Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Elektrosensibilität. Feststellung des Leistungsvermögens. Funktionseinschränkungen
Orientierungssatz
Zum Leitsatz 2 vgl LSG Essen vom 16.5.2019 - L 8 R 350/17.
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung (hier: im Rahmen einer angegebenen Elektrosensibilität).
2. Zur Feststellung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist es unerheblich, ob die vom Versicherten berichteten Beschwerden und Gesundheitsstörungen durch die Einwirkung elektromagnetischer Felder aufgrund der von ihm angenommenen Elektrosensibilität verursacht werden, oder ob sie eine andere Ursache haben. Entscheidend hinsichtlich der Einschätzung des Leistungsvermögens sind die sich daraus ergebenden Funktionseinschränkungen und qualitativen und ggf quantitativen Leistungseinschränkungen bei Ausübung einer beruflichen Tätigkeit.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 26. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1965 geborene Klägerin hat den Beruf einer Erzieherin erlernt. Am 21.07.2014 beantragte sie bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung des Rentenantrags gab die Klägerin an, dass sie an einer Elektrosensibilität, an einer Schlafstörung und an Bandscheibenschäden leide. Seit August 2013 sei sie arbeitsunfähig erkrankt.
Nach Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte der Klägerin, holte die beklagte Deutsche Rentenversicherung bei der Fachärztin für und Psychiatrie B ein medizinisches Gutachten ein. In dem Sachverständigengutachten vom 12.12.2014 stellte Frau B bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. Nichtorganische Insomnie.
2. Vordiagnostizierte Elektrosensibilität.
Die Sachverständige hielt in ihrem Gutachten fest, dass der Tagesablauf der Klägerin weitgehend unauffällig sei. Es bestehe kein sozialer Rückzug. Im Vordergrund würde für die Klägerin immer wieder ihre Schlaflosigkeit stehen. Die Klägerin sei allerdings nicht willens, an dieser Störung durch empfohlene Maßnahmen eine Veränderung herbeizuführen. Die Sachverständige wies darauf hin, dass die Schwere dieser Störung nicht von einer Art sei, dass sie eine quantitative Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin habe. Objektiv gesehen, und das stehe nach B sicherlich in Divergenz zum subjektiven Erleben, müsse man feststellen, dass die Klägerin sowohl ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Erzieherin, als auch eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig ausüben könne.
Mit Bescheid vom 09.01.2015 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung ab, da die Klägerin noch über ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich verfüge. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2015 zurück.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben. Sie hat auf schwerwiegende Einschränkungen auf Grund der bestehenden Elektrosensibilität hingewiesen. Das Sozialgericht hat zum Zweck der medizinischen Sachaufklärung weitere Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen und anschließend die Fachärztin für und Psychiatrie A mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten vom 10.05.2016 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Chronische Schlafstörungen und Erschöpfungssyndrom bei anamnestisch angegebener Elektrosensibilität.
2. Depressive Anpassungsstörung, derzeit leicht ausgeprägt.
3. Migräne.
Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne besondere Anforderungen an die psychische Belastbarkeit, ohne anhaltendem Zeitdruck und ohne Nacht- und Wechselschichtarbeit vollschichtig ausüben.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wurde sodann der Facharzt für Allgemeinmedizin und Homöopathie B1 mit der Erstellung eines weiteren Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 21.01.2017 hat der Sachverständige bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Es bestehe eine stark ausgeprägte Multisystemerkrankung, beginnend mit der phasenweisen Wahrnehmung eines Summtones als erstes Zeichen einer Resonanz mit einer Stress-energie und fehlender Kompensationskraft gegenüber dieser Belastung. Mit beginnender ersten Reaktion auf eine derartige Belastung (Summton) trete regelmäßig eine ganze Kaskade von Beschwerden auf, die eine Dekompensation der eigenen Regulationsfähigkeit (Homöostasefähigkeit) widerspiegeln würden. Bis zu der Erkrankung sei die Klägerin eine gesunde, aktive und vit...