Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Bestimmtheitserfordernis. Aufrechnungserklärung. Aufrechnung. Unwirksamkeit
Leitsatz (amtlich)
Zum Bestimmtheitserfordernis einer Aufrechnungserklärung.
Orientierungssatz
1. Eine Aufrechnung ist im Verhältnis von Krankenhausträgern und Krankenversichern trotz Fehlens der Voraussetzungen des § 51 SGB 1 grundsätzlich möglich, da allgemein die Möglichkeit besteht, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung entgegenzutreten.
2. Eine Aufrechnung ist unwirksam, wenn es an einer wirksamen Aufrechnungserklärung iS des § 388 BGB fehlt, welche die vom BSG aufgestellten Mindestvoraussetzungen im Falle von Sammelrechnungen erfüllt (vgl BSG vom 22.7.2004 - B 3 KR 21/03 R = BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2).
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 01. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.322,33 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kosten für eine stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten C. in Höhe von 1.322,33 Euro.
Der Versicherte, Mitglied der Beklagten, wurde vom 15.03.2009 bis zum 22.03.2009 stationär in der Schönklinik N. der Klägerin in H. behandelt. Mit Rechnung vom 23.03.2009 forderte die Klägerin einen Gesamtbetrag von 7.715,25 Euro, den die Beklagte zunächst nach übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten vollumfänglich bezahlte. Wegen der Einzelheiten der Rechnung wird auf Blatt 17 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 29.07.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Kodierung einer "sonstigen Kreislaufkomplikation" aufgrund eines Lymphödems (ICD I97.8) laut MDK-Gutachten vom 28.07.2009 fehlerhaft sei. Auf das Antwortschreiben der Klägerin veranlasste die Beklagte eine weitere Begutachtung durch den MDK und forderte die Klägerin mit Schreiben vom 21.12.2009 und 24.02.2010 zur Rechnungskorrektur auf Basis der DRG I47B unter Hinweis auf eine mögliche "Rückrechnung" auf.
Mit Schreiben vom 29.03.2010 erklärte die die Beklagte, sie habe in Höhe von 1.322,33 Euro aufgerechnet. Nicht bestimmt wurde, bei welcher konkreten Rechnung der Klägerin der Abzug stattgefunden hatte. Aus der Sammelüberweisung vom 31.03.2010 ist ersichtlich, dass die Beklagte zunächst den Gesamtbetrag in Höhe von 7.715,25 Euro stornierte und zugleich 6.392,92 EUR anwies. Ferner wurden im Rahmen dieser Sammelabrechnung weitere Rechnungen der Klägerin storniert. Hierbei handelt es sich um die Rechnung Nr. 30753103 vom 04.08.2009 (M.) in Höhe von 8.215,72 Euro, die Rechnung Nr. 30753629 vom 04.11.2009 (S.) in Höhe von 5.194,61 Euro, die Rechnung Nr. 30753789 vom 22.11.2009 (S.) in Höhe von 2.153,99 Euro und die Rechnung Nr. 30753075 vom 22.12.2009 (L.) in Höhe von 6.333,56 Euro. Ausweislich des Zahlungsnavis vom 31.03.2010 setzte die Beklagte zunächst eine Zwischensumme von 23.220, 21 Euro fest, die von den übrigen in der Sammelrechnung aufgeführten Rechnungen der Klägerin (Gesamtforderung von 53.301,42 Euro) pauschal in Abzug gebracht wurde. Als Gesamtsumme wurde ein Betrag von 30.081,21 Euro festgesetzt; wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 87 f. der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen.
Auch eine dritte Begutachtung vom 01.06.2010 durch den MDK kam zu dem Ergebnis einer Fehlkodierung.
Daraufhin hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben und ua. die Zahlung von 1.322,33 Euro sowie 105,02 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten geltend gemacht. Begründet wurde die Klage zum einen mit der Unzulässigkeit der Aufrechnung, zum anderen damit, das die von der Klägerin vorgenommene Kodierung richtig sei.
Das Sozialgericht veranlasste ein Gutachten nach Aktenlage (Bl. 107 der erstinstanzlichen Gerichtsakte) durch den Chirurg und Sozialmediziner Dr. L.. Der Sachverständige kam im Gutachten vom 07.01.2013 und den ergänzenden Stellungnahmen vom 25.02.2013 und 25.04.2013 zu dem Ergebnis, dass die von der Klägerin vorgenommene Kodierung nicht korrekt sei. Der Ablauf der Behandlung sei prä-, intra- und postoperativ komplikationslos gewesen. Ein Knöchelödem beidseits sei postoperativ erwähnt worden, andere Gefäßauffälligkeiten seien nicht dokumentiert. Es sei nur eine einzige Lymphdrainage durchgeführt worden. Der Pflegebericht schildere keine Besonderheiten, bei der Verlegung in die Rehabilitation gab es keine Therapieempfehlungen. Vorliegend sei nur ein kurzfristiger Schwellzustand dokumentiert. Eine Schwellung sei nicht gleichbedeutend mit einem Lymphödem. Die Klägerin trug daraufhin mit Schreiben vom 13.02.2013 und 12.04.2013 vor, dass ein behandlungsbedürftiges Lymphödem und keine einfache Schwellung vorlag. Der Sachverständige ginge von einem unrichtigen Sachverhalt aus, auf den Abschlussbericht vom 25.03.2009 und Verlegungsbericht wurde verwie...