Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung. Ringkampfsportler. Gastringer. Einsatz nur im Wettkampf. eigene Entscheidung des Sportlers über Einsatz, Trainingsteilnahme und Wettkampftaktik

 

Leitsatz (amtlich)

In keinem Beschäftigungsverhältnis zu ihrem Sportverein stehen Gastringer, die entsprechend dem Lizenzringerstatut des Deutschen Ringer-Bundes nur bei Wettkämpfen eingesetzt sind und dort Taktik und Ausführung des Ringkampfes im Wesentlichen selbst bestimmen.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 19.05.20120 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2008 in der Fassung des Bescheides vom 10.02.2010 aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeiten des Beigeladenen am 29.09, 03.10., 06.10., 13.10., 27.10., 01.11. und 03.11.2007 nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen hatten.

II. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig die Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen als Ringkampfsportler für den Kläger an einzelnen Wettkampftagen in der Saison 2007/2008.

Der Beigeladene schloss mit Datum vom 23. Juli 2007 mit dem Kläger einen "Vertrag für Selbständige" über die Teilnahme an Mannschaftswettkämpfen der Ringer im griechisch-römischen Stil, Gewichtsklasse 74 kg in der ersten Bundesliga. Gegenstand des Vertrages war die Saison von September 2007 bis Februar 2008. Der Beigeladene sollte als Amateur, nicht als Profisportler für den Kläger selbständig tätig werden. Ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis wollten die Beteiligten ausdrücklich nicht begründen (§ 2 Nr. 1 des Vertrages). Versicherungen gegen Krankheit, Unfall, Alter sowie Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sollte der Beigeladene auf eigene Kosten unterhalten (§ 2 Nr. 4 des Vertrages). Ein ordentliches Kündigungsrecht wurde ausgeschlossen (§ 4 des Vertrages). Der Beigeladene hatte Verhinderungen durch Krankheit, Verletzung oder Unfall dem Kläger unverzüglich schriftlich anzuzeigen (§ 5 Nr. 3 des Vertrages). Vereinbart wurde eine Verpflichtung des Beigeladenen, mindestens 16 Verbands- oder Schaukämpfe für den Kläger zu bestreiten (§ 5 Nr. 5 des Vertrages). Der Einsatz wurde jeweils vom Kläger vorgegeben (§ 5 Nr. 6 des Vertrages). Der Beigeladene sollte ihm zur Verfügung gestellte Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände pfleglich behandeln (§ 5 Nr. 7 des Vertrages). Auch war der Beigeladene verpflichtet, dem Kläger das Recht und die Möglichkeit einzuräumen, am Kampftag auf der Bekleidung ein Werbelogo eines Teamsponsors zu platzieren oder alternativ ein Bekleidungsstück mit dem Werbelogo zu tragen. Eine Ausnahme galt bei direkter Konkurrenz zu einem Privatsponsor des Beigeladenen (§ 5 Nr. 8 des Vertrages). Als Vergütung wurden 600 Euro für jeden Kampf und 100 Euro Siegprämie vereinbart (§ 7 des Vertrages). An den Wettkämpfen verpflichtete sich der Beigeladene, den Teamtrainingsanzug des Klägers und bei öffentlichen Veranstaltungen die vom Kläger gestellte Sportkleidung nach Weisung zu tragen (§ 8 des Vertrages). Weitere vertraglich bestimmte Verpflichtungen des Beigeladenen betrafen insbesondere die Einhaltung von Wettkampfregeln, den Verzicht auf Drogen, die Sicherstellung des "gut trainierten Zustandes" und das Auftreten in der Öffentlichkeit (§ 5 des Vertrages).

Mit Formblatt der Beklagten vom 26. August 2007 beantragte der Kläger die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen. Auf Nachfrage der Beklagten wurden Fragen unter anderem zum Ort des Trainings und zum Trainingsplan beantwortet. Die Beklagte zog zudem das Lizenzringerstatut des Deutschen Ringer-Bund e.V. bei.

Nach Anhörung des Klägers und des Beigeladenen mit Schreiben vom 17.12.2007 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 15.1.2008 fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen als Ringer seit dem 28.9.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die "Versicherungspflicht dem Grunde nach" beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Die Beklagte begründete die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit der Weisungsgebundenheit des Beigeladenen. Ort und Zeit der Tätigkeit seien vorgegeben. Ein eigenes Unternehmerrisiko des Beigeladenen sei nicht erkennbar. Ein aufgeschobener Beginn der Versicherungspflicht wurde von der Beklagten abgelehnt. Es fehle an der Zustimmung des Beigeladenen. Der vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.7.2008 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben und vorgetragen, allein der Beigeladene entscheide, ob und wann er dem Kläger für einen Einsatz zur Verfügung stehe. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf vorrangig zu bestreitende internationale Wettkämpfe. Auch die Trainingssituation des Beigeladenen sei im Vergleich zu den als Arbeitnehmer vom Kläger beschäftigt...

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