Entscheidungsstichwort (Thema)
Territorialprinzip. Sozialhilfe ins Ausland. Bestellung eines Bevollmächtigten im Inland
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen der Sozialhilfe in das Ausland.
2. Zu den Voraussetzungen der Übergangsbestimmungen für Sozialhilfe in das Ausland
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 16.März 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist ein Anspruch des Klägers auf Sozialhilfe im Ausland.
Die Beklagte, ein örtlicher Träger der Sozialhilfe, bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 10.09.2007 Grundsicherung im Alter befristet nur für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.09.2007. Danach sei dessen gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland nach Beendigung seines inländischen Mietverhältnisses und angesichts seiner bekundeten Absicht, nach Italien zu verziehen, entfallen.
Mit seinem Widerspruch bestritt der Kläger das Vorliegen eines Aufenthalts im Ausland und behauptete darüber hinaus einen Bestandsschutz wegen früher in Italien bezogener Sozialhilfe. Am 18.09.2008 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.03.2010 abgewiesen, weil der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Italien habe. Er habe nach seinen eigenen Angaben in den vergangenen 30 Jahren fast ununterbrochen in Italien gelebt und dort nach wie vor seinen Lebensmittelpunkt. Damit würden die Voraussetzungen einer Sozialhilfeleistung ins Ausland nicht vorliegen. Auch sei der Beklagte nicht örtlich zuständig für die geltend gemachten Ansprüche auf Sozialhilfe im Ausland. Nach § 24 Abs. 4 Satz 2 SGB XII sei dies der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die den Antrag stellende Person geboren sei (hier der B. in ).
Gegen den am 26.03.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22.07.2010/29.07.2010 Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und Wiedereinsetzung beantragt. Der Gerichtsbescheid war mit einer Rechtsmittelbelehrung Berufung/Inland versehen. Schon zuvor hatte das SG dem Kläger aufgegeben, einen inländischen Bevollmächtigten zu benennen.
Der Senat hat zur Frage eines früheren Sozialhilfebezugs Ermittlungen angestrengt und
dazu die Akten der Deutschen Rentenversicherung Bund beigezogen sowie eine Auskunft des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales in Württemberg eingeholt.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts München vom 16.03.2010 sowie Abänderung des Bescheides vom 10.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2008 verurteilen, ihm dem Grunde nach ab 01.10.2007 Sozialhilfe ins Ausland zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid vom 16. März 2010 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Insbesondere sie nicht verfristet, da die Rechtsmittelbelehrung hinsichtlich der Berufungsfrist falsch war (§ 66 Abs. 2 SGG), denn sie hat nicht den ausländischen Aufenthalt des Klägers berücksichtigt.
Der Senat konnte auch in Abwesenheit des Klägers entscheiden. Dieser hat rechtzeitig Kenntnis vom Termin erlangt. Er hat innerhalb der ihm mit Beschluss vom 07.09.2010 gesetzten Frist keinen Zustellungsbevollmächtigten benannt. Damit durfte ihm die Ladung mit einfachem Brief an seine Postanschrift übersandt werden. Das Schriftstück der Ladung galt dann gem. § 184 Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung zwei Wochen nach der Aufgabe zur Post als zugestellt.
Wie das SG zu Recht festgestellt hat, besteht im Wege der Sozialhilfe im Ausland keine örtliche, insbesondere aber keine sachliche Zuständigkeit des Beklagten. Dieser hat seine Leistung ausreichend erbracht. Dennoch war eine Beiladung des zuständigen Trägers der Sozialhilfe, des Baden - Württembergischen Kommunalverbandes für Jugend und Soziales nicht erforderlich. Denn auch diesem gegenüber ist ein Anspruch dem Grunde nach unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben.
Das System der Sozialhilfe folgt entsprechend den allgemeinen Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs grundsätzlich dem Territorialprinzip (§ 30 Abs. 1 SGB I). Dementsprechend bestimmt § 24 Abs. 1 SGB XII, dass Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Leistungen erhalten. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
1. Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss,
2. längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder
3. hoheitliche Gewalt.
Keiner der oben genannten drei Gründe einer ...