Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Kindererziehung im Ausland. Neufeststellung einer Rente. Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten. Gewöhnlicher Aufenthalt. Wohnsitz. Arbeitsverhältnis in Deutschland. Stipendium. Verfassungsmäßigkeit. Ungleichbehandlung. Verwaltungspraktikabilität
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Berücksichtigung von in der Schweiz zurückgelegten Zeiten der Kindererziehung
Ein Auslandsaufenthalt aufgrund eines Stipendiums stellt keinen Fall eines "Rumpfarbeitsverhältnisses" bzw. einer sog. "Quasientscheidung" dar, nach welchem Kindererziehungszeiten ausnahmsweise Berücksichtigung finden können (BSG, 17. November 1992, 4 RA 15/91).
Die Vorschriften über die sog. "Mütterrente" sind auch in dem Bestandsrentner betreffenden Regelungsgehalt (§ 307d SGB VI) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
SGB VI § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 56 Abs. 1, 3 Sätze 2-3, § 249 Abs. 1, § 306 Abs. 1, § 307d; SGB I § 30 Abs. 3 S. 2; SGB X § 48; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 06. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, die von der Klägerin von 09.04.1968 bis 31.07.1969 in der Schweiz zurückgelegt wurden.
Die 1939 geborene Klägerin war von 13.01.1956 bis zu ihrer Ehescheidung am 12.07.1979 mit Prof. Dr. P. A. verheiratet. Diesem wurde am 06.12.1966 von der Stiftung V. ein Stipendium am Institut für Hirnforschung der Universität C-Stadt in Höhe von DM 1500 monatlich gewährt. Dieses Stipendium wurde vom Ehemann der Klägerin in der Zeit von Juli 1967 bis Juli 1969 wahrgenommen. Am 09.04.1968 brachte die Klägerin in C-Stadt ihre Tochter V. zur Welt. Zum 01.08.1969 wurde der Ehemann der Klägerin zum wissenschaftlichen Assistenten an der L-Universität A-Stadt (L.) ernannt.
Am 31.10.2001 stellte die Klägerin Antrag auf Kontenklärung und gab in der nachgereichten Anlage auf Feststellung von Zeiten der Kindererziehung an, sich in der Zeit von Juli 1967 zusammen mit ihrem Mann und ab April 1968 zusammen mit ihrer Tochter V. bis Ende Juli 1969 in der Schweiz aufgehalten zu haben. Nachdem die L. auf Nachfrage der Beklagten bestätigt hatte, dass in der streitigen Zeit kein Beschäftigungs- oder Dienstverhältnis zwischen ihr und dem Ehemann der Klägerin bestanden hatte, stellte die Beklagte mit bindendem Bescheid vom 09.01.2002 die rentenrechtlichen Zeiten der Klägerin nach § 149 Abs. 5 SGB VI fest und lehnte hierbei für die Tochter V. die Anerkennung von Schwangerschafts- und Mutterschutzzeiten, von Kindererziehungszeiten in der Zeit von 01.05.1968 bis 30.04.1969 sowie im weiteren von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung bis 31.07.1969 ab.
Am 17.11.2003 stellte die Klägerin formlosen Antrag auf Gewährung von Regelaltersrente und bat zugleich um Mitteilung, um wie viel höher diese Rente ausfallen würde, wenn ihre Tochter V. in Deutschland erzogen worden wäre. Die Beklagte teilte in der Folge mit, dass bei Berücksichtigung eines Jahres an Kindererziehungszeit die Rente rund 26 € höher ausfallen würde, verwies jedoch im weiteren auf die Feststellungen im Rahmen der durchgeführten Kontenklärung. Mit Bescheid vom 05.03.2004 gewährte die Beklagte der Klägerin ab 01.04.2004 Regelaltersrente in Höhe von Euro 464,69 monatlich. Hierbei wurden für die Tochter V. - wie mit Vormerkungsbescheid vom 09.01.2002 festgestellt - lediglich Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung ab 01.08.1969 berücksichtigt. Dieser Bescheid wurde von der Klägerin nicht angefochten.
Erstmals am 14.05.2014 beantragte die Klägerin die vollumfängliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten auch für ihre Tochter V.. Nachdem die Beklagte eine Entscheidung hierüber aufgrund des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zur sog. "Mütterrente" zunächst zurückgestellt hatte und weitere Ermittlungen über mögliche Versicherungszeiten der Klägerin in der Schweiz erfolglos geblieben waren, lehnte sie mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2014 eine Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung über die bereits erfolgte Anerkennung hinaus ab. Der Rentenbescheid vom 14.05.2004 könne nicht zu Gunsten der Klägerin nach § 44 SGB X geändert werden. Die gesetzlichen Bestimmungen sähen eine Berücksichtigung von im Ausland zurückgelegten Kindererziehungszeiten grundsätzlich nicht vor. Ein Ausnahmetatbestand, wonach bei Erziehung im Ausland eine Berücksichtigung möglich sei, soweit von einem Elternteil gleichzeitig Pflichtbeitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegt werden, sei vorliegend nicht gegeben.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte am 05...