Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiladung der Erben bei Gewinnfeststellung und bei offensichtlicher Unzulässigkeit der Klage; Gültigkeit allgemeiner Gewinnermittlungsgrundsätze bei Beteiligung einer inländischen KG an österreichischer KG
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einheitlicher und gesonderter Gewinnfeststellung sind die Erben eines verstorbenen Mitunternehmers notwendig beizuladen. Sind diese unbekannt, ist für den Prozeß ein Pfleger zu bestellen.
2. Hat der Kläger seine Klagebefugnis nicht dargetan (§ 40 Abs. 2 FGO), so kann eine notwendige Beiladung wegen offensichtlicher Unzulässigkeit der Klage unterbleiben.
3. Die zu § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG entwickelten Gewinnermittlungsgrundsätze gelten auch, wenn eine inländische KG an einer österreichischen GmbH & Co. KG beteiligt ist.
4. Die (jüngere) Rechtsprechung des BFH zur Gewinnermittlung bei Leistungsaustausch zwischen Schwestergesellschaften bzw. mitunternehmerischer Betriebsaufspaltung berührt nicht die Gewinnermittlungsgrundsätze bei unmittelbaren Leistungsbeziehungen zwischen mitunternehmerischer Ober- und Untergesellschaft.
5. Ist eine inländische KG an einer österreichischen GmbH & Co. KG beteiligt, so sind Darlehen und Bürgschaften der inländischen KG an die bzw. zugunsten der österreichischen KG und die Beteiligung der inländischen KG an der österreichischen Komplementär-GmbH nicht in der Steuerbilanz der inländischen KG zu erfassen. Die mitunternehmerischen Gewinne/Verluste der österreichischen GmbH & Co. KG können ―soweit nicht § 2 Abs. 1 AIG (heute: § 2a Abs. 3 EStG) greift― nur in Österreich besteuert werden.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3; DBA AUT Art. 4, 14; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; AuslInvG § 2 Abs. 1; BewG § 95 Abs. 1, § 97 Abs. 1 Nr. 5 S. 2; AO 1977 § 176 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 242
Verfahrensgang
Hessisches FG (Dok.-Nr. 0144870; EFG 1998, 480) |
Tatbestand
A.
Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die in den Streitjahren (1981 bis 1986) zunächst aus einer Komplementär-GmbH und fünf Kommanditisten bestand. Einer der Kommanditisten (O) schied mit Wirkung zum 1. Juli 1984 aus der Klägerin aus. Er verstarb im Jahr 1991.
Bereits vor den Streitjahren hatte die Klägerin zur Ausweitung ihres Geschäftsbetriebs eine österreichische GmbH & Co. KG (A-KG) gegründet, deren alleinige Kommanditistin sie war. Sie hielt ferner seit 1978 sämtliche Anteile an der österreichischen Komplementär-GmbH (A-GmbH). Durch Beschluß des Handelsgerichts Wien vom 29. Oktober 1981 wurde über das Vermögen der A-KG das Vergleichsverfahren eröffnet, das später in ein Anschlußkonkursverfahren überging.
In den Jahren 1976 und 1978 hatte die Klägerin der A-KG "Unterstützungszahlungen" in einer Gesamthöhe von 1,2 Mio. DM gewährt, die sie in ihren Vorjahresbilanzen als Darlehensforderungen ausgewiesen hatte. Bei einer Vor-Betriebsprüfung war diese Aktivierung rückgängig gemacht worden. Im Rahmen einer Außenprüfung für die Streitjahre beantragte die Klägerin, die Darlehensforderungen erneut zu aktivieren und wegen der Eröffnung des Vergleichsverfahrens im Streitjahr 1981 auf 0 DM abzuschreiben.
Zur Absicherung von Krediten, die die A-KG aufgenommen hatte, hatte die Klägerin ferner gegenüber Banken Ende der 70iger Jahre Bürgschaften übernommen, aufgrund derer sie in den Streitjahren in Anspruch genommen wurde. Sie zahlte hierfür ―neben Zinsen und Avalgebühren― 1981 488 488 DM und stellte für künftige Zahlungen 1 104 886 DM zurück. Die Rückstellung löste sie in den Streitjahren entsprechend den tatsächlichen Zahlungen auf. Im Jahr 1982 fielen noch weitere Bürgschaftsaufwendungen in Höhe von 990 DM an.
