aufgrund eines im November 2017 gestellten Reha-Antrages eine Reha-Maßnahme bewilligt worden sei. Diese stationäre Rehabilitationsmaßnahme wurde im Rehabilitations- & Präventionszentrum B vom 24.04.2018 bis 29.05.2018 durchgeführt. Im zugehörigen Rehabilitations-Entlassungsbericht vom 14.06.2018 sind folgende Diagnosen aufgeführt:

1. Somatisierungsstörung.

2. Tinnitus aurium.

3. Enthesopathie, Eagle-Syndrom.

4. Zustand nach Hörsturz.

5. Zustand nach sonstigen Bandscheibenschäden L 4/L 5 mit OP 2006.

Der Kläger könne die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nur noch unter drei Stunden verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er 6 Stunden und mehr einsatzfähig für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne Lärmbelastung, ohne wirbelsäulenbelastende Zwangshaltungen, ohne vornübergebeugte Haltung, ohne vermehrte Rotationsbelastung sowie ohne häufiges Steigen auf Leitern und Gerüste. Es bestehe noch Arbeitsunfähigkeit für weitere vier Wochen.

Am 15.06.2018 ging bei der Beklagten ein Antrag des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung ein. Der Kläger machte geltend, im Vordergrund seiner Beschwerden stünden Rückenprobleme nach Bandscheiben-OP, ein Hörsturz und Depressionen mit starkem Schwindel und Konzentrationsstörungen.

Die ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge