Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschädigten-Grundrente. Verschlimmerung der Schädigungsfolgen. Wesentliche Änderung. Medizinische Beweiswürdigung. Verwaltungsgutachten. Sachverständiger
Leitsatz (amtlich)
Als bei § 48 SGB X beachtliche Verschlimmerung kommen nur die Verschlimmerung bereits anerkannter Schädigungsfolgen und das Auftreten weiterer Schädigungsfolgen nach der letzten bestandskräftigen Feststellung in Betracht.
Normenkette
BVG § 31; SGB X § 48; SGG § 128 Abs. 1
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob beim Kläger eine Verschlimmerung von Schädigungsfolgen im Sinn von § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) vorliegt und er einen Anspruch auf Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) hat.
Der Kläger ist im Jahre 1937 geboren. Während des 2. Weltkriegs lebte er mit Familienangehörigen wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Sinti unter haftähnlichen Bedingungen in einer Baracke in B-Stadt. Er erlebte dabei unmittelbare Kampfhandlungen, insbesondere Luftangriffe.
Zurückgehend auf einen ersten Antrag des Klägers auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem BVG vom 02.05.2003 wurde der Beklagte mit Urteil des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 28.07.2009, Az.: L 15 V 6/06, dazu verurteilt, die beim Kläger bestehenden "Albträume und Nachhallerinnerungen" als Schädigungsfolgen im Sinn des BVG in nicht rentenberechtigendem Grad anzuerkennen. Bei dieser Entscheidung stützte sich das LSG im Wesentlichen auf das erstinstanzlich eingeholte Gutachten des Dr. F. vom 21.10.2005, der die beim Kläger vorliegenden Albträume und Nachhallerinnerungen als Folge der Erlebnisse im Krieg betrachtet und mit einem Grad der Schädigung (GdS) von 10 eingeschätzt hatte. Die vom Kläger dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) wurde als unzulässig verworfen (Beschluss des BSG vom 24.02.2010, Az.: B 9 V 21/09 B).
Mit Bescheid vom 16.10.2009 wurde das Urteil des LSG umgesetzt. Der gegen den Umsetzungsbescheid erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2009 zurückgewiesen.
Mit auf den 12.12.2009 datiertem Schreiben, beim Beklagten eingegangen am 04.01.2010, teilte der Kläger mit, dass sich die Schädigungsfolgen verschlimmert hätten und sich sein Gesamtgesundheitszustand rapide verschlechtert habe. Das Gutachten des Dr. F. spiegle nicht mehr den aktuellen Stand wider. Als Verschlimmerung benannte der Kläger Folgendes:
"- Meine Albträume und Nachhallerinnerungen
- Gleichgewichtsstörungen (letzter Sturz am 28.11.2009)
- Gehirnschädigung in Gestalt von verlangsamter Reaktion, Konzentrationsmangel, Schmerzempfindungen im Kopf, Brust und Rücken
- Durchblutungsstörungen des Herzens bei stark schwankendem Blutdruck
- Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
- Fehlgeschlagene Prostataoperation, danach Notbehandlung in der H. wegen Urinvergiftung
- Leberschaden
- Starke Refluxerscheinungen (Medikamente verdoppelt)."
Zur weiteren Sachaufklärung holte der Beklagte Befundberichte bei den behandelnden Ärzten ein, die über eine relevante Verschlimmerung nicht berichteten.
Der Neurologe Dr. K. vom versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten wertete die eingeholten Unterlagen am 19.03.2010 aus und kam dabei zu der Einschätzung, dass eine Verschlimmerung nicht vorliege.
Mit Bescheid vom 29.03.2010 lehnte der Beklagte den Verschlimmerungsantrag ab. Hinsichtlich der anerkannten Schädigungsfolgen und des GdS sei - so der Beklagte - keine wesentliche Änderung (Verschlimmerung) im versorgungsrechtlichen Sinn eingetreten.
Am 09.04.2010 erhob der Kläger Widerspruch. Das Gutachten des Dr. F. sei - so der Kläger - bereits fünf Jahre alt. Er beantrage eine Neubegutachtung. Der Kläger schlug Prof. Dr. O., Universität R., als Sachverständigen vor.
Dem Wunsch des Klägers folgend holte der Beklagte bei Prof. Dr. O. ein psychiatrisches Gutachten ein. In dem am 15.11.2010 erstellten Gutachten kam Prof. Dr. O. zu dem Ergebnis, dass eine wesentliche Änderung im Sinn einer Verschlechterung oder Besserung nicht eingetreten sei. Die weiteren vom Kläger vorgebrachten subjektiven Beschwerden seien nicht als Schädigungsfolge anzusehen, sondern dem Umstand, dass der Kläger unkorrigierbar davon überzeugt sei, dass ihm eine volle Rente zustehe, und dem ganz natürlichen Alternsprozess geschuldet und damit keine Folge von Kriegserlebnissen. Bei der Exploration seien deutliche Aggravationstendenzen feststellbar gewesen, die nicht unerhebliche Hinweise auf ein Rentenbegehren geben würden. Eine weitere Nachprüfung von Amts wegen erscheine ihm nicht als erforderlich, da sachverständigenseits davon auszugehen sei, dass die anerkannten Schädigungsfolgen sich auch in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht verändern würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2011 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Am 23.02.2011 haben di...