Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer ursprünglich rechtswidrigen Spaltung einer Wirtschaftseinheit (Volkseigener Betrieb - VEB) in mehrere Kapitalgesellschaften bestehen zum Stichtag 30.6.1990 mehrere Rechtssubjekte, wenn jedenfalls eine der neuen Kapitalgesellschaften bis dahin in das Register eingetragen und dadurch der Entstehungsmangel nach § 75 GmbHG, der in der DDR idF der Bekanntmachung vom 20.5.1898 bis zum 30.6.1990 weiter galt, geheilt war.

2. § 12 SpTrUG bestimmt weder aufgrund echter Rückwirkung fiktiv ein Element des Sachverhalts, an den § 1 Absatz 1 Satz 1 AAÜG anknüpfen könnte, noch regelt er gegenüber § 1 Absatz 1 Satz 1 AAÜG vorrangig an dessen Stelle mit unechter Rückwirkung ein Element des Tatbestandes, von dem die Anwendbarkeit des AAÜG abhängt.

3. Bestanden am 30.06.1990 sowohl ein VEB als auch eine privatrechtliche Kapitalgesellschaft, ist für die Anwendung des AAÜG entscheidend, ob das Arbeitsverhältnis des Versicherten beim VEB am Stichtag nach dem zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Arbeitsrecht der DDR aufgelöst war. Diesbezüglich sind insbesondere die Vorschriften der §§ 51 ff. AFB DDR zu prüfen.

4. Für die Annahme der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Versicherten und dem VEB genügt nicht der bloße Hinweis auf die Eingehung eines neuen - ggf. faktischen - Arbeitsverhältnisses.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 30. August 2013 sowie der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juni 2012 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid vom 4. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. April 2005 zurückzunehmen und für die Zeit vom 1. September 1973 bis 30. Juni 1990 die Zugehörigkeit des Klägers zur Zusatzversorgung für Angehörige der technischen Intelligenz anzuerkennen und die hierin erzielten Arbeitsentgelte durch Bescheid nach den gesetzlichen Vorschriften festzustellen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten, die Zeit vom 01.09.1973 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) anzuerkennen sowie die dabei erzielten Entgelte festzustellen.

Der im Dezember 1948 geborene Kläger hat von September 1969 bis August 1973 an der Technischen Hochschule I. Informationselektronik studiert und nach der vorliegenden Diplomurkunde am 04.10.1973 das Studium als Diplom-Ingenieur abgeschlossen. Am 20.09.1972 schloss der Kläger einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem Kombinat VEB K. - H-Stadt. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Schichtbetrieb begann der Kläger seine Tätigkeit im September 1973. Der Arbeitsort wurde mit Änderungsvertrag vom 10.07.1974 mit A-Stadt bestimmt.

Der VEB K. KWH A-Stadt wurde mittels Kombinatsbildung zum VEB E. A-Stadt gewandelt. Der VEB E. A-Stadt (Produktionsbetrieb ua. für MC80-Computer, Datenübertragungsgräte, Kassettenmagnetbandgeräte, Computerbildschirme usw.) wurde am 11.02.1977 aufgrund der Verfügung Nr. 44/76 des Ministers für Elektrotechnik und Elektronik vom 24.12.1976 in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen. Ab dem 02.03.1978 gehörte er zum Kombinat VEB E. B. T-Stadt. Mit Änderungsvertrag vom 01.04.1977 wurde der Tätigkeitsbereich des Klägers beim VEB E. A-Stadt neu definiert. Ab August 1979 war der Kläger als Abteilungsleiter, ab 01.03.1980 als Hauptabteilungsleiter und ab 16.03.1981 wieder als Abteilungsleiter tätig. Nach dem vorliegenden Funktionsplan war der Kläger am 30.06.1990 als Abteilungsleiter Meß- und Prüftechnik tätig. In den Zuständigkeitsbereich des Klägers fielen danach "Fertigungsbereiche zur Einführung u. Einhaltung der Mess- u. Prüfvorschriften, technol. Ausrüstungen (Mess- und Prüfgeräte) auf Toleranzen u. Zuverlässigkeit".

Am 30.04.1990 erklärte der Betriebsdirektor des VEB E. A-Stadt, Herr D., seine Zustimmung zur Ausgliederung des Betriebsteils P. aus dem VEB E. A-Stadt zur Gründung einer eigenständigen GmbH. Am 12.06.1990 unterzeichneten er und ein Vertreter der Treuhandanstalt eine Erklärung zur Umwandlung des VEB E. A-Stadt in zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Errichtet wurden die E.-GmbH mit Sitz in A-Stadt und die B. K. GmbH mit Sitz in P.. Die E.-GmbH wurde am 27.06.1990 und die B. K.-GmbH am 03.07.1990 in die beim Staatlichen Vertragsgericht Amtsgericht A-Stadt bzw. Amtsgericht N. geführten Register eingetragen. Am 19.09.1990 wurde im Register der volkseigenen Wirtschaft in Bezug auf den VEB E. A-Stadt eingetragen: "Von Amts wegen gelöscht gemäß § 7 Umwandlungsverordnung vom 1. März 1990, GBl. Teil 1 Nr. 14". Als Beendigung der Rechtsfähigkeit des Betriebes ist der 03.07.1990, als Rechtsnachfolger sind die E.-GmbH A-S...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge