Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Synchronsprecher bei Film- und Fernsehproduktionen. Einordnung als selbstständige Tätigkeit. Übereinstimmung mit finanzgerichtlicher Rechtsprechung
Leitsatz (amtlich)
Synchronsprecher stehen bei Film- und Fernsehproduktionen typischerweise nicht in einem Beschäftigungsverhältnis. Das Gepräge der Synchronsprechertätigkeit wird vom künstlerischen Tätigwerden bestimmt, hinter welches die Einbindung in die Gegebenheiten des Synchronstudios zurücktritt. Insoweit besteht Übereinstimmung mit der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung des steuerrechtlichen Dienstverhältnisses zur selbstständigen Tätigkeit.
Orientierungssatz
Zum Leitsatz vgl BFH vom 1.3.1973 - IV R 231/69 = BFHE 109, 39, vom 3.8.1978 - VI R 212/75 = BFHE 126, 271 und vom 12.10.1978 - IV R 1/77 = BFHE 133, 357.
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1, § 14 Abs. 1, §§ 28d, 28e Abs. 1 S. 1, §§ 28i, 28h Abs. 2; EStG § 2 Abs. 1, § 19 Abs. 1; LStDV § 1 Abs. 1, 3; SGB III § 348 Abs. 1 S. 1; SGB V § 253; SGB VI § 174 Abs. 1; SGB XI § 60 Abs. 1 Sätze 1-2
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 24. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine Entscheidung der Einzugstelle zur Versicherungspflicht.
1.
Die 1961 geborene Klägerin ist von Beruf Schauspielerin und u.a. aus internationalen Filmproduktionen sowie aus mehreren Fernsehfilmen und -serien einem breiteren Publikum bekannt (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/_A.). Sie ist auch als Synchronsprecherin tätig z.B. als die "deutsche Stimme" von S. M. und C. G.. Sie ist aufgrund mehrerer unständiger Beschäftigungen versichertes Mitglied der Beklagten.
Am 19.06.2007 übernahm die Klägerin eine Synchronisierungstätigkeit für die Beigeladene zu 1) zu einer Episode der Serie "D. T.". Für die Beigeladene zu 2) synchronisierte die Klägerin am 28.12.2007 C. G. im Kinofilm "I. N. T.". Hier hatte der Verleiher die bestehende Synchronisierung durch eine andere Sprecherin als Fehlbesetzung angesehen und ausdrücklich eine Neu-Synchronisierung durch die Klägerin gewünscht.
Am 09.02.2008 erinnerte die Klägerin die Beklagte daran, als zuständige Einzugstelle die Gesamtsozialversicherungsbeiträge einzuziehen für mehrere (hier nicht streitgegenständliche) Synchronisierungen sowie für die beiden Tätigkeiten am 19.06.2007 und am 28.12.2007, wo sie als Synchronsprecherin abhängig beschäftigt gewesen sei. Mit rechtsbehelfslosem Schreiben vom 20.02.2008 und 04.03.2008 erläuterte die Beklagte, dass in diesen beiden Fällen keine versicherungspflichtigen Beschäftigungen vorlägen, sondern selbstständige Tätigkeiten. Dies akzeptierte die Klägerin nicht und machte geltend, das Sozialrecht ordne im Unterschied zum Steuerrecht die Synchronsprecher den abhängig Beschäftigten zu. Mit Bescheid vom 16.07.2008 lehnte die Beklagte den Beitragseinzug der Synchronsprechertätigkeiten für die Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 2) mit der Begründung ab, nach den festgelegten Abgrenzungskriterien seien Synchronsprecher selbstständig Tätige. Einen dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2008 zurück. Sie bezog sich zur Begründung im Wesentlichen auf die gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zu Synchronsprecher-Tätigkeiten.
2.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben und die Feststellung der Synchronsprecher-Tätigkeiten für die Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 2) als abhängige Beschäftigung beantragt. Sie hat betont, dass der Verweis auf die Verlautbarung der Spitzenverbände ihrem Fall nicht gerecht werde. Denn sie sei am jeweiligen Sprechtag ganz eng in die Betriebsabläufe und Vorgaben der Beigeladenen zu 1) und 2) eingebunden gewesen. Spielräume für eine selbstständige Tätigkeit hätten nicht bestanden.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.10.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Verlautbarung der Spitzenverbände den zutreffenden Maßstab für die Abgrenzung der Tätigkeiten als Synchronsprecherin bilde. Die Beklagte habe diesen Maßstab auch zutreffend auf den Fall der Klägerin angewandt.
3.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt und unterstrichen, dass die Synchronsprechertätigkeit keinen Raum für etwas anderes als weisungsgebundene abhängige Beschäftigungen biete. Allein die Synchronproduzenten hätten die Ausstattung und Gerätschaften, um Film- und Fernsehproduktionen zu synchronisieren. Diese stellten den fertigen Film und den zu sprechenden Text, gäben die Zeit vor, wann zu sprechen sei, bestimmten also detailliert, was wann wo wie zu sprechen sei. Diese Vorgaben erlaubten keinen Spielraum für eigenschöpferische Entfaltungen. Auch künstlerische Sprecher seien des...