Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufliche Rehabilitation. Ermessen. Prognose

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung sind alle Leistungen der aktiven Arbeitsförderung mit Ausnahme des Anspruchs auf Beauftragung von Dritten mit der Vermittlung nach sechs Monaten, Überbrückungsgeld und diversen anderen Lohnersatzleistungen.

2. Die Agentur für Arbeit hat bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung, zu der die Förderung der beruflichen Weiterbildung nach § 97 zählt, unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen.

3. Die Richtigkeit einer Prognose hängt grundsätzlich nicht davon ab, ob sie durch die weitere Entwicklung bestätigt wird. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung ist der Zeitraum, in dem die Leistung zu erbringen gewesen wäre.

4. Für die Prognose sind die zum maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Daten heranzuziehen. Das schließt die bestätigende oder bekräftigende Berücksichtigung weiterer Entwicklungen nicht aus.

 

Normenkette

SGB III §§ 7, 97

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 23. August 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des 1982 geborenen Klägers auf Verpflichtung der Beklagten zu Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben für die Ausbildung zum Rettungsassistenten.

Der seit Februar 2005 bei einer Zeitarbeitnehmerfirma beschäftigte Kläger stellte am 1. März 2005 den Antrag, seine beabsichtigte Ausbildung zum Rettungsassistenten zu fördern. Zuvor hatte er den Beruf des Schreiners erlernt, leistete anschließend Zivildienst und war nochmals für zwei Jahre als Schreiner tätig (2002 bis 2004).

Mit dem Bescheid vom 3. Juni 2005 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2005) versagte die Beklagte die beantragte Leistung, weil der Kläger damit nicht nachhaltig beruflich gefördert werden könne. Zur Entscheidung lagen der Beklagten u.a. ein Bericht des behandelnden Lungenarztes Dr. H. (Diagnose: deutliche bronchiale, nicht nur saisonale Überempfindlichkeit) sowie amtsärztliche Gutachten vom 8. April 2005 und vom 17. Mai 2005 (Dr. L.) vor.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Zwischenzeitlich hatte er sich am 7. September 2005 für die Berufsfachschule angemeldet und am 1. August 2006 einen Lehrgang zum Rettungssanitäter erfolgreich abgeschlossen. Weiter ist der Abschluss eines Praktikantenvertrages mit dem Berufsziel des Rettungsassistenten über die Zeit vom 1. April 2007 bis 31. März 2008 mit dem BRK bekannt.

Das SG holte nach Beiziehung von Befundberichten des Hausarztes Dr. J. ein Gutachten des Arbeitsmediziners Dr. I. W. vom 26. März 2007 ein, welches das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens bestätigte.

Mit Urteil vom 23. August 2007 wies das SG die Klage ab.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und diese damit begründet, dass keine gesundheitlichen Gründe gegen die beantragte Umschulung sprächen. Insbesondere sei angesichts seines noch jungen Alters eine zuverlässige Prognose über die Entwicklung des Gesundheitszustandes nicht möglich.

Der Kläger hat am 1. August 2006 nach erfolgreich abgeschlossenem Lehrgang die staatliche Prüfung zum Rettungsassistenten mit Erfolg abgelegt. Dabei hatte er auch ein 160-stündiges Praktikum absolviert. Anschließend (26. März 2007) erfolgte ein Praktikantenvertrag über 12 Monate. Dr. J. hält in einem Attest vom 11. April 2008 des Hausarztes eine Eignung zur Ausübung des Berufs des Rettungsassistenten für gegeben. Seit zwei Jahren bestünden keine Beschwerden mehr.

Der Kläger stellt den Antrag,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 23. August 2007 sowie des Bescheides vom 3. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2005 zu verurteilen, dem Grunde nach berufliche Rehabilitationsleistungen für die Ausbildung zum Rettungsassistenten zu erbringen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Für die begehrte Verpflichtung der Beklagten im Rahmen einer Ermessensentscheidung fehlen die Voraussetzungen. Gemäß § 54 Abs. 2 SGG ist der Kläger beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Ein solcher Anspruch beste...

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