Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung: Unfall bei Baumfällarbeiten mit einem Traktor. Feststellungsberechtigung beim gestörten Gesamtschuldverhältnis. Begriff des Unternehmers. Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit als arbeitnehmerähnlicher Wie-Beschäftigter und einer unternehmerähnlichen Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ein unmittelbar auf Schadensersatz in Anspruch genommener Kfz-Haftpflichtversicherer ist in analoger Anwendung von § 109 Satz 1 SGB VII berechtigt, die Rechte des verletzten Versicherten im eigenen Namen geltend zu machen (Anschluss an BSG, 27. März 2012, B 2 U 5/11 R).
2. Da Halter, Führer und Haftpflichtversicherer eines am Unfall beteiligten Kfz dem Unfallopfer gesamtschuldnerisch für Schadenersatzansprüche haften, wirken sich Haftungsbeschränkungen des Kfz Führers i.S.d. §§ 104 bis 107 SGB VII nach den Regeln des gestörten Gesamtschuldverhältnisses auch auf Schadensersatzansprüche gegen den Kfz-Halter aus. Wird ein Kfz-Halter auf Schadensersatz in Anspruch genommen, ist er mit Blick auf eine Haftungsbeschränkung des Kfz Führers nach den §§ 104 bis 107 SGB VII in analoger Anwendung von § 109 SGB VII feststellungsberechtigt.
3. Gemäß § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII ist Unternehmer derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Die Nutzung eigener Werkzeuge allein begründet keine Unternehmereigenschaft bei rein fremdnützigen Arbeiten.Verrichtungen wie ein Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 SGB VII sind von unternehmerähnlichen Tätigkeiten abzugrenzen.
4. Nicht versicherte, unternehmensähnliche Personen werden von § 105 Abs. 2 SGB VII nicht erfasst.
Orientierungssatz
Die Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit als arbeitnehmerähnlicher Wie-Beschäftigter und einer unternehmerähnlichen Tätigkeit ist in Anlehnung an die Abgrenzung zwischen Beschäftigtem und Unternehmer vorzunehmen (vgl. hierzu BSG, 3. April 2014, B 2 U 26/12 R, BSG, 31. Mai 2005, B 2 U 35/04 R, LSG München, 26. Februar 2015, L 17 U 248/14).
Tenor
I. Die Berufungen der beiden Berufungskläger gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 26.11.2014 werden zurückgewiesen.
II. Beide Kläger und der Beigeladene zu 2) tragen die Kosten des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) als Gesamtschuldner. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen zu 2) sind nicht zu erstatten.
III. Der Streitwert wird auf 9.077,11 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der bei Baumfällarbeiten am 15.12.2009 tödlich verunglückte A. (im Folgenden A.W.) als Wie-Beschäftigter tätig war und deswegen zivilrechtliche Haftungsansprüche der Beigeladenen zu 1) als Witwe gegen den Kläger zu 1) als Halter des verwendeten Traktors und gegen die Klägerin zu 2) als Kfz-Haftpflichtversicherer ausgeschlossen sind.
Der Kläger zu 1) betrieb 2009 noch gemeinsam mit seinem Sohn einen Holzhandel und ein bei der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft versichertes land- und forstwirtschaftliches Unternehmen.
Am 15.12.2009 verunglückte A.W. beim Fällen eines Baumes auf dem privatem Hausgrundstück der Eheleute A. und L. I. (Größe ca. 800 qm) tödlich. I. war die Nichte von A.W. - die Tochter seiner Schwester - und ist das Patenkind seiner Ehefrau, der Beigeladenen zu 1).
Am Unfalltag hatten A.W. und der Beigeladene zu 2) - Herr G. - auf dem Grundstück der Eheleute I. zunächst zwei Fichten gefällt. Der Beigeladene zu 2) fuhr dabei einen Traktor, der bei der Klägerin zu 2) versichert ist; Versicherungsnehmer der Kfz-Haftpflichtversicherung für den Traktor war der Kläger zu 1), auf den der Traktor damals zugelassen war (vgl. Bestätigung des Landratsamtes A-Stadt vom 22.01.2014). Mit dem Frontlader des Traktors hob der Beigeladene zu 2) eine Gitterbox an, in der sich A.W. befand. Bis zur Höhe von ca. 5 m schnitt A.W. die Äste ab, dann wurde ein Seil in Höhe von ca. 5 m um den Stamm gespannt, die Gitterbox mit A.W. wurde angehoben und dieser sägte unterhalb des Seils den Stamm durch. Mit Hilfe des Seils wurde der obere Teil des Baums in die gewünschte Fallrichtung gezogen. Als der Beigeladene zu 2) die Gitterbox anhob, damit A.W. als letzten Baum eine Blautanne fällen konnte, rutschte die Gitterbox auf einer Höhe von ca. 1,5 m nach vorne, A.W. stürzte aus der Gitterbox zu Boden und die Gitterbox fiel auf ihn. A.W. verstarb noch am Unfalltag an seinen schweren Rückenverletzungen.
Der Beigeladene zu 2) wurde 2010 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt.
Die Beigeladene zu 1) - die Witwe des Verstorbenen - machte im Oktober 2010 gegenüber dem Kläger zu 1) als Eigentümer und Halter des Traktors zivilgerichtlich einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 9.077,11 Euro zuzüglich Zinsen und Anwaltskosten geltend. Zur Begründung wurde vorgetragen, der Kläger zu 1) als Eigentümer und Halter des Traktors hafte für die nicht ausreichende Fixierung des Gitterkorbs. Zu Unrecht wende der Kfz-Haftpflichtversicherer des Traktors ein, dass ein Arbeitsunf...