Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Altersrente. Ruhen des Anspruchs. Aufhebung. Wesentliche Änderung. Jahresfrist. Ermessen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist dem Versicherten von einem italienischen Rentenversicherungsträger Altersrente zuerkannt worden, ruht sein Anspruch auf Arbeitslosengeld.
2. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X findet auch Anwendung, wenn das erzielte Einkommen zum Ruhen des Anspruchs führt.
3. § 48 SGB X setzt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nach Erlass des aufzuhebenden Bescheids voraus. Hierzu zählen auch Änderungen, die erst nach Erlass des Bescheids eintreten, aber auf einen Zeitpunkt vor dessen Erlass rückwirken.
Normenkette
SGB III § 142 Abs. 1 Nr. 4, § 330 Abs. 3; SGB X § 45 Abs. 4 S. 2, § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, Abs. 4 S. 1; SGB § 50 Abs. 1
Tenor
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist eine Rückforderung der Beklagten gegen die Erben des A. A. (im folgenden A.S.) wegen nachträglicher Bewilligung einer italienischen Altersrente.
Die Kläger sind Rechtsnachfolger des 1932 geborenen und am 07.05.2003 verstorbenen, aus Italien stammenden Leistungsempfängers A.S. Dieser war vom 01.07.1985 bis 31.03.1994 bei der B. AG als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Er meldete sich am 30.01.1996 arbeitslos. Hierbei bestätigte er unterschriftlich, dass er das Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte - Ihre Pflichten" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe.
Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 06.05.1996 Arbeitslosengeld vom 30.01.1996 bis zum 27.02.1997. Durch eine Anfrage der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erhielt sie am 02.02.2000 Kenntnis davon, dass A.S. rückwirkend ab dem 01.04.1992 eine italienische Altersrente bewilligt worden war, die er am 03.03.1997 beantragt hatte. Daraufhin forderte die Beklagte am 07.02.2000 eine Kopie des Rentenbescheides bei der BfA an, die am 21.02.2000 einging. Der BfA war weiter nicht bekannt, ob die Rentenzahlung bereits an A.S. erfolgt war. Am 23.03.2000 teilte die BfA mit, dass die Nachzahlung vom italienischen Versicherungsträger direkt an den Versicherten ausgezahlt worden sei. Die Zahlung erfolgte in zwei Raten am 27.10.1999 und am 13.12.1999.
Mit Schreiben vom 16.11.2000 hörte die Beklagte A.S. dazu an, dass er in der Zeit vom 30.01.1996 bis 27.02.1997 zu Unrecht Arbeitslosengeld in Höhe von 27.501,64 DM (entspricht 14.061,37 EUR) bezogen habe. Da die Nachzahlung der italienischen Rentenversicherung bereits an A.S. ausbezahlt worden sei, sei keine Verrechnung mit Arbeitslosengeld möglich. A.S. habe die Überzahlung verursacht, da er eine für den Leistungsanspruch erhebliche Änderung in seinen Verhältnissen nicht angezeigt habe.
Der Bevollmächtigte wandte hiergegen ein, dass A.S. vom zuständigen Rentenberater der BfA im Frühjahr 1997 die Empfehlung erhalten habe, vorsorglich auch bei der italienischen Rentenversicherung einen Antrag auf Rente zu stellen, da er jahrzehntelang in Italien gearbeitet hatte. Dies habe A.S. am 03.03.1997 getan, also zu einem Zeitpunkt, als der Bezug von Arbeitslosengeld bereits ausgelaufen war. Mehr als zwei Jahre nach Antragstellung habe er völlig überraschend im Juni 1999 den Rentenbescheid erhalten, in dem ihm eine Rente rückwirkend ab dem 60. Lebensjahr bewilligt wurde. Es könne also gar keine Rede davon sein, dass A.S. während des Bezugs von Arbeitslosengeld eine für den Leistungsanspruch erhebliche Änderung in seinen Verhältnissen "nicht angezeigt" habe. Die von der Beklagten bezogenen Leistungen habe er für seinen und seiner Familie laufenden Lebensunterhalt benötigt. Es sei deshalb nicht ersichtlich, inwieweit A.S. im Jahr 1996 und Anfang 1997 zu Unrecht Arbeitslosengeld bezogen haben solle.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.02.2001 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 30.01.1996 auf und verpflichtete den Kläger zur Erstattung der in Höhe von 27.501,64 DM eingetretenen Überzahlung.
Hiergegen erhob der Bevollmächtigte Widerspruch. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe nur während der Zeit, in der dem Arbeitslosen ein Anspruch auf eine Altersrente bereits zuerkannt sei. Die italienische Altersrente sei erst lange nach dem Ende der Arbeitslosigkeit zuerkannt worden. Auch lägen die Voraussetzungen einer Rücknahme des Arbeitslosengeldes nicht vor, insbesondere nicht für die Rücknahme auch für die Vergangenheit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht bezüglich der Mitteilung der italienischen Altersrente nicht nachgekommen.
Am 04.04.2001 hat A.S. durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage beim Sozialgericht München erhoben (S 40 AL 478/01). Es sei lebensfremd, dass ein im 65. Lebensjahr stehender Arbeitsloser wie der Kläger, der bereits zum damaligen Zeitpunkt gesundheitlich schwer angeschla...