Die Klägerin aktivierte ihre Beteiligung an der A-KG und an der A-GmbH in ihren Steuerbilanzen und schrieb diese nach Eröffnung des Vergleichs- bzw. Konkursverfahrens der A-KG auf 0 DM ab.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) erkannte im Anschluß an die Außenprüfung der Streitjahre weder die Teilwertabschreibungen auf das Darlehen noch auf die Beteiligungen an und behandelte die sich aus den Bürgschaftsverpflichtungen zugunsten der A-KG ergebenden Aufwendungen als Privatentnahmen. Das anschließende Klageverfahren, in dem die Klägerin ihren Standpunkt, auch der Verlust des Wertes ihrer Kommanditbeteiligung mindere ihren (eigenen) Steuerbilanzgewinn, aufgab, hatte keinen Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1998, 480). Von einer Beiladung der Erben des O hat das Finanzgericht (FG) mit der Begründung abgesehen, daß es diese nicht habe ermitteln können.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung der Art. 4, 11 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen sowie der Gewerbesteuern und Grundsteuern (DBA-Österreich), § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 176 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 und § 181 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 und § 163 AO 1977 und beantragt,
1. das Urteil des FG aufzuheben,
2. die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für die Veranlagungszeiträume 1981 bis 1985, die Bescheide über die Gewerbesteuermeßbescheide für die Erhebungszeiträume 1981 bis 1985 und
die Bescheide über den Einheitswert auf den 1. Januar 1982, 1. Januar 1983, 1. Januar 1984, 1. Januar 1985, 1. Januar 1986 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. August 1989 zu ändern, wobei folgendes zu berücksichtigen ist:
a) Die gewinnmindernde Abschreibung des im Kalenderjahr 1976 von der Klägerin an die A-KG gewährten Darlehens im Veranlagungsjahr 1981 in Höhe von 200 000 DM,
b) die gewinnmindernde Abschreibung des im Kalenderjahr 1978 von der Klägerin an die A-KG gewährten Darlehens im Veranlagungsjahr 1981 in Höhe von 1 Mio. DM,
c) die gewinnmindernde Abschreibung der Beteiligung an der A-GmbH im Veranlagungsjahr 1981 in Höhe von 41 028 DM,
d) die gewinnmindernde Berücksichtigung von Bürgschaftsaufwendungen, Avalgebühren und Zinsen im Jahre 1981 in Höhe von 1 624 339,45 DM und im Jahre 1982 in Höhe von 990 DM, die von der Klägerin im Zusammenhang mit der Absicherung von Krediten an die A-KG geleistet wurden und
e) die vermögensmindernde Berücksichtigung von Rückstellungen für drohende Inanspruchnahme aus Bürgschaft in folgender Höhe:
31. Dezember 1981/1. Januar 1982 |
1 104 886,45 DM |
31. Dezember 1982/1. Januar 1983 |
766 554,69 DM |
31. Dezember 1983/1. Januar 1984 |
466 554,69 DM |
31. Dezember 1984/1. Januar 1985 |
166 554,69 DM |
31. Dezember 1985/1. Januar 1986 |
85 269,14 DM |
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B.
Die Revision ist betreffend Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1984 unzulässig, betreffend Gewinnfeststellung 1981, 1982 und Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1982, 1. Januar 1983 begründet und im übrigen unbegründet.
I. Die Revision in Sachen Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1984 ist unzulässig, da das FG hierüber nicht entschieden hat und es daher an einer Beschwer durch das angefochtene Urteil fehlt (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., Vor § 115 Rdnr. 12, m.w.N.).
II. In Sachen Gewinnfeststellung 1983 bis 1985 ist die Revision schon mangels Klagebefugnis unbegründet. Nach § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Da ertragsteuerlich die Behandlung der Darlehen, der Beteiligung an der A-GmbH und die Bürgschaftsverpflichtungen nur die Streitjahre 1981 und 1982 betreffen (s. auch Klageantrag), fehlt es insoweit an einer Beschwer für die übrigen Streitjahre.
III. In Sachen Gewinnfeststellung 1981, 1982 und Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1982, 1. Januar 1983 ist die Vorentscheidung wegen unterlassener notwendiger Beiladung aufzuheben.
1. Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte zu einem finanzgerichtlichen Verfahren beizuladen (notwendige Beiladung), wenn sie am Verfahren derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nur für diejenigen Mitberechtigten nicht, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO). Aus der genannten Regelung folgt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), daß zum Klageverfahren einer Personenhandelsgesellschaft in Sachen Gewinnfeststellung oder Einheitswert des Betriebsvermögens ein von der Feststellung betroffener, aber später ausgeschiedener Gesellschafter notwendig beizuladen ist (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 19. Juni 1990 VIII B 3/89, BFHE 161, 404, BStBl II 1990, 1068; BFH-Urteile vom 28. Juni 1995 II R 35/94, BFH/NV 1996, 146; vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544; vom 9. April 1991 IX R 78/88, BFHE 163, 517, BStBl II 1991, 809). Ist der nach diesen Grundsätzen beizuladende Gesellschafter zwischenzeitlich verstorben, so sind dessen Erben beizuladen (BFH-Urteile vom 23. Mai 1973 I R 121/71, BFHE 110, 1, BStBl II 1973, 746; vom 17. Mai 1995 II R 29/93, BFH/NV 1996, 49; in BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544). Notfalls ist die Bestellung eines Pflegers gemäß § 1913 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Betracht zu ziehen (BFH-Urteil vom 24. Juni 1981 I R 239/78, nicht veröffentlicht; vgl. ähnlich zum Fall einer gelöschten Komplementär-GmbH BFH-Urteil vom 10. November 1993 I R 68/93, BFH/NV 1994, 798, m.w.N.).
