Sachstand:
Die Krankenkasse erstattet nach § 29 Abs. 1 SGB V bzw. 90 v. H. der Kosten der im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung durchgeführten kieferorthopädischen Behandlung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Die Krankenkasse erstattet nach § 29 Abs. 3 SGB V Versicherten den von ihnen getragenen Anteil an den Kosten nach Absatz 1, wenn die Behandlung in dem durch den Behandlungsplan bestimmten erforderlichen Umfang abgeschlossen worden ist.
Für die Erstattung des Eigenanteils zuständig ist die Krankenkasse, bei der der Versicherte zu dem Zeitpunkt versichert war, an dem die Behandlung in dem durch Behandlungsplan bestimmten medizinsich erforderlichen Umfang angeschlossen wurde. Eine teilweise Rückforderung oder eine Verweisung zu anteiliger Kostenerstattung an früher zuständige Krankenkassen findet nicht statt. Dementsprechend ist ein teilweiser Ausgleich des vom Versicherten getragenen Eigenanteils nicht möglich, wenn der Versicherte während der laufenden Kfo-Behandlung aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschieden ist - z. B. Wechsel zur PKV - (vgl. Abschnitt 6 der Anmerkungen zu § 29 SGB V des Gemeinsamen Rundschreibens zu leistungsrechtlichen Vorschriften des Gesundheits-Reformgesetzes - GRG - der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 09.12.1988).
Mit Urteil vom 08.03.1995 ( 1 RK 12/94) hat das Bundessozialgericht (BSG) nunmehr entschieden, daß Betroffenen, die zum Zeitpunkt der Beendigung der Behandlung i. S. des § 29 Abs. 2 SGB V nicht mehr Versicherte der Krankenkasse sind, der Eigenanteil an den Kosten der Kfo-Behandlung zu erstatten ist, welcher während der Dauer der Mitgliedschaft entstanden ist.
Dadurch, daß die Krankenkasse zunächst nur 80 % der im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung durchgeführten kieferorthopädischen Behandlung übernimmt und der Versicherte selbst einen Anteil von 20 % tragen muß, wird er nach Ansicht des BSG angehalten, die Behandlung entsprechend dem Behandlungsplan durchführen zu lassen. Geschieht dies, soll dem Versicherten der von ihm zunächst getragene Eigenanteil erstattet werden. Da der Gesetzgeber allein dieses Ziel verfolgt hat, widerspräche es dem Zweck des § 29 SGB V, wenn dem Versicherten trotz planmäßigem Abschluß der kieferorthopädischen Behandlung die Erstattung des Eigenanteils nur deshalb verwehrt würde, weil er zwischenzeitlich als Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse ausgeschieden ist und ein privates Versicherungsunternehmen einen Teil der Behandlungskosten getragen hat. Soweit in § 29 (jetzt) Abs. 3 SGB V von "Versicherten" die Rede ist, darf die Vorschrift nach Ansicht des BSG nicht dahin ausgelegt werden, daß im Zeitpunkt der möglichen Kostenerstattung der Antragsteller noch Mitglied der Krankenkasse sein muß. Vielmehr ist der Begriff "Versicherte" dahin zu verstehen, daß die Kostenerstattung beschränkt sein soll auf den Teil der Kosten, der während des Versicherungsverhältnisses durch die kieferorthopädische Behandlung entstanden ist. Denn insoweit sind zwei Elemente des Anspruchs während der Mitgliedschaft verwirklicht; lediglich das dritte Element - der Behandlungsabschluß - liegt zeitlich nach dem Versicherungsverhältnis. Wollte man dagegen verlangen, daß der Antragsteller auch im Zeitpunkt der möglichen Kostenerstattung noch Versicherter ist, dann würden die von der Krankenkasse zu tragenden Kosten reduziert, obwohl die Behandlung planmäßig abgeschlossen ist. Für einen diesbezüglichen Willen des Gesetzgebers bedürfe es weiterer Anhaltspunke.
Über die Auswirkungen des Urteils des BSG vom 08.03.1995 in Bezug auf die Aussagen der Spitzenverbände der Krankenkassen hinsichtlich der Auszahlung des Eigenanteils bei kieferorthopädischer Behandlung (Grundanspruch und gegebenenfalls Kassenzuständigkeiten) war zu beraten.
Besprechungsergebnis:
Die Besprechungsteilnehmer sprechen sich dafür aus, daß aufgrund des BSG-Urteils vom 08.03.1995 die im Gemeinsamen Rundschreiben vom 09.12.1988 gegebene Empfehlung der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Auszahlung des Eigenanteils durch die zuletzt zuständige Krankenkasse grundsätzlich aufrecht gehalten wird.
Der vom Versicherten getragene Anteil ist - wenn die Behandlung in dem durch Behandlungsplan bestimmten medizinsich erforderlichen Umfang abgeschlossen wurde - von der letzten Krankenkasse allerdings auch zu erstatten, wenn der Versicherte vor Behandlungsabschluß aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschieden ist. Zu erstatten ist dabei der während der Versicherungszeit in der GKV angefallene Anteil.