6101 Augenzittern der Bergleute
Augenzittern der Bergleute
Merkblatt zu BK Nr. 40 der Anl. 1 zur 7. BKVO
(Bek. des BMA v. 14. 6. 1962, BArbBl 1962, 136f)
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Die Erkrankung kann bei im Untertagebetrieb tätigen Personen vorkommen. Überwiegend werden Bergleute befallen, die in engster Berührung mit dem Fördergut am Kohlenstoß stehen.
Für die Entstehung dieser Erkrankung kommen verschiedene Ursachen (Ursachenbündel) in Frage.
Einerseits handelt es sich um äußere Noxen, die bei der Auslösung des Augenzitterns der Bergleute (auch Bergmannsnystagmus genannt) wesentlich sein dürften, insbesondere die mangelnde Helligkeit am Arbeitsplatz sowie die Verunreinigung der Grubenluft unter Tage durch Methan und andere Spuren atmungsfremder Gase. Daneben spielen dispositionelle Faktoren eine Rolle.
Die Bewertung der von außen kommenden Einflüsse ist erschwert, weil in der Regel mehrere Jahre lang dauernde Einwirkungen der Noxen Voraussetzung für die Entstehung des Augenzitterns der Bergleute sind.
Es hat sich gezeigt, daß mit zunehmender Verbesserung der Arbeitsbedingungen unter Tage - ortsfest beleuchtete und besser bewetterte Abbaubetriebe in langen Abbaustrecken im Gegensatz zu kleinen Streb- und Ortsbetrieben das Augenzittern der Bergleute seltener wird.
II. Krankheitsbild und Diagnose
Das Augenzittern besteht in einem wechselnden, aber für den einzelnen gleichbleibenden, mehr oder weniger stark störenden Zittern der Augäpfel, pendelförmig, oft mit Rucken untermischt. Die Frequenzen liegen im allgemeinen bei 100 bis 400 Pendelschwingungen je Minute. Die Schwingungsfrequenzen beider Augen sind gleich. Die Schwingungsrichtungen können aber ebenso wie die Ausschlagsgrößen (Amplituden) rechts oder links verschieden groß sein.
Die Unterscheidung des Augenzitterns der Bergleute von dem angeborenen Augenzittern, dem Augenzittern bei sehuntüchtigen Augen (Amblyopen-Nystagmus) oder dem durch bestimmte organische Erkrankungen oder durch schwere Arzneimittelvergiftungen hervorgerufenen Augenzittern ist schwierig und in der Regel nur durch einen Augenarzt, der über spezielle Kenntnisse des Nystagmus verfügt, möglich.
Manchmal tritt das Augenzittern der Bergleute, wenn es im Hellen zum Stillstand gekommen oder nicht manifest ist, erst nach längerem Aufenthalt im Dunkeln wieder in Erscheinung.
Der Bergmannsnystagmus kann durch die sogenannten Scheinbewegungen die Sehschärfe beeinträchtigen, Schwindel und Unsicherheitsgefühl hervorrufen und dadurch die Leistungsfähigkeit mindern.
Bei schweren Fällen dieser Erkrankung besteht Nystagmus auch beim Blick geradeaus oder sogar in der unteren Blickfeldhälfte.
III. Hinweise für die ärztliche Beurteilung
Die Begutachtung sollte durch einen Augenarzt, der über spezielle Kenntnisse des Bergmannsnystagmus verfügt, erfolgen, weil die Differentialdiagnose schwierig sein kann.
In Zweifelsfällen ist zum Ausschluß organischer Erkrankungen des Nervensystems Begutachtung durch den Neurologen, evtl. auch durch andere Fachärzte, erforderlich.
Der Erkrankte soll zu einem Arbeitsplatzwechsel, möglichst nach über Tage, angehalten werden. Die Prognose ist günstig, und die Leistungsminderung meist nur vorübergehend. Auch der schwere Bergmannsnystagmus ist in der Regel nach zwei Jahren ausgeheilt.