Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Elterngeldberechnung. Einkommensermittlung. Bestimmung des Bemessungszeitraums. Nichtberücksichtigung einer nicht schwangerschaftsbedingten Erkrankung bzw des Krankengeldes. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 2 Abs 1 und Abs 7 BEEG führt eine nicht schwangerschaftsbedingte Erkrankung im einjährigen Bemessungszeitraum vor dem Geburtsmonat weder zu einer Rückverlagerung des Bemessungszeitraums, noch zu einer Berücksichtigung von deshalb bezogenem Krankengeld.
2. Die genannten Normen verstoßen insoweit weder gegen Art 3 Abs 1 GG noch gegen Art 6 Abs 1 GG.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.11.2007 wird zurückgewiesen.
II. Die notwendigen Auslagen der Klägerin sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das von der Klägerin im Jahr vor der Geburt bezogene Krankengeld als elterngelderhöhendes Einkommen zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin gebar 2007 ihren Sohn L.. Auf ihren Antrag wurde ihr mit Bescheid vom 5. März 2007 Elterngeld für zwölf Monate für den Zeitraum 2. Januar 2007 bis 01.Januar 2008 in Höhe von 824,60 EUR p.m. gewährt. Aufgrund Anrechnung des Mutterschaftsgeldbezugs in den ersten beiden Lebensmonaten kam es im ersten und zweiten Lebensmonat zu einer Zahlbetragsminderung.
Der Elterngeldberechnung wurde das durch den Arbeitgeber gemeldete Arbeitsentgelt der Klägerin zu Grunde gelegt. Darüber hinaus hatte die Klägerin in der Zeit vom 26. März 2006 bis 9. April 2006 wegen einer unstreitig nicht schwangerschaftsbedingten Erkrankung insgesamt 671,40 EUR Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung bezogen. Der Krankengeldbetrag wurde bei der Berechnung der Elterngeldhöhe nicht erhöhend berücksichtigt.
Der auf die Nichtberücksichtigung des Krankengeldes gestützte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2007 zurückgewiesen.
Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München, das diese mit Urteil vom 13. November 2007 abgewiesen hat. Das Sozialgericht weist darauf hin, dass das Elterngeld nicht allgemein dem Ziel diene, den durch finanzielle Zuflüsse aus verschiedensten Quellen gestützten Lebensstandard der Eltern auf einem gewissen Niveau zu halten. Es wolle vielmehr ganz speziell die Einbuße an Erwerbseinkommen in der ersten Phase der Erziehung eines Kleinkindes ausgleichen. Es liege auf der Hand, dass das Gesetz damit die unmittelbar vor Geburt des Kindes intensiv berufstätigen Eltern begünstige und umgekehrt diejenigen Eltern benachteilige, in deren Biografie die volle oder gut bezahlte Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes fehle oder nur teilweise realisiert sei. Auch dann, wenn die Erwerbstätigkeit durch unverschuldete Tatbestände verhindert oder eingeschränkt werde, nehme der Gesetzgeber diese Benachteiligung bewusst in Kauf. Hätte der Sozialstaat der Klägerin für die Zeit ihrer Krankheit keine Lohnersatzleistung gezahlt, so wäre ihr Erwerbseinkommen unstrittig mit der vom Beklagten angenommenen Höhe anzusetzen gewesen. Aus der Gewährung einer Lohnersatzleistung nun einen Anspruch für die Gewährung der nächsten Leistung der sozialen Ordnung abzuleiten, sei ein origineller Gedanke im gesellschaftlichen Wettlauf um die Kumulation von Begünstigungen zu Lasten der Solidargemeinschaft.
Das Sozialgericht hat die Berufung nicht ausdrücklich zugelassen. In der Rechtsbehelfsbelehrung wird dagegen auf die Möglichkeit der Berufungseinlegung hingewiesen.
Gegen das sozialgerichtliche Urteil hatte die Klägerin zunächst Berufung eingelegt (L 12 EG 15/08). Nach Hinweis des Senats auf die mangels ausdrücklicher Zulassung bestehende Unzulässigkeit einer Berufung hat die Klägerin unter Rücknahme der zuvor eingelegten Berufung Nichtzulassungsbeschwerde erhoben (L 12 EG 51/09 NZB). Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2009 hat der Senat die Berufung wegen Grundsätzlichkeit durch Beschluss zugelassen. Mit Einverständnis der Beteiligten, die auf die Einhaltung der Ladungsfrist sowie die Abgabe weiterer Stellungnahmen verzichteten und stattdessen ihr bisheriges zweitinstanzliches Vorbringen zum Gegenstand der Berufung gemacht haben, ist die Beschwerdeverhandlung sogleich als Berufungsverhandlung fortgesetzt worden (L 12 KA 55/09).
Die Klägerin hat zur Begründung der Berufung ausgeführt, dass Krankengeld eine Entgeltersatzleistung sei. Die Anwartschaft hieraus sei durch Versicherungsbeiträge erworben worden. Das Elterngeld solle letztlich das Lebensniveau der Familie bzw. der Mutter sichern helfen. Dann verstoße es gegen den Gleichheitssatz, wenn ein im 12-Monatszeitraum vor der Geburt erkrankter Elternteil schlechter gestellt würde als ein nicht erkrankter Elternteil, weil das Krankengeld nicht als Einkommen zähle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. November 2007 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom ...