Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich. Altersrente. Anpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person. Bestimmung der Leistungsbezugsdauer nach § 37 Abs 2 VersAusglG bei schuldbefreiender Leistungserbringung durch den Rentenversicherungsträger

 

Leitsatz (amtlich)

Die Rentenleistungen, die von einem Rentenversicherungsträger mit schuldbefreiender Wirkung vorübergehend an die ausgleichspflichtige Person noch erbracht wurden, sind nicht als Versorgungsbezug des Ausgleichsberechtigten iS des § 37 Abs 2 VersAusglG anzusehen.

 

Orientierungssatz

Hat ein Rentenversicherungsträger im Rahmen eines Versorgungsausgleichs vor der Kürzung der Rentenanwartschaft des Ausgleichsverpflichteten die Rentenleistung an diesen in einer Übergangszeit mit schuldbefreiender Wirkung nach § 30 VersAusglG vorerst ungekürzt weiter erbracht, stellt diese Zeit keine Versorgungszeit der ausgleichsberechtigten Person aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht iS des § 37 Abs 2 VersAusglG dar.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.02.2015; Aktenzeichen B 13 R 9/14 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.02.2011 und der Bescheid vom 05.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2010 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die dem Kläger bewilligte Rente ab 01.02.2010 ungekürzt zu gewähren.

II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Altersrente ohne Kürzung durch Versorgungsausgleich hat.

Der 1942 geborene Kläger erhielt von der Beklagten mit Rentenbescheid vom 06.11.2002 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 01.06.2002 bewilligt; ab dem 01.08.2002 wurde die Rente wegen Hinzuverdienstes aus selbstständiger Tätigkeit als Teilrente in Höhe von einem Drittel der Vollrente geleistet. Aufgrund eines Bescheides vom 23.01.2006 erhielt der Kläger ab 01.10.2005 und fortlaufend Altersrente für langjährig Versicherte.

Der Kläger war bis 2006 mit der 1945 geborenen und 2010 verstorbenen I. A. verheiratet. Im Scheidungsurteil des Amtsgerichts St.W. - Familiengericht - vom 30.10.2006 (Az. 6 F 103/06 S) wurde zugleich eine Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 492,69 Euro bzw. den entsprechenden Entgeltpunkten festgelegt. Das Urteil ist hinsichtlich des Versorgungsausgleiches seit dem 19.12.2006 rechtskräftig, wie der Beklagten mit Schreiben des Familiengerichts vom 29.12.2006 mitgeteilt wurde. Dieses Schreiben ging am 03.01.2007 bei der Beklagten ein und diese teilte dem Kläger mit Schreiben vom 05.01.2007 mit, dass sich die übertragene Rentenanwartschaft auf 18,8553 Punkte belaufe. Mit Rentenbescheid vom 18.01.2007 wurde die monatliche Rente des Klägers für die Zeit ab März 2007 unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs neu berechnet. Zugleich wurde der geschiedenen Ehefrau des Klägers ab 01.03.2007 die bereits zuvor bezogene Altersrente für Frauen neu bewilligt, nunmehr unter Einbeziehung des Zuschlags aus dem Versorgungsausgleich.

Nachdem die geschiedene Ehefrau des Klägers 2010 verstorben war, stellte der Kläger mit Telefaxschreiben vom 27.01.2010 einen Antrag auf Durchführung der Anpassung des Versorgungsausgleichs nach § 37 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) mit dem Ziel, dass seine Rente nicht länger aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt werde. Die Beklagte habe dem Kläger mitgeteilt, dass die Entscheidung über den Versorgungsausgleich am 19.12.2006 rechtskräftig geworden sei; die Zahlung einer eigenen Altersrente unter Berücksichtigung der übertragenen Rentenanwartschaften sei erstmals zum Monat März 2007 bewirkt worden. Der Kläger legte der Beklagten eine Sterbeurkunde bezüglich seiner verstorbenen geschiedenen Ehefrau vor.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 05.02.2010 den Antrag ab. Nach § 37 VersAusglG werde die Rente der ausgleichspflichtigen Person nicht gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person verstorben sei und nicht länger als 36 Monate Rente aus den erworbenen Anrechten bezogen habe. Die frühere Ehefrau des Klägers habe vom 01.01.2007 bis 31.01.2010 eine Altersrente unter Berücksichtigung der aus dem Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften erhalten - also mehr als 36 Monate. Zwar habe der eigene Rentenbezug der früheren Ehefrau des Klägers erst im März 2007 eingesetzt. Rente aus einer beim Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaft, die im Rahmen des Schuldnerschutzes (§ 1587 p Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - und § 30 VersAusglG) noch an die ausgleichspflichtige Person gezahlt worden sei, sei hierbei aber der zeitlichen Grenze von 36 Monaten hinzuzurechnen, denn materiell-rechtlich habe diese Leistung der ausgleichsberechtigten Person zugestanden. Dies betreffe hier die zwei Monate Januar und Februar 2007. Weil die frühere Ehefrau des Klägers länger als 36 Monate Rente aus den erworbenen Anrechten bezogen habe, sei...

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