Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Umfang des Unfallversicherungsschutzes gem § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB 7. sachlicher Zusammenhang. ehrenamtliche Tätigkeit. abgegrenzter Aufgabenkreis. organisatorischer Verantwortungsbereich. Aufgabenübertragung. repräsentative Vertretung. Aufgabenkreis von Gemeinderäten in Bayern. Besuch einer Beerdigung
Leitsatz (amtlich)
1. Für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB VII ist es grundsätzlich erforderlich, dass die betreffende Verrichtung innerhalb eines bestimmten abgegrenzten Aufgabenkreises ausgeübt wird, der dem ehrenamtlich Tätigen von dem Rechtsträger innerhalb dessen qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereichs übertragen wurde.
2. Der Besuch von Veranstaltungen zur repräsentativen Vertretung der Gemeinde in der Öffentlichkeit gehört grundsätzlich nicht zum gesetzlichen oder satzungsmäßigen Aufgabenkreis von Gemeinderäten in Bayern.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 30.12.2021 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin und Berufungsklägerin (nachfolgend: Klägerin) begehrt von der Beklagten und Berufungsbeklagten (nachfolgend: Beklagte) die Anerkennung eines Unfalls vom 09.06.2021 als Arbeitsunfall.
Die 1959 geborene Klägerin ist ehrenamtliche Gemeinderätin bei der Gemeinde A sowie Fraktionsvorsitzende. In einer Gemeinderatssitzung vom 07.06.2021, an der auch die Klägerin teilnahm, teilte der erste Bürgermeister der Gemeinde A K den Sitzungsteilnehmern im öffentlichen Teil der Sitzung mit, dass die Beisetzung des verstorbenen ehemaligen Bauhofleiters der Gemeinde A S (nachfolgend: S) am 09.06.2021 stattfinden werde. Danach sagte er zu den Gemeinderatsmitgliedern: "Es wäre schön, wenn ich bei der Beerdigung einige Gemeinderäte antreffen könnte".
Am 09.06.2021 nahm die Klägerin an der Trauerfeier des S teil, ebenso wie der erste Bürgermeister K, der zweite Bürgermeister H sowie der dritte Bürgermeister der Gemeinde A. Nach Abschluss des Trauergottesdienstes in der Kirche, begab sich die Klägerin auf den Weg zu ihrem Auto, um unmittelbar zum Friedhof zu fahren, wo die Beisetzung des S stattfand. An der Ecke K Straße und B Straße in A rutschte sie gegen 15:20 Uhr auf dem Granitkopfsteinpflaster aus und zog sich hierbei eine Sprunggelenkfraktur am linken Fuß zu. Sie wurde nachfolgend im Universitätsklinikum B behandelt.
Nachdem die Beklagte die Unfallanzeige der Gemeinde A vom 16.06.2021 erhalten hatte, holte sie dort eine Auskunft vom 25.06.2021 ein. Darin wurde insbesondere angegeben, dass die Klägerin bei der Beerdigung des S keine offizielle Vertreterin der Gemeinde gewesen sei. Es habe auch keine Anweisung zur Teilnahme durch die Gemeinde gegeben.
In einem Fragebogen der Beklagten vom 29.06.2021 gab die Klägerin im Hinblick auf den Unfallhergang u.a. an, dass sie nach der Beendigung des Trauergottesdienstes für einen verdienstvollen und langjährigen Gemeindemitarbeiter der Gemeinde A auf dem Rückweg von der Kirche auf einem mit Granitsteinen verlegten Weg weggerutscht sei und sich das Sprunggelenk gebrochen habe.
Die Beklagte lehnte es nachfolgend ab, den Unfall der Klägerin vom 09.06.2021 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass ein Arbeitsunfall nach § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nicht vorliege, weil es an dem notwendigen inneren Zusammenhang zwischen einer versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis fehle. Die Klägerin sei zwar als ehrenamtliche Gemeinderätin der Gemeinde A tätig. Nach Angabe der Gemeinde habe sie aber nicht als offizielle Vertreterin der Gemeinde an der Trauerfeier teilgenommen. Eine Anweisung zur Teilnahme durch die Gemeinde sei ebenfalls nicht erteilt worden. Vielmehr sei die Teilnahme auf Grund menschlicher Anteilnahme und gesellschaftlicher oder religiöser Bindung erfolgt. Damit habe die Teilnahme an der Beerdigung nicht unter Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden (Bescheid vom 14.07.2021).
Hiergegen hat die Klägerin am 25.07.2021 Widerspruch erhoben. Zur Begründung hat sie insbesondere vorgetragen, dass sie als ehrenamtliche Gemeinderätin der Bitte des ersten Bürgermeisters K nachgekommen sei, an den Trauerfeierlichkeiten des verdienstvollen und geehrten Bauhofmitarbeiters teilzunehmen, die im öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung am 07.06.2021 ausgesprochen worden sei. Sie habe damit als offizielle Repräsentantin und offizielle Vertreterin der Gemeinde an der Beerdigung teilgenommen. Der Versicherungsschutz ergebe sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII. Der zweite Bürgermeister H sei Zeuge des Unfalls gewesen.
Die Beklagte holte daraufhin eine Auskunft des ersten Bürgermeisters K vom 04.08.2021 ein. Darin führte dieser aus, dass die Gemeinde A bei der Beerdigung des S durch ihn als ersten Bürgermeister offiziell vertreten und rep...