Sachstand:

Gemäß § 29 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Dabei gehört die kieferorthopädische Behandlung (Kfo-Behandlung) von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben, grundsätzlich nicht zur zahnärztlichen Behandlung (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V). Der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V befundbezogen die objektiv überprüfbaren Indikationsgruppen, bei denen die in § 29 Abs. 1 SGB V genannten Voraussetzungen vorliegen. Dabei sind auch einzuhaltende Standards zur kieferorthopädischen Befunderhebung und Diagnostik vorzugeben (vgl. § 29 Abs. 4 SGB V). Darüber hinaus müssen die Leistungen nach § 12 Abs. 1 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Zur vertragszahnärztlichen Versorgung gemäß § 29 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit § 29 Abs. 4 SGB V gehört die gesamte Kfo-Behandlung, wenn bei ihrem Beginn mindestens ein Behandlungsbedarf "3" anhand der befundbezogenen kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG) - Anlage 1 zu den Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für die kieferorthopädische Behandlung (Kfo-Richtlinien) - festgestellt wird. Der Zahnarzt hat anhand der kieferorthopädischen Indikationsgruppen festzustellen, ob der Grad einer Fehlstellung vorliegt, für deren Behandlung der Versicherte einen Leistungsanspruch gegen die Krankenkasse hat. Mit den Kriterien zur Anwendung der kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG-System) soll der Zahnarzt bei der klinischen Untersuchung die Fehlstellung mit dem größten Behandlungsbedarf erkennen. Die kieferorthopädischen Indikationsgruppen (Befunde) sind in fünf Behandlungsbedarfsgrade eingeteilt. Nur bei den Graden 5, 4 und 3 hat der Versicherte einen Leistungsanspruch. Die Indikationsgruppen sind nach dem Behandlungsbedarf geordnet (vgl. Anlage 2 Abs. 1 der Kfo-Richtlinien). Die Bewertung und Zuordnung zu den Gruppen des kieferorthopädischen Indikationssystems (KIG) erfolgt unmittelbar vor Behandlungsbeginn (vgl. Anlage 2 Abs. 3 I – Grundsätzliches -, Nr. 1 der Kfo-Richtlinien). Kfo-Behandlungen erstrecken sich in der Regel über längere Zeiträume und schließen eine ausreichende Retentionsphase ein. Dabei sind Maßnahmen zur Retention bis zu zwei Jahren nach dem Ende des Kalendervierteljahres, für das die letzte Abschlagszahlung nach den Nummern 119, 120 geleistet worden ist, Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung, längstens bis zum Abschluss der Behandlung einschließlich der Retention (vgl. Abschnitt B Ziffer 13 Satz 1 und 2 der Kfo-Richtlinien). Gibt es im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung verschiedene, den gleichen Erfolg versprechende Arten der kieferorthopädischen Behandlung, so soll der Zahnarzt diejenige vorsehen, die auf Dauer am wirtschaftlichsten ist (vgl. Abschnitt B, Ziffer 9 der Kfo-Richtlinien).

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hat mit Schreiben vom 15. Januar 2003 den Entwurf eines Rundschreibens zur Kfo-Behandlung an die Spitzenverbände der Krankenkassen übersandt, in dem auch die Auswirkungen eines Wechsels von der privaten Krankenversicherung (PKV) in die GKV bei laufender Kfo-Behandlung aus der Sicht der KZBV dargestellt werden. Dabei werden folgende Auffassungen vertreten:

  1. Bei einem Wechsel innerhalb der GKV bleibt die zum Zeitpunkt des Behandlungsbeginns anhand der in den Kfo-Richtlinien festgelegten Kriterien zur Anwendung der kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG) getroffene Einstufung auch zum Zeitpunkt des Kassenwechsels unberührt. Es erfolgt also zum Zeitpunkt des Kassenwechsels keine erneute KIG-Einstufung auf der Basis der dann zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Befunde.
  2. Bei einem Wechsel von der PKV in die GKV hat zum Zeitpunkt des Eintritts in die GKV eine KIG-Einstufung auf der Grundlage der dann zum Zeitpunkt des Eintritts in die GKV maßgebenden aktuellen Befunde zu erfolgen. Die evtl. vor Beginn der privatzahnärztlichen Kfo-Behandlung – also ggf. zum Zeitpunkt einer PKV – getroffene Bewertung bzw. KIG-Einstufung ist ohne Bedeutung.
  3. Sofern bei gleicher Fallkonstellation der Patient zum Zeitpunkt des Wechsels von der PKV zur GKV das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist das Alter bei Beginn der Behandlung maßgebend. War der Patient zum Behandlungsbeginn noch keine 18 Jahre alt und liegt eine Behandlungsbedürftigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts in die GKV nach der KIG-Einstufung 3 oder höher vor, hat die Krankenkasse die Kosten der weiteren kieferorthopädischen Behandlung zu übernehmen.

Aus d...

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