Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Weitergewährung nach Widerspruch. Einkommenserzielung nach Beginn der weitergewährten Rente. kein rentenschädlicher Hinzuverdienst bei der der Weitergewährung im selben Kalenderjahr vorangegangenen Erwerbsminderungsrente

 

Orientierungssatz

Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung, das ein Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Beginn einer (hier: erst infolge eines Widerspruchs) weitergewährten Rente im Anschluss an eine zunächst befristet geleistete Erwerbsminderungsrente erzielt, ist daher nicht als rentenschädlicher Hinzuverdienst bei der der weitergewährten Rente im selben Kalenderjahr vorangegangenen befristeten Erwerbsminderungsrente zu berücksichtigen.

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Anrechnung von Einkommen auf eine befristete Erwerbsminderungsrente nach der ab dem 1.7.2017 geltenden jährlichen Hinzuverdienstregel des § 96a SGB VI bedarf es eines "Hinzu"-Verdienstes iS eines zeitlichen bzw inhaltlichen Bezugs zwischen Einkommen und Erwerbsminderungsrente. Ein Verdienst im selben Kalenderjahr ohne zeitlichen bzw inhaltlichen Zusammenhang mit der befristeten Erwerbsminderungsrente genügt für die Anrechnung auf die Rente nicht.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.09.2021 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25.02.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021 aufgehoben.

II. Die Beklagte erstattet der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist eine Rückforderung von der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2019 bis 30.04.2019 gezahlter Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 3.283,96 Euro.

Mit Bescheid vom 13.06.2016 gewährte die Beklagte der Klägerin befristet Rente wegen voller Erwerbsminderung, beginnend am 01.05.2016 und endend mit dem 30.04.2019. Ausdrücklich wies die Beklagte daraufhin, dass die Rente mit dem 30.04.2019 ende, ohne dass sie einen weiteren Bescheid erteilen werde. Die Rente könne auf Antrag weitergezahlt werden, wenn eine Minderung der Erwerbsfähigkeit weiterhin vorliege. Vorsorglich weise die Beklagte daraufhin, dass die Rentenzahlung auch dann zum 30.04.2019 eingestellt werde, wenn sie bis dahin über den Antrag auf Weiterzahlung noch nicht habe entscheiden können. Außerdem wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie verpflichtet sei, die Beklagte unverzüglich darüber zu informieren, wenn sie eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufnehme oder ausübe. Die Rente könne dann wegfallen. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung werde nicht oder in verminderter Höhe gezahlt, sofern durch Einkommen die für diese Rente maßgebende Hinzuverdienstgrenze überschritten würde. Einkommen sei dabei u. a. Arbeitsentgelt.

Den von der Klägerin gestellten Weitergewährungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.03.2019 ab. Zur Begründung führte die Beklagte an, sie habe sich eingehend mit dem Gesundheitszustand der Klägerin befasst und geprüft, wie sich dieser auf ihre Erwerbsfähigkeit auswirke. Es seien hierbei sowohl die Angaben der Klägerin in ihrem Rentenantrag als auch die Ergebnisse der medizinischen Ermittlungen berücksichtigt worden. Die gesundheitlichen Einschränkungen würden aber nicht mehr zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung führen, da sie nach der medizinischen Beurteilung wieder mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts tätig sein könne. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.

Im Mai 2019 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld II. Am 27.06.2019 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, dass diese seit dem 01.06.2019 sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Am 08.07.2019 legte der Bevollmächtigte der Klägerin deren Arbeitsvertrag und die Gehaltsabrechnung für Juni 2019 vor.

Mit Bescheid vom 30.07.2019 half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 26.03.2019 ab und gewährte ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rente werde weiterhin auf Zeit bis zum 30.04.2019 geleistet. Für die Zeit vom 01.05.2019 bis zum 31.08.2019 erfolge eine Nachzahlung in Höhe von 3.336,24 € und ab dem 01.09.2019 werde ihr laufend monatlich eine Rente in Höhe von 847,13 € (monatlicher Zahlbetrag) gezahlt. Der ab Juni 2019 erzielte Hinzuverdienst wurde bei der Berechnung der Rente nicht berücksichtigt. Die Beklagte wies darauf hin, dass Rente nur dann in voller Höhe gezahlt werden könne, wenn der Hinzuverdienst die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 6.300 Euro nicht überschreite. Darüber hinaus erzielter Hinzuverdienst führe dazu, dass Rente nur noch teilweise oder gar nicht geleistet werde. Die Rente werde zunächst mit dem voraussichtlichen Hinzuverdienst der Klägerin und später rückwirkend mit dem tatsächlichen Hinzuverdienst des zurückliegenden Kalenderjahres berechnet. Z...

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