Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Versicherungspflicht bzw -freiheit. Geschäftsführer. beherrschende Gesellschaft. Sperrminorität
Leitsatz (amtlich)
Zur Rechtsmacht eines Geschäftsführers, der in der beherrschenden Gesellschaft nur über eine Sperrminorität verfügt.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 8. November 2016 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2016, geändert durch Bescheid vom 22. Juni 2016, abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger und Berufungsbeklagte (in der Folge: Kläger) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1.10.2014 bis 2.5.2016 wegen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1 (in der Folge: Beigeladene) als Geschäftsführer versicherungspflichtig war.
Die Beigeladene ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Gegenstand der Vertretung von Versicherungsverträgen aller Art, dem Nachweis zum Abschluss von Versicherungsverträgen aller Art, die treuhänderische Verwaltung von Versicherungsverträgen aller Art und GmbH-Anteilen. Das Grund- und Stammkapital iHv 50 000 DM bzw 25 565 € wird vollständig von der M. GmbH (in der Folge: M.) gehalten. Die Beigeladene schloss am 13.11.2014 mit der M. einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag, dem die Gesellschafterversammlung am selben Tag zustimmte und der am 4.12.2014 ins Handelsregister eingetragen wurde. Im streitigen Zeitraum waren einzelvertretungsberechtigte, mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, ausgestattete Geschäftsführer der Beigeladenen neben dem Kläger R. M., R. M. und D. N.. Die Beigeladene hat einen oder mehrere Geschäftsführer, die die Gesellschaft gemeinsam vertreten (§ 6 Abs 1 der Satzung), wobei die Gesellschafterversammlung einzelne oder mehrere Geschäftsführer Einzelvertretungsbefugnis erteilen kann (§ 6 Abs der Satzung). Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst, die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern bedarf einer 3/4-Mehrheit, wobei nach Geschäftsanteilen abgestimmt wird und 100 DM eines Geschäftsanteils eine Stimme gewähren.
Die M. vermittelt Versicherungen und Finanzanlagen mit Ausnahme von meldepflichtigen Handlungen gemäß § 1 KWG. Das Stammkapital iHv 27 000 € wird iHv 14 850 € von R. M., iHv 5 400 € von D. N., iHv jeweils 2 700 € vom Kläger und R. M. und iHv 1 350 € von H. M. gehalten. In der Zeit bis 2.5 2016 waren einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich in eigenem Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, H. und R. M., R. M. und D. N.. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit einer qualifizierten Mehrheit von 91 % getroffen, wobei je 50 € eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährt (§ 9 der Satzung).
Am 22.10.2014 schlossen der Kläger und die Beigeladene einen Anstellungsvertrag, mit dem die durch Gesellschafterversammlung vom 26.9.2014 beschlossene Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer geregelt wurde. Der Kläger vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich und führt die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung und des Anstellungsvertrages (§ 1 des Anstellungsvertrages). Seine Befugnis umfasst die Vornahme aller Maßnahmen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf er ausschließlich in den in der Satzung geregelten Fällen (§ 2 des Anstellungsvertrages). Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (§ 4 des Anstellungsvertrages) und zur Leistungserbringung am Sitz der Gesellschaft verpflichtet, soweit dies erforderlich ist. Er hat seine volle Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, wobei er an bestimmte Arbeitszeiten nicht gebunden jedoch gehalten ist, jederzeit, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert, für Dienstleistungen zur Verfügung zu stehen (§ 6 des Anstellungsvertrages). Nebentätigkeiten sind ihm gestattet, soweit sie nicht den Geschäftsgegenstand der Gesellschaft betreffen (§ 7 des Anstellungsvertrages), es ist ihm verboten, mit der Gesellschaft in Wettbewerb zu treten (§ 8 des Anstellungsvertrages). Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ein festes, jeweils am Monatsende zu zahlendes Gehalt von 6 500 €, das sich aus einem garantierten Betrag iHv 2 500 € und einer Vorauszahlung von 4 000 € zusammensetzt. Sollte sich bei der Abrechnung ein Mehrbetrag ergeben, ist dieser auszuzahlen, ein Minderbetrag ist vom Geschäftsführer zu erstatten (§ 9 des Anst...