Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Erlass eines Ablehnungsbescheids auf einen erneuten Antrag auf Erwerbsminderungsrente während des gerichtlichen Verfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

I. Der eine Rentengewährung ablehnende Bescheid, der auf einen erneuten Antrag auf Erwerbsminderungsrente während des gerichtlichen Verfahrens ergeht, wird nicht nach § 96 SGG Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens.

II. Bei einem zwischenzeitlich erneuten Antrag auf Rentenleistungen und einer erneuten Entscheidung des Rentenversicherungsträgers darüber hat sich der ursprüngliche und streitgegenständliche Ablehnungsbescheid für den vom Neuantrag erfassten Zeitraum erledigt.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 14.02.2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen kann.

Der 1965 geborene Kläger hat den Beruf eines Malers und Lackierers erlernt. Seit 1987 war er als Vulkaniseur beschäftigt. Arbeitsunfähigkeit bestand ab 23.03.2015. Er bezog ab dem 04.05.2015 Krankengeld und ab dem 19.09.2016 Arbeitslosengeld.

Der Kläger nahm in der Zeit vom 08.03.2016 bis 13.04.2016 an einer ganztägig ambulanten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme teil (Rehabilitations- und Präventionszentrum Bad Bocklet). Nach dem Entlassungsbericht vom 19.04.2016 leide der Kläger unter einer mittelgradigen depressiven Episode. Zur Entlassung sei der Kläger arbeitsunfähig. Er sei in seiner letzten beruflichen Tätigkeit und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden und mehr erwerbsfähig. Er könne konstitutionell mittelschwere Arbeiten, überwiegend im Stehen, im Gehen und im Sitzen innerhalb Früh- Spät- und/oder Tagschichten ausführen.

Den Antrag des Klägers vom 20.07.2016 auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung wies die Beklagte mit Bescheid vom 14.09.2016 und Widerspruchsbescheid vom 07.12.2016 zurück. Der Kläger sei im Verwaltungsverfahren von Dr. Sch. am 09.09.2016 auf dem nervenärztlichen-psychologischen Fachgebiet untersucht worden. Dr. Sch. habe festgestellt, dass beim Kläger eine Anpassungsstörung mit agitiert-depressiver Symptomatik bestehe. Die Behandlungsmöglichkeiten seien mit einer niederfrequenten Psychotherapie und der nicht eingenommenen Medikamente bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Der Kläger sei in der Lage, mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Aus einem Befundbericht der behandelnden Neurologin und Psychiaterin Dr. J. vom 02.11.2016, nach dem der Kläger unter einer schweren Depression leide und die Behandlungsmöglichkeiten sehr wohl ausgeschöpft seien, ergebe sich kein anderes Ergebnis.

Der Kläger hat am 16.12.2016 Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Unter Bezugnahme auf den Befundbericht der Neurologin und Psychiaterin Dr. J. vom 02.11.2016 und auf den Befundbericht der behandelnden Psychotherapeutin I. B. vom 08.12.2016 hat der Kläger vorgetragen, die gesundheitlichen Einschränkungen seien nicht angemessen berücksichtigt worden. Die Psychotherapeutin habe ausgeführt, dass er sich seit Anfang 2016 in psychotherapeutischer Behandlung wegen einer ausgeprägten depressiven Störung befinde. Die Dauerbelastung durch die Pflege seiner geistig und körperlich schwer behinderten 24-jährigen Tochter habe zu einem ausgeprägten Erschöpfungszustand und zu schweren depressiven Zuständen geführt.

Das Sozialgericht hat die Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales - Region Unterfranken - Versorgungsamt beigezogen und Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Der Allgemeinarzt Dr. R. berichtet unter dem 12.01.2017, dass der Kläger Beschwerden dahin geäußert habe, er leide unter Ängsten, einer schweren depressiven Erkrankung, Schlafstörungen und Konzentrationsstörungen. Er habe die Diagnose einer schweren Depression gestellt. Die Neurologin und Psychiaterin Dr. J. berichtet unter dem 13.01.2017 über die Behandlungen seit Beginn des Jahres 2016 (am 21.06.2016, 21.07.2016, 21.12.2016). Sie habe den Kläger dabei unterstützt, Klage gegen die ablehnende Entscheidung der Beklagten einzulegen. Der Kläger sei weiterhin nicht belastbar.

Das Sozialgericht hat den Neurologen und Psychiater Dr. B. mit Gutachten vom 02.03.2017 gehört. Der Kläger sei mit der Betreuung seiner schwerstbehinderten Tochter schwer belastet gewesen. Mittlerweile erscheine der Kläger körperlich und psychisch nach der langen Auszeit stabilisiert. Es sei die Diagnose zu stellen einer Anpassungsstörung mit agitiert depressiver Symptomatik, derzeit mit niederfrequenter Psychotherapie behandelt, keine Medikation, in Besserung befindlich (F 43.26). Unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes seien dem Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Stellung mehr als sechs Stunden täglich zumutbar. Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung und an unfallgefährdeten Ar...

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