Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Angemessenheit der Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt in München
Leitsatz (amtlich)
Die vom Beklagten ab 1.1.2014 in der Landeshauptstadt München angewandte Referenzmiete von 610 EUR bruttokalt für einen Einpersonenhaushalt beruht auf einem schlüssigen Konzept und ist angemessen.
Normenkette
SGB II § 22 Abs. 1 Sätze 1, 3; SGG § 160 Abs. 2
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 2. März 2015, S 48 AS 2810/14, wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.12.2013 bis 31.5.2014.
Die 1959 geb. Klägerin bezieht seit 13.6.2006 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Sie bewohnt seit 1.5.2006 eine ca. 48 m² große 2-Zimmerwohnung, für die sie laut Mietvertrag vom 27.3.2006 monatlich 745 € zahlt (690 € Grundmiete, 55 € Nebenkosten). Außerdem bezahlt sie monatliche Abschläge für Gas und Strom direkt beim Versorgungsunternehmen in bar. Der Abschlag für Gas betrug 97 €, ab 3/09 115 € monatlich entsprechend der Vereinbarung mit dem Versorgungsunternehmen. Der Abschlag für Strom betrug 23 € bzw. ab 1.3.2009 35 €. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen somit 842 €, ab 3/09 860 €. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin wegen Miete oder Strom und Gas in Zahlungsverzug war. Die Grundmiete erhöhte sich ab 1.2.2013 auf 768,70 € zuzüglich 55 € Nebenkosten und 115 € Abschlagszahlung für Gas. Die Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen somit insgesamt ab 2/13 monatlich 938,70 €. Bereits mit Schreiben vom August 2006 wurde die Klägerin zur Kostensenkung aufgefordert. Dabei wurde sie auch aufgefordert, ihre Bemühungen, eine angemessene Unterkunft zu finden, monatlich zu belegen. Aus dem Akteninhalt gehen keinerlei Kostensenkungsbemühungen hervor. Für die Zeit ab 1.6.2007 werden nur noch die angemessenen Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt als Bedarf berücksichtigt.
Seither streiten die Beteiligten fortlaufend vor dem Sozialgericht über die der Klägerin zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung. Das Bay. LSG bestätigte mit Urteil vom 11.7.2012, L 16 AS 127/10, die vom Beklagten bei der Leistungsberechnung als angemessen berücksichtigten Kosten der Unterkunft und Heizung von 496,45 € (441,45 € Nettokaltmiete + 55 € kalte Betriebskosten) für die Zeit vom 1.6.2007 bis 30.6.2008 und von 504,21 € (449,21 € Nettokaltmiete + 55 € kalte Betriebskosten) für den Zeitraum vom 1.7.2008 bis 30.11.2008 nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. K. (Gutachten vom 15.3.2012 zum Mietspiegel 2007 sowie Korrekturen vom 3.4.2012 und vom 22.5.2012 zu den Bruttokaltmieten). Die Daten aus dem Mietspiegel 2007 wurden zum Stichtag 1.7.2007 und 1.7.2008 nach dem Verbraucherpreisindex hochgerechnet. Die Revision der Klägerin gegen diese Entscheidung wies das Bundessozialgericht mit Urteil vom 10.9.2013, B 4 AS 77/12 R, zurück. Das vom 16. Senat gewählte Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheitsgrenze genüge den Anforderungen des BSG an ein schlüssiges Konzept. Die Kostensenkung sei für die Zeit ab 1.6.2007 rechtmäßig.
Nach Abschluss dieses Revisionsverfahrens ließ der Beklagte in eigener Zuständigkeit vom selben Sachverständigen Nachberechnungen für die Jahre 2007 bis 2015 zur Mietobergrenze nach denselben wissenschaftlich anerkannten statistischen Verfahren durchführen, wie sie durch das BSG bestätigt worden sind: Im Gutachten vom 15.5.2013 erfolgten Nachberechnungen der Mietobergrenzen für 2007 bis 2013 auf der Grundlage der Mietspiegels 2011 und 2013 sowie unter Berücksichtigung der Preissteigerungsindizes; neu war im Gutachten die vorgenommene Differenzierung zwischen Neuvermietungen (Neuvermietung innerhalb der letzten 4 Jahre) und Bestandsmieten (lediglich Mietanpassungen innerhalb der letzten 4 Jahre) für 2012 und 2013. Mit dem Gutachten von 3.4.2014 wurde auch für die Jahre 2007 bis 2011 nach Neu- und Bestandsmieten differenziert. Im Gutachten vom 6.8.2014 wurden parallel zur Erstellung des Mietspiegels 2015 die Mietobergrenzen für 2014 (Stichtag der Daten zum 1.1.2014) ermittelt. Für 2015 empfahl der Gutachter die Beibehaltung der Werte von 2014, da die Verbraucherpreisindizes mit Stichtagen 1.1.2014 und 1.1.2015 annähernd identisch waren (Steigerungsrate von -0.003%). Die sich hieraus ergebende Reduzierung sei zu vernachlässigen (Schreiben vom 15.6.2015). Für die Zeiträume ab 2009 ergaben sich nach den Berechnungen des Sachverständigen folgende Mietobergrenzen (bruttokalt) für Einpersonenhaushalte:
2009
Bestandsmieten: 397,02 €
Neuvermietungen 549,48 €
ohne Differenzierung nach Neu- und Bestandsmieten wie bei L 16 AS 127/10: 475,90 €
2010
Bestandsmieten: 460 €
Neuvermietungen: 538,50 €
ohne Differenzierung 505 €
2011
Bestandsmieten: 462,22 €
Neuvermietungen: 541,10 €
ohne Differ...