Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Berufungsfrist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Leitsatz (amtlich)
Zur Berufungsfrist.
Orientierungssatz
Der bloße Hinweis auf fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit und mangelnde rechtliche Kenntnisse stellt keinen Grund für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem § 67 Abs 2 SGG wegen der Versäumung der Berufungsfrist dar.
Tenor
I. Die Berufung wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind die Aufhebung der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe vom 18. November 2003 bis 22. März 2004 und die Rückforderung der Leistungen sowie der Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung.
Die Beklagte hatte dem Kläger mit Bescheid vom 2. September 2003 Arbeitslosenhilfe bewilligt. Er nahm ab 6. November 2003 bei einem Freizeitpark eine Tätigkeit von täglich mehr als drei Stunden auf. Mit dem Bescheid vom 19. Dezember 2003 bewilligte sie ihm weiterhin Arbeitslosenhilfe. Am 23. März 2004 meldete der Kläger sich wieder arbeitslos.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 8. März 2005 die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe vom 6. November 2003 bis 22. März 2004 auf und forderte die Leistung (2.958,86 Euro) sowie die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (483,01 Euro) zurück. Sie wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2005 zurück. Er habe vom 6. November bis 11. November 2003 täglich jeweils drei Stunden gearbeitet und damit die zeitliche Grenze einer Nebenbeschäftigung (15 Stunden wöchentlich) überschritten, so dass er nicht mehr arbeitslos gewesen war. Durch die Aufnahme einer mehr als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung sei der Versicherungsfall (Arbeitslosigkeit) weggefallen. Damit hätten auch in der Zeit vom 6. November 2003 bis 22. März 2004 die Anspruchsvoraussetzungen der Arbeitslosigkeit und der Arbeitslosenmeldung nicht mehr vorgelegen. Der Kläger habe bei seiner Vernehmung durch Beamte des Hauptzollamtes R. eingeräumt, dass die Stundenaufzeichnungen für die Monate November und Dezember 2003 zutreffend seien. Aufgrund einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse bzw. einer anfänglichen Rechtswidrigkeit sei die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe aufzuheben, und der Kläger sei zur Erstattung der Leistung einschließlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung verpflichtet. Vertrauensschutz könne er nicht geltend machen; er habe die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung nicht angezeigt.
Der Kläger hat hiergegen am 13. Juni 2005 beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben. Er ist trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens zu den Erörterungsterminen des SG am 6. Mai 2008 und 9. Oktober 2008 nicht erschienen. Das SG hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. April 2009 ihn unter Abänderung der Bescheide der Beklagten vom 8. März 2005 und 23. Mai 2005 verurteilt, die in der Zeit vom 18. November 2003 bis 22. März 2004 erhaltene Arbeitslosenhilfe einschließlich der von der Beklagten gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger persönlich am 28. Juli 2009 zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 16. November 2009 hat die Beklagte dem Bayer. Landessozialgericht den Abdruck eines Telefax des Klägers vom 5. November 2009 übersandt, in dem er sich gegen eine Zahlungsaufforderung der Beklagten und das Urteil des Sozialgerichts München (S 36 AL 864/05) wendet. Auf die Hinweise des Senats, dass der Kläger die Berufungsfrist versäumt habe und die Frage, ob er Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend machen könne, hat er mit Schreiben vom 4. Januar 2010 geantwortet, der beziehe lediglich eine geringe Rente, habe Bankschulden und könne die Leistungen der Beklagten nicht erstatten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 01.04.2009 sowie den Bescheid vom 08.03.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Sozialgerichtsgesetz - SGG), weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt worden ist. Gemäß § 151 SGG ist die Berufung, worauf die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Urteil zutreffend hinweist, bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Der Kläger hat die Berufung erst mit Eingang des Telefax beim...