Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsanspruch der Sozialleistungsträger. mehrere Rentenansprüche. Rentennachzahlung. Arbeitslosengeld
Orientierungssatz
1. Bei einer rückwirkenden Anerkennung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die eine laufende Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau (Bergmannsrente) ersetzt, kann die Bundesagentur für Arbeit einen Erstattungsanspruch für ausgezahltes Arbeitslosengeld auf die volle Rentenleistung geltend machen. Eine Begrenzung auf den Differenzbetrag zwischen dem monatlichen Zahlbetrag der Bergmannsrente und der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist nicht zulässig (Anschluss an LSG Darmstadt vom 27.11.2003 - L 1 KR 1610/98).
2. Diese Annahme der Begrenzung auf den Differenzbetrag steht auch im Widerspruch zur Regelung des § 89 Abs 1 S 1 SGB 6.
Nachgehend
Tenor
I. |
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Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Januar 2006 wird zurückgewiesen. |
II. |
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Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten. |
III. |
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Die Revision wird zugelassen. |
Tatbestand
Streitig ist die Höhe eines Erstattungsanspruchs nach § 103 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X).
Der Beigeladene bezog von der Beklagten ab 1. Januar 1992 eine (umgewertete und angepasste) Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau (Bescheid vom 19. November 1992 - im Folgenden: Bergmannsrente). In seiner daneben ausgeübten Erwerbstätigkeit trat am 28. Juni 1999 eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit ein. Die Beklagte erbrachte zunächst vom 29. Dezember 1999 bis 26. Januar 2000 stationäre medizinische Leistungen zur Rehabilitation. Die Klägerin teilte der Beklagten hierzu mit, der Beigeladene habe seit 26. Dezember 2000 Anspruch auf Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von 960 Tagen in Höhe von zunächst 402,08 DM wöchentlich, ab 1. Januar 2001 in Höhe von 415,31 DM wöchentlich (Schreiben vom 14. Dezember 2000).
Nach einem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Altenburg bewilligte die Beklagte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 14. Dezember 2001 aufgrund eines Leistungsfalles vom 28. Juni 1999 ab 27. Januar 2000 (Tag nach Ende des Übergangsgeldbezuges) anstelle der bis dahin geleisteten Bergmannsrente eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Sie führte im Bewilligungsbescheid aus, der Beigeladene habe für die Zeit vom 27. Januar 2000 bis 31. Januar 2002 nach Abzug der geleisteten Bergmannsrente Anspruch auf eine Rentennachzahlung in Höhe von 19.133,96 Euro.
Nachdem die Barmer Ersatzkasse (Schreiben vom 5. November 2000) und die Klägerin (Schreiben vom 2. Februar 2001, dem ein auf den 2. Februar 2001 datierter Abdruck des Schreibens vom 14. Dezember 2000 beigefügt war, bei der Beklagten eingegangen am 5. Februar 2001) im Hinblick auf einen möglichen Erstattungsanspruch nach (u.a.) § 103 SGB X mitgeteilt hatten, dass dem Kläger Krankengeld beziehungsweise Arbeitslosengeld gezahlt werde, behielt die Beklagte den Nachzahlungsbetrag ein. Sie informierte beide Leistungsträger mit Schreiben vom 4. Januar 2002 über die rückwirkende Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, den Rentenbeginn, den monatlichen Zahlbetrag der Rente, den Gesamtbetrag der Rente für die Zeit vom 27. Januar 2000 bis 31. Januar 2002 (24.166,85 Euro) und den Betrag der nach Abzug der bereits geleisteten Bergmannsrente verbleibenden Nachzahlung (19.133,96 Euro).
Die Barmer Ersatzkasse machte mit Schreiben vom 15. Januar 2002 für die Zeit vom 27. Januar bis 25. Dezember 2000 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 8.619,75 Euro geltend. Die Klägerin teilte der Beklagten in mehreren Schreiben vom 15. Januar 2002 mit, sie beanspruche von der Beklagten die Erstattung des für die Zeit vom 26. Dezember 2000 für 31. Januar 2002 geleisteten Arbeitslosengeldes in Höhe von 12.203,31 Euro sowie der hierauf geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 2.521,32 Euro.
Die Beklagte erstattete der Klägerin die geltend gemachten Beiträge in Höhe von 2.521,32 Euro und zahlte aus der einbehaltenen Rentennachzahlung 8.619,75 Euro an die Barmer Ersatzkasse sowie 10.514,21 Euro an die Klägerin. Sie teilte der Klägerin hierzu ohne nähere Erläuterungen mit, der Erstattungsanspruch sei "auf die monatlich zur Verfügung stehenden Beträge begrenzt" worden.
Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 30. April 2002 auf, den angemeldeten Erstattungsanspruch in voller Höhe zu befriedigen. Die Beklagte habe dem Beigeladenen ab 27. Januar 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt und die Aufrechnung der über diesen Zeitpunkt hinaus gewährten Leistungen (Bergmannsrente) erklärt. Die Klägerin habe aber Anspruch auf Erstattung in Höhe der tatsächlich bewilligten Rente. Ihr Erstattungsanspruch sei gegenüber einer Aufrechnung der Beklagten mit eigenen Ansprüchen vorrangig (Schreiben vom 30. April 2002). Das Schreiben blieb trotz Erinnerung vom 17. Oktober 2002 unbeantwortet.
Daraufhin ...