Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Feststellungsinteresse nach Änderung der Rechtslage.
2. Eingliederungsverwaltungsakt bei bestandskräftigen Sanktionsbescheiden im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X.
Orientierungssatz
1. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes im Hinblick auf eine mögliche Wiederholungsgefahr ist nicht mehr gegeben, wenn kein inhaltgleicher Eingliederungsverwaltungsakt mehr erlassen werden kann, weil sich noch vor Berufungseinlegung die Rechtslage wesentlich geändert hat.
2. Ein einmal wegen Bestandskraft eines Sanktionsbescheides weggefallenes Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Hinblick auf einen Eingliederungsverwaltungsakt lebt nicht dadurch wieder auf, dass bezüglich des Sanktionsbescheides ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt wird.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.07.2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakts für den Zeitraum vom 24. Januar 2012 bis ursprünglich 23. Juli 2012.
Der Kläger bezieht vom Beklagten seit Juni 2008 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), da seine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Künstler zur Deckung des Lebensunterhalts nicht ausreichen.
Die Beteiligten schlossen verschiedene Eingliederungsvereinbarungen ab, in denen sich der Kläger verpflichtete, seine selbständige Tätigkeit auszubauen und sich auf Vermittlungsvorschläge des Beklagten zu bewerben. Bei einem Termin am 24. Januar 2012 wollte der Beklagte mit dem Kläger eine Eingliederungsvereinbarung abschließen, wonach sich der Kläger erstmals auch zum Nachweis von monatlich zehn Eigenbewerbungen verpflichten sollte. Der Abschluss einer beidseitigen Eingliederungsvereinbarung wurde vom Kläger verweigert.
Daraufhin erließ der Beklagte am gleichen Tag einen Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum 24. Januar bis 23. Juli 2012. Darin verpflichtete sich der Beklagte, dem Kläger geeignete Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten und sein Bewerberprofil im Onlineportal aufzunehmen. Bewerbungskosten könnten bis zu einem Betrag von jährlich 260,- Euro übernommen werden. Den Kläger traf die Verpflichtung, jeweils im Zeitraum von vier Wochen zehn Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse nachzuweisen. Der Kläger habe die Nachweise monatlich persönlich am 1. März, 5. April und 4. Mai 2012 um 14 Uhr bei seinem Arbeitsvermittler vorzulegen. Weitere Termine sollten nach Notwendigkeit vereinbart werden. Der Verwaltungsakt enthielt überdies die Vorgabe, dass die selbständige Tätigkeit durch den Kläger auf nebenberuflicher Basis weiterhin ausgeübt werden dürfe, jedoch Vermittlung und Bewerbung Vorrang hätten.
Der Kläger legte gegen den Eingliederungsverwaltungsakt am 31. Januar 2012 Widerspruch ein. Das SGB II verstoße in großen Teilen gegen das Grundgesetz. Der Kontrahierungszwang zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung verletze ihn in seinen Grundrechten.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2012 als unbegründet zurück. Der Kläger habe sich in der Vergangenheit nur auf Vermittlungsvorschläge des Beklagten beworben und keine Eigenbemühungen erkennen lassen; deshalb sollte dies als Pflicht in der Eingliederungsvereinbarung zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit geregelt werden. Der Kläger habe die Teilnahme an Integrationsmaßnahmen mehrmals abgelehnt. Beim Termin am 24. Januar 2102 habe er die Unterzeichnung verweigert, dies belege ein vorgelegter interner Vermerk. Die Meldeverpflichtung im Verwaltungsakt sei hinreichend bestimmt; auch sei die für den Kläger zuständige Sachbearbeiterin Frau Z. ihm bekannt und im Verwaltungsakt oben namentlich genannt.
Hiergegen erhob der Kläger am 30. April 2012 Klage zum Sozialgericht München. Der Eingliederungsverwaltungsakt sei rechtswidrig, weil sich der Beklagte nur zu Ermessensleistungen verpflichtet habe. Überdies habe der Beklagte nicht einmal versucht, eine einvernehmliche Vereinbarung mit dem Kläger abzuschließen. Die Meldeverpflichtung sei nicht hinreichend bestimmt, da kein konkreter Mitarbeiter genannt worden sei.
Am 18. Juli 2012 erließ der Beklagte einen Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum 18. Juli 2012 bis 17. Januar 2013. Dieser enthielt die gleichen Verpflichtungen für beide Seiten wie der Bescheid vom 24. Januar 2012. Überdies verpflichtete sich der Beklagte zu zwei weiteren Leistungen: Der Kläger wurde in das Bundesprogramm "Perspektive 50 plus" aufgenommen und sollte an der Maßnahme "Unterstützung zum Ber...