Verfahrensgang
SG München (Urteil vom 18.03.1988; Aktenzeichen S 40 Al 487/86) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. März 1988 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berechtigung der Klägerin, Fotomodelle ohne Erlaubnis der Beklagten zu vermitteln.
Die im März 1963 geborene Klägerin beantragte am 07.02.1986 die Erteilung eines Auftrags zur Arbeitsvermittlung von Fotomodellen nach § 23 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Dank einschlägiger Erfahrungen bei ihrer bisherigen Berufstätigkeit beabsichtigte sie in München die Vermittlung von Fotomodellen zu Redaktionen, Werbeagenturen und Fotographen für Mode und Kosmetik. Zur Präsentation wollte sie sog. Set-Karten und Bücher über die Modelle zusammenstellen, die sich zu „Go and See's”-Terminen mit den Kunden treffen sollten.
Mit Bescheid vom 17.04.1986 lehnte der Präsident der Beklagten den Antrag der Klägerin ab. Die Genehmigung der Vermittlung stehe unter dem Vorbehalt der Zweckmäßigkeit, diese aber sei nur gegeben, wenn die Arbeitsvermittlung für bestimmte Berufe und Personengruppen nicht angemessen versorgt sei. Hiervon könne nicht gesprochen werden, da es in der Bundesrepublik bereits 16 Fotomodellagenturen gebe, sieben davon in München, und da sich auch die Beklagte in ihren Künstlerdiensten in Hamburg, Hannover, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart, München und Berlin um die Vermittlung für Fotomodelle, Mannequins und Dressmen bemühe. Im übrigen bestehe eine lange Warteliste von Interessenten für die Vermittlungstätigkeit, deren Antrag vor dem der Klägerin berücksichtigt werden müßte.
Die Klägerin ließ am 15.05.1986 Klage zum Sozialgericht München erheben und beantragte zuletzt die Feststellung durch das Gericht, daß sie nicht gegen das Vermittlungsmonopol der Beklagten verstoße, wenn sie von Fall zu Fall und vorübergehend Fotomodelle zu Werbeaufnahmen vermittle. Die Tätigkeit umfasse nämlich im Regelfall nicht mehr als ein bis zwei Tage, in Ausnahmefällen sieben bis zehn Tage, gelegentlich nur Stunden.
So habe ein erfolgreiches Fotomodell in der Woche bis zu fünf Einsätze, die es im wesentlichen selbst bestimmen könne. Wie bei anderer selbständiger Arbeit trügen die Fotomodelle das Risiko für Mißerfolg und für Buchungsausfälle. Sie hätten keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, auf Urlaub und auf Sozialleistungen. Sie seien als Selbständige gewerbe- und umsatzsteuerpflichtig. Es verletze das Recht der Klägerin auf Berufsfreiheit, wenn die Beklagte Fotomodelle als Arbeitnehmerinnen betrachte. Auch der Gleichheitsgrundsatz sei verletzt: Die Sozialgerichtsbarkeit bejahe die Arbeitnehmereigenschaft der Fotomodelle, die Arbeits- und Finanzgerichtsbarkeit dagegen nicht. Die unterschiedliche Behandlung sei willkürlich.
Mit Urteil vom 18.03.1988 stellte das Sozialgericht München fest, daß „die Klägerin Fotomodelle vermitteln darf, die nur von Fall zu Fall und vorübergehend zu Aufnahmen herangezogen werden und damit nicht gegen das Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit gemäß den §§ 4, 13 AFG verstoßt”. Die Klägerin schließe bei der beabsichtigten Überlassung von Fotomodellen an Dritte Dienstverträge, es handle sich um eine Sonderform drittbezogenen Personaleinsatzes. Die Modelle unterlägen keiner Weisungsbefugnis der Kunden, seien mithin von diesen auch nicht abhängig, sie könnten vielmehr als Erfüllungsgehilfen der Klägerin ihre Tätigkeit frei gestalten; Arbeiternehmerinnen seien sie nicht.
Die Beklagte hat gegen dieses Urteil am 08.07.1988 Berufung eingelegt und ausgeführt, das Sozialgericht habe anhand eines fiktiven Sachverhalts über eine abstrakte Rechtsfrage entschieden; dies sei unzulässig. Bei Würdigung der Tätigkeit schon bestehender Agenturen hätte sich das Gericht davon überzeugen können, daß hier Arbeitsvermittlung betrieben werde. Von Erfüllungsgehilfen der Klägerin könne bei Fotomodellen überhaupt nicht gesprochen werden. Die Klägerin wolle sie an Bedarfsträger vermitteln, mit denen die Modelle Vertragsverhältnisse eingingen. Sie müßten als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeits- und Sozialrechts angesehen werden. Denn sie verrichteten keine selbstbestimmte, sondern fremdbestimmte Arbeit und unterlägen dabei einem Weisungsrecht des Bedarfsträgers hinsichtlich Zeit, Ort, Dauer und Art ihrer Tätigkeit. Der Produzent trage die künstlerische Verantwortung und das Risiko des Gelingens der Aufnahme. Daß die Tätigkeit nur kurz andauere, liege in ihrer branchenbedingten Eigenart und sei kein charakteristisches Merkmal für eine selbständige Tätigkeit. Das Modell unterliege dem Risiko der Beschäftigungslosigkeit, dem Risiko des nicht lückenlosen Aneinanderreihens überwiegend kurzfristiger Arbeitsverhältnisse; hier handele es sich um ein Arbeitnehmerrisiko, nicht um ein Unternehmerrisiko, das vom Einsatz sachlicher Mittel und der Gefahr des Verlusts dieser Mittel geprägt sei.
Die Beklagte beantragt,
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