Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenkasse: Übernahme der Stromkosten für das Laden eines Elektrorollstuhles
Leitsatz (amtlich)
1. Dem Kläger steht grundsätzlich ein Anspruch auf Erstattung bzw. Übernahme der Energiekosten zu, die zum Betrieb seines Elektrorollstuhls erforderlich sind.
2. Die Krankenkasse kann eine Kostenerstattung bzw. -übernahme in Form einer Pauschale vornehmen.
3. Zur Aufhebung von Verwaltungsakten.
4. Ein über eine angemessene Stromkostenpauschale hinausgehender Anspruch auf eine Erstattung bzw. Übernahme von Stromkosten in Höhe von hier 17,50 EUR setzt konkrete Darlegungen des Klägers zur tatsächlichen Höhe des Stromverbrauchs voraus. Allein ein Hinweis auf den allgemeinen Anstieg der Energiekosten ist nicht ausreichend.
Normenkette
SGB V § 33 Abs. 1 S. 1, § 34 Abs. 4; SGB I § 44; SGB X § 45; SGG § 144 Abs. 1 Sätze 1-2, § 193
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 4. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel der notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Erstattung bzw. Übernahme von Stromkosten für das Laden eines Elektrorollstuhles streitig.
Der Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Mit Schreiben vom 26.12.2013 machte er eine Erhöhung der zu leistenden Pauschale für die Stromkosten für das Laden seines Elektrorollstuhls ab dem 01.01.2014 auf 17,50 Euro monatlich geltend. Im Übrigen sei die Beklagte seit dem 01.01.2008 in Verzug. Ab dem 01.12.2008 habe die gesetzliche Verzinsung zu erfolgen.
Mit Schreiben vom 10.01.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie erstatte auf Antrag bei bestimmten Hilfsmitteln mit intensiver Nutzung Stromkosten von pauschal 8,- Euro pro Monat. Alternativ könne eine genaue Berechnung der Energiekosten erfolgen. Hierfür würden die Stromrechnung, der Watt-Verbrauch des Hilfsmittels und die Betriebsstunden des Hilfsmittels benötigt. Die Erstattung erfolge auf Antrag einmal jährlich für zurückliegende Zeiten.
Der Kläger wandte sich gegen dieses Schreiben und legte ein Schreiben der Beklagten vom 03.07.2008 vor. Mit diesem hatte die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, er sei seit 06.02.2006 mit einem E-Fahrer "Invacare Sturm 3" versorgt. Man beteilige sich ab dem 01.12.2007 an den Stromkosten in Höhe von 10,- Euro monatlich; die Erstattung erfolge halbjährlich. Er werde gebeten, seine Bankverbindung mitzuteilen, so dass eine Erstattung erfolgen könne.
Mit Bescheid vom 05.02.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie werde die Kosten für Strom für den Zeitraum vom 01.06.2008 bis 31.12.2013 erstatten. Der Zeitraum umfasse 67 Monate, die mit jeweils 10,- Euro vergütet würden. Es ergebe sich ein Betrag von 670,- Euro. Gemäß § 44 SGB I würden Zinsen von 4% gewährt, dies entspreche einem Betrag von 81,82 Euro. Es werde eine Gesamtsumme in Höhe von 781,82 Euro zugesagt. Der Verwaltungsakt vom 03.07.2008 werde hiermit für hinfällig erklärt. Für die Zukunft gelte die bereits mit Schreiben vom 10.01.2014 ausgeführte Regelung. Es werde um Mitteilung gebeten, ob die Erstattung der Stromkosten pauschal oder anhand des konkreten Verbrauchs erfolgen solle.
Mit Schreiben vom 07.02.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie erstatte auf Antrag die Stromkosten grundsätzlich pauschal in Höhe von 8,- Euro pro Monat und Hilfsmittel. Es werde gebeten, den beigefügten Antrag auszufüllen und zurückzusenden.
Der Kläger erhob Widerspruch und wandte sich gegen die Intransparenz der ausgewiesenen Zinsen und gegen die Aufhebung des Bescheids vom 03.07.2008.
Mit Schreiben vom 05.03.2014 beantragte er die kostenfreie Übermittlung an die Adresse des Empfängers gemäß § 47 SGB I. Mit Schreiben vom 31.03.2014 teilte die Beklagte mit, man werde dem Kläger auf dessen Antrag den Geldbetrag ohne weitere Kosten zustellen lassen. Dies sei aufgrund des eingereichten Widerspruchs noch nicht möglich. Es werde um Mitteilung gebeten, ob der Kläger nach Durchsicht der beigelegten Übersicht über die Verzinsung seinen Widerspruch aufrechterhalte. Beigelegt war eine ausführliche Darstellung der Zinsberechnung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2014 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes vom 03.07.2008 über die Erstattung von Stromkosten in Höhe von 10,- Euro pro Monat zurück. Ein Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel umfasse auch die Versorgung mit der zum Betrieb erforderlichen Energie. Hierfür sei eine Erstattung in Höhe von 8,- Euro pro Monat als Pauschale oder eine genauere Berechnung anhand des Verbrauchs, der Stromkosten und der Betriebsstunden möglich. Der rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakt vom 03.07.2008 sei nach § 45 SGB X zum 05.02.2014 zurückgenommen worden.
Hiergegen hat der Kläger am 14.01.2015 Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Es werde fälschlicherweise behauptet, er habe eine rückwirkende Erstattung beantragt. Es handle si...