Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Einschränkungen der Leistungsfähigkeit als Voraussetzung einer Rente wegen Erwerbminderung oder wegen Berufsunfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente.
Normenkette
SGB VI § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 2, § 240 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 2. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1956 geborene Klägerin, türkische Staatsangehörige, ist im Jahr 1973 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Sie hat nach ihren eigenen Angaben keine Berufsausbildung und kein Anlernverhältnis absolviert. Sie war von 1973-1996 als Hilfsarbeiterin in einer Metallfabrik, nach Zeiten der Arbeitslosigkeit ab 1999 geringfügig als Reinigungskraft beschäftigt.
Die Klägerin begehrte erstmals im Februar 2005 Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Zur Begründung verwies sie auf Nervosität sowie Gesundheitsstörungen an Bandscheiben und Ohren. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. D. (Tag der Untersuchung: 26. April 2005) ein, der ein Impingement der linken Schulter sowie eine Lumbago ohne nervale Reizerscheinungen feststellte und der Klägerin ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr für leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigte. Die ebenfalls mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Psychiaterin D. diagnostizierte bei der Klägerin eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome bei einer Persönlichkeit mit passiv-aggressi-ven Zügen. Aufgrund einer gestörten Grenzregulation und der passiv ausgedrückten Aggressivität entstehe der Verdacht auf eine schwerwiegende Persönlichkeitsproblematik. Obwohl die Symptomatik zum Teil hysteriform geprägt sei, sei der Leidensdruck der Klägerin enorm. Die Leistungsfähigkeit sei schwerwiegend beeinträchtigt. Eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Einrichtung sei empfehlenswert. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch leichte Tätigkeiten 3 bis unter 6 Stunden täglich verrichten.
Die Internistin Dr. Z. stellte in ihrem Gutachten vom 16. Juni 2005 bei der Klägerin eine schwere depressive Episode, ein chronisches Schmerzsyndrom bei präsakralem Bandscheibenvorfall, eine arterielle Hypertonie, einen Verdacht auf Mitralklappenprolaps, eine leichte restriktive Ventilationsstörung, ein geringes Übergewicht, eine Lipidstoffwechselstörung, ein Cervikal- und Lumbalsyndrom, eine Periarthropathie der linken Schulter, geringe Heberden-Arthrose der Fingerendglieder, einen chronischen Kombinationskopfschmerz, eine leichte Hypakusis beidseits mit Tinnitus sowie Cervicobrachialgien fest.
Auch sie bescheinigte der Klägerin nur noch ein Leistungsvermögen von 3 bis unter 6 Stunden ab 7. April 2005 bis Juni 2006.
Die Beklagte gewährte daraufhin der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1. November 2005 zunächst bis 30. Juni 2006. Auf den Verlängerungsantrag der Klägerin holte die Beklagte ein Gutachten des Nervenarztes Dr. K. vom 18. April 2006 ein. Dieser diagnostizierte einen Spannungskopfschmerz mit Vertigosymptomatik, einen Tinnitus beidseits, Lumboischialgien beidseits sowie eine Dysthymie. Die Klägerin sei Analphabetin. Dr. K. kam zu dem Ergebnis, die Klägerin könne noch 3 bis unter 6 Stunden täglich leichte Arbeiten auf dem Arbeitsmarkt oder als Reinigungskraft verrichten. Die Beklagte gewährte daraufhin der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter bis 30. Juni 2009.
Mit Antrag vom 9. Februar 2009 begehrte die Klägerin Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den Wegfallzeitpunkt 30. Juni 2009 hinaus.
Die Beklagte holte ein Gutachten der Psychiaterin Dr. V. vom 10. März 2009 ein. Die Sachverständige stellte folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin fest:
1. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei Wirbelsäulensyndrom, Impingementsyndrom und Gonarthrose beidseits
2. Dysthymie
3. Tinnitus beidseits, leicht
4. Spannungskopfschmerz.
Es habe sich in der Untersuchung eine Schmerzaggravation und ein dysthymes Syndrom dargestellt. Eine tiefergehende depressive Symptomatik oder eine Schmerzsymptomatik seien nicht erkennbar gewesen. Der Zustand habe sich seit den Begutachtungen in den Jahren 2005 und 2006 gebessert. Die Klägerin könne als Metallarbeiterin sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden und mehr Tätigkeiten ohne höhere Anforderungen an die geistig-psychische Belastbarkeit, ohne Zeitdruck und Nachtschicht verrichten.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit angefochtenem Bescheid vom 19. März 2009 den Weitergewährungsantrag ab.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihr zur Rentengewährung führendes Krankheitsbild habe sich nicht gebessert, sondern vielmehr verschlech...