Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Ein-Personen-Haushalt in der Landeshauptstadt München von Oktober 2018 bis September 2019
Leitsatz (amtlich)
Das Jobcenter München war berechtigt, die für einen Ein-Personen-Haushalt im Gebiet der Landeshauptstadt München nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II zu übernehmenden angemessenen Kosten für Unterkunft von Oktober 2018 bis September 2019 auf 660 Euro monatlich (Bruttokaltmiete) zu beschränken.
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 11. August 2020 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin und Berufungsklägerin (in der Folge: Klägerin) im Zeitraum 1. bis 8.6.2018 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hat sowie ob ihr in der Zeit vom 9.6.2018 bis 31.7.2019 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen.
Die ... geborene Klägerin lebte im streitigen Zeitraum allein in einem (möblierten) Apartment zur Langzeitvermietung zu monatlichen Kosten iHv ... Euro für Juni 2018, ... Euro für Juli 2018 und ab August 2018 iHv ... Euro monatlich.
Nachdem die Klägerin ihre eigene Wohnung einige Jahre zuvor verkauft hatte, waren ihre Möbel, persönlichen Gegenstände sowie Unterlagen eingelagert. Hierdurch entstanden ihr monatliche Kosten iHv ... Euro.
Der Beklagte informierte die Klägerin mit Schreiben vom 27.7.2018, dass die tatsächliche Bruttokaltmiete iHv ... Euro die aus seiner Sicht angemessenen Kosten iHv 657 Euro monatlich um ... Euro überschreite. Unangemessene Kosten könnten nur so lange als Bedarf anerkannt werden, wie es nicht möglich oder nicht zumutbar sei, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Kosten für die Unterkunft auf einen angemessenen Betrag zu senken. Die Klägerin werde gebeten, sich ab sofort intensiv und dauerhaft um die Senkung ihrer Unterkunftskosten zu bemühen. Entsprechende Nachweise seien ab August 2018 jeden Monat unaufgefordert einzureichen. Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der Klägerin erscheine es zumutbar, mindestens acht Nachweise monatlich zu erbringen. Weiter habe die Klägerin eine Sozialwohnung zu beantragen. Sofern berechtigte (zB gesundheitliche) Gründe vorlägen, durch die es der Klägerin nicht möglich bzw nicht zumutbar sei, eine Senkung der Unterkunftskosten innerhalb der nächsten sechs Monate herbeizuführen, möge die Klägerin dies bis 31.8.2018 schriftlich unter Vorlage entsprechender Nachweise mitteilen. Soweit die Klägerin den Aufforderungen des Beklagten nicht nachkomme, würden ab 1.2.2019 Leistungen für Unterkunft nur noch in Höhe der angemessenen Bruttokaltmiete von 657 Euro zzgl der Heiz- und Warmwasserkosten als Bedarf anerkannt. Hierzu informierte die Klägerin den Beklagten am 30.8.2018, bei ihren Telefonaten mit Hausverwaltungen darauf hingewiesen zu werden, dass Vormerkungen nicht mehr akzeptiert würden, die Vergabe von Wohnungen vielmehr über "Immoscout" laufe. In der Eingangszone habe man ihr erklärt, dass das Amt für Wohnen nach einem Punktesystem "funktioniere", das andere Personen (-gruppen) bevorzuge. Die durchschnittliche Wartezeit (für eine Sozialwohnung) betrage zwei Jahre. Weiter beantragte die Klägerin, erst ab 30.9. fünf Nachweise pro Monat vorlegen zu müssen. Bei einer Anmietung seien Einkommensnachweise sofort vorzulegen. Dies sei ihr erst ab 16.8.2018 möglich. Hierauf erwiderte der Beklagte, dass es der Klägerin unbenommen bleibe, die Nachweise erst am Ende des Bewilligungszeitraums vorzulegen. Es würden durchschnittlich acht Nachweise monatlich erbeten, so dass die Klägerin zB in einem Monat lediglich fünf und dafür in einem anderen 13 Wohnungsanfragen starten könne. Es werde gebeten, einen Antrag beim Wohnungsamt zu stellen, da die durchschnittliche Wartezeit keine Rückschlüsse auf die individuelle Zeit bis zu einer Zuteilung zulasse. Die Klägerin legte erstmals mit Schreiben vom 25.10.2019 im Rahmen eines Überprüfungsantrages ihre Bemühungen um eine kostengünstige Wohnung dar.
Während der Klägerin im streitigen Zeitraum Einnahmen nicht zuflossen, verfügte sie ausweislich der Antragsunterlagen über Bargeld iHv ...Euro, Guthaben auf einem Girokonto ... sowie auf einem Kreditkartenkonto ... Die Klägerin besaß weiter einen Lebensversicherungsvertrag mit einem garantierten Rückkaufswert iHv ... Euro und einer Schlussüberschussbeteiligung aus der Hauptversicherung iHv jeweils ... Euro abzüglich einer Vorauszahlung iHv ... Euro, so dass das Versicherungsunternehmen zum 31.5.2018 als vorhandenen Wert eine Gesamtsumme iHv ... Euro bestätigte. Die Klägerin tätigte rückwirkend zum 1.6.2018 einen Teilrückkauf iHv ... Euro, der am 20.6.2018 zu einer entsprechenden Gutschrift auf ihrem Girokonto führte.
Die Klägerin ist bzw war im streitigen Zeitraum gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen unter anderem im Rah...