Durch Artikel 3 Nr. 4 des Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit ist eine Generalunternehmerhaftung im Baubereich normiert worden (§ 28e Abs. 3a bis 3f SGB IV). Sie hat das Ziel, den Generalunternehmer zu veranlassen, dafür zu sorgen, dass der Nachunternehmer seinen sozialversicherungsrechtlichen Zahlungspflichten nachkommt. Die Regelung ist am 01.08.2002 in Kraft getreten.

Nach § 28e Abs. 3a SGB IV haftet ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt, für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmens oder eines von diesem Unternehmen beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Dies gilt entsprechend für die vom Nachunternehmer gegenüber ausländischen Sozialversicherungsträgern abzuführenden Beiträge. Die Haftung entfällt, wenn der Unternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8221) hat der Generalunternehmer hierfür nachzuweisen, dass er bei der Auswahl der Nachunternehmer die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns angewandt hat. Dazu gehöre beispielsweise eine Prüfung des Angebots des Nachunternehmers darauf, ob bei den Lohnkosten Sozialversicherungsbeiträge zutreffend kalkuliert sind. Einfluss auf den Umfang der Prüfung könne auch haben, ob der Nachunternehmer eine Freistellungsbescheinigung der Finanzbehörde über die Erfüllung seiner Steuerpflicht nach dem Gesetz zur Eindämmung der illegalen Beschäftigung im Baugewerbe oder Bescheinigungen der Einzugsstellen für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag über die Erfüllung seiner Zahlungspflichten vorlege.

Die Generalunternehmerhaftung gilt nach § 28e Abs. 3d SGB IV ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 500.000 Euro. Für die Schätzung gilt § 3 der Vergabeordnung vom 9.01.2001 (BGBl. I S. 110), die zuletzt durch Artikel 3 Abs. 1 des Gesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I S. 876) geändert worden ist.

Die Besprechungsteilnehmer vertreten die Auffassung, dass die erweiterte Haftungsregelung für Generalunternehmer gilt, soweit die maßgeblichen Vertragsverhältnisse zwischen General- und Nachunternehmer nach dem 31.07.2002 begründet worden sind.

Als Nachweis des Haftungsausschlusses des § 28e Abs. 3d SGB IV dienen Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Einzugsstellen sowie deren Kopien. Die Unbedenklichkeitsbescheinigungen sollen zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Sie haben künftig eine Gültigkeitsdauer bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach dem Zeitpunkt der Ausstellung durch die Einzugsstellen. Werden sie nicht erneuert, erlischt ihre Gültigkeit für Arbeitsentgelte, die für Zeiten nach Ablauf der Gültigkeitsdauer erzielt wurden. Die Unbedenklichkeitsbescheinigungen sollen neben dem Zeitraum ihrer Gültigkeit die Anzahl der Arbeitnehmer des Nachunternehmers enthalten, die bei der jeweiligen Krankenkasse versichert sind. Die Anzahl der in den Bescheinigungen genannten Personen muss ausreichen, um die Arbeiten durchführen zu können.

Ab einem geschätzten Gesamtwert aller für das entsprechende Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 500.000 Euro (§ 28e Abs. 3d SGB IV) greift die Haftung des § 28e Abs. 3a SGB IV. Nicht entscheidend ist das einzelne Auftragsvolumen, es kommt auf die Summe aller Bauleistungen des Hauptunternehmers und aller Nachunternehmer an. Für die Schätzung gilt § 3 Vergabeordnung (VgV). Nach § 3 Abs. 10 VgV ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswertes der Tag der Absendung der Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe oder die sonstige Einleitung des Vergabeverfahrens. Da § 28e Abs. 3a SGB IV nicht nur bei öffentlichen, sondern bei jeglichen Bauvorhaben gilt, ist § 3 Abs. 10 VgV dahingehend zu verstehen, dass es auf den geschätzten Auftragswert der Gesamtleistung im Zeitpunkt der Beauftragung des Nachunternehmers ankommt. Allerdings muss insbesondere auch § 3 Abs. 2 VgV beachtet werden, wonach der Wert eines beabsichtigten Auftrages nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt werden darf, ihn der Anwendung dieser Bestimmung zu entziehen.

Im Hinblick auf die Gefahren einer Haftung nach § 28e Abs. 3a SGB IV erscheint es deswegen ratsam, die Auftragssumme der Gesamtleistung - sofern diese nicht schon feststeht - bei der Entscheidung über die vertragliche Gestaltung der Nachunternehmerverträge und der Frage einer Absicherung genau zu prüfen. Diese Einschränkung gilt nicht für die Haftung des Hauptunternehmers bezüglich des Beitrages zur gesetzlichen Unfallversicherung, da § 150 Abs. 3 SGB VII nur auf § 28e Abs. 3a SGB IV verweist.

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