Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Anforderungen an die Ernsthaftigkeit der Mietzinsforderung. Abgrenzung von der kostenfreien Nutzungsüberlassung des Wohnraumes bei freundschaftlicher Verbundenheit
Orientierungssatz
1. Mietzinsen sind als tatsächliche Aufwendungen berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und tatsächlich gezahlt werden. Es ist ausreichend, dass der Hilfebedürftige einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Für die Wirksamkeit des Mietvertrags ist es nicht notwendig, dass dieser schriftlich abgeschlossen wird. Auch mündlich abgeschlossene Vereinbarungen sind gültig. Entscheidend ist der rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. Dieser ist gerade bei freundschaftlicher Verbundenheit zur Abgrenzung von der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung im Anwendungsbereich des SGB 2 genau zu prüfen.
2. Zum Nichtvorliegen ausreichender Anhaltspunkte dafür, dass der Hilfebedürftige, der mehr als drei Jahre keinen Mietzins entrichtetet hat, einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.05.2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von höheren Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 21.12.2009 bis zum 28.02.2011, insbesondere die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II, streitig.
Der 1952 geborene Kläger beantragte nach einer Haftentlassung im Dezember 2009 Leistungen nach dem SGB II ab dem 21.12.2009 vom Beklagten. Bei der Antragsstellung erklärte er, dass er keinen festen Wohnsitz habe. Die Anlage “KdU„ strich er durch und vermerkte “unzutreffend„. Bei einer Vorsprache am 29.12.2009 gab er an, dass er eine, ihm nach der Haftentlassung, zugewiesene Schlafstelle nicht angetreten habe, sondern zweimal bei einem Bekannten geschlafen habe und ansonsten “Platte mache„. Mit Schreiben vom 08.01.2010 bezeichnete sich der Kläger als unfreiwillig obdachlos und gab, auch mit weiteren Schreiben vom 18.03.2010, 03.09.2010 und 07.09.2010, als Zustelladresse “postlagernd„ an.
Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 14.01.2010 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 21.12.2009 bis zum 31.05.2010 nur in Höhe des Regelsatzes. Unterkunftskosten wurden nicht bewilligt. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und rügte zunächst nur die Bewilligungsdauer. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2010 zurückgewiesen.
Am 07.04.2010 wurde dem Kläger unter der Adresse “postlagernd„ ein Weiterbewilligungsantrag mit dem Hinweis, dass dieser für die Gewährung von weiteren Leistungen vollständig ausgefüllt werden müsse, übersandt. Dieser Leistungsantrag ging am 07.06.2010 beim Beklagten ein. Der Kläger gab an, dass sich keine Änderungen seiner persönlichen Daten, insbesondere zur Wohnanschrift, ergeben hätten.
Zunächst versagte der Beklagte mit Bescheid vom 09.11.2010 die Leistungen wegen mangelnder Mitwirkung. Einen hiergegen erhobenen Widerspruch vom 19.11.2010 beschied der Beklagte nicht. Daraufhin strengte der Kläger am 24.11.2010 ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 22 AS 3315/10 ER) an. In diesem Eilverfahren wurde ein Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vor dem Sozialgericht München am 09.12.2010 durchgeführt. Dort machte der Kläger erstmals Kosten für Unterkunft und Heizung geltend. Der Kläger gab an, in der A-Straße, in A-Stadt, ein möbliertes Zimmer zu bewohnen. Für dieses müsse er 350 € warm bezahlen. Die Beteiligten schlossen in diesem Termin einen Vergleich. Der Beklagte gewährte ab dem 24.11.2010 bis längstens 28.02.2011 Leistungen in Form der Regelleistung.
Mit Bescheid vom 07.01.2011 bewilligte der Beklagte Leistungen nach dem SGB II in Höhe der Regelleistung für die Zeit vom 24.11.2010 bis zum 28.02.2011. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2011 zurückgewiesen. Kosten für Unterkunft und Heizung seien nicht zu gewähren, da der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass ihm tatsächlich Kosten der Unterkunft entstehen würden.
Zwischenzeitlich ließ der Beklagte am 07.12.2010 einen Hausbesuch in der A-Straße durchführen. Bei dem Haus handle es sich um ein Reihenmittelhaus. Hinweise auf den Kläger an der Klingel oder am Briefkasten gebe es nicht. Eine junge Frau habe dem Außendienst mitgeteilt, dass ihr der Kläger bekannt sei. Dieser besuche gelegentlich Herrn C. (E), den Vermieter, der im Erdgeschoss wohne.
Mit einem Schreiben vom 30.12.2010 bestätigte E, dass er dem Kläger seit seiner Haftentlassung vorübergehend zum Gebrauch ein möbliertes Zimmer für eine Warmmiete von 350 Euro im Monat vermiete. Der Aufforderung einen sch...