Allein der Hinweis des FG, aufgrund der bisherigen Ermittlungen sei die Person des Erben des O nicht feststellbar gewesen, rechtfertigt es nicht, von einer notwendigen Beiladung Abstand zu nehmen. Da das Unterlassen einer notwendigen Beiladung gegen die Grundordnung des Verfahrens verstößt und folglich von Amts wegen zu berücksichtigen ist, ist die Vorentscheidung insoweit wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben. Im 2. Rechtsgang wird das FG weitere Ermittlungen zur Person des Erben (z.B. Anfrage bei der letzten Ehefrau des O) anstellen und notfalls die Bestellung eines Pflegers für unbekannte Beteiligte nach § 1913 BGB veranlassen müssen.
2. Von einer Beiladung betreffend Gewinnfeststellung 1983 bis 1985 ist abzusehen, da insoweit die Klage offensichtlich unzulässig ist.
Wenngleich im Grundsatz auch bei einer unzulässigen Klage notwendig beizuladen ist, so entspricht es mittlerweile ständiger Rechtsprechung, daß eine notwendige Beiladung bei offensichtlicher Unzulässigkeit der Klage unterbleiben kann (z.B. BFH-Urteil vom 9. Mai 1979 I R 100/77, BFHE 128, 142, BStBl II 1979, 632; BFH-Beschluß vom 15. Mai 1997 IV R 85/96, BFH/NV 1997, 791, m.w.N.). Dies gilt insbesondere, wenn die Klage ―wie im Streitfall― mangels Klagebefugnis zu verwerfen ist, da nach ausdrücklichem Wortlaut des § 40 Abs. 2 FGO der Kläger geltend machen muß, in seinen Rechten verletzt zu sein.
3. Eine Beiladung in Sachen Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1985 und 1. Januar 1986 kommt nicht in Betracht, da O von diesen Feststellungen aufgrund seines Ausscheidens Mitte 1984 nicht mehr betroffen ist.
4. Da nach § 5 Abs. 1 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) die Mitunternehmerschaft Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer ist, sind die Mitunternehmer nicht am finanzgerichtlichen Verfahren beteiligt. Die Erben des O sind in Sachen Gewerbesteuermeßbeträge nicht notwendig beizuladen (Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 3. Aufl., § 5 Rdnr. 13).
IV. In der Sache kann die Revision, soweit über sie nach oben unter III. Gesagtem zu entscheiden ist, keinen Erfolg haben. Die Wertminderungen in der Beteiligung der Klägerin an der A-GmbH, die von der Klägerin der A-KG gewährten Darlehen und die aus den von ihr eingegangenen Bürgschaftsverpflichtungen resultierenden Verpflichtungen finden in der (eigenen) Steuerbilanz der Klägerin nach deutschem Steuerrecht keinen Niederschlag. Sie sind in der Steuerbilanz der A-KG zu berücksichtigen, deren Einkünfte nach Art. 1, 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 DBA-Österreich im Inland nicht besteuert werden können.
1. Nach § 7 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Bei der Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags besteht keine Bindung an einen Gewinnfeststellungsbescheid (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11. Dezember 1997 III R 14/96, BFHE 184, 177; Finanz-Rundschau ―FR― 1998, 607).
a) Für die zu Gewerbesteuerzwecken durchzuführende Gewinnermittlung bei Mitunternehmerschaften gelten im Prinzip dieselben Grundsätze wie für die Einkommensteuer (vgl. z.B. Glanegger/ Güroff, a.a.O., § 7 Rdnr. 3, m.w.N.; Blümich/von Twickel, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 7 GewStG Rdnr. 84). Zu den in Bezug genommenen Gewinnermittlungsvorschriften gehört daher auch § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu Sonderbetriebseinnahmen/-ausgaben und Sonderbetriebsvermögen gelten gleichermaßen (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C. III. 6. b bb, m.w.N.). Daraus folgt für den Fall einer doppelstöckigen gewerblich tätigen Personengesellschaft ―wie im Streitfall―, daß Vorgänge, die das aktive oder passive Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers betreffen und bei der Ermittlung des Gewinns der Untergesellschaft zu berücksichtigen sind, nicht noch einmal in der Steuerbilanz des Mitunternehmers angesetzt werden können.
b) Hierzu gehören nach ständiger Rechtsprechung des BFH Verpflichtungen bzw. Aufwendungen, die sich aus einer gesellschaftlich veranlaßten Bürgschaftsübernahme des Mitunternehmers zugunsten der Unternehmerschaft ergeben (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9. Februar 1993 VIII R 29/91, BFHE 171, 419, BStBl II 1993, 747; vom 14. Dezember 1995 IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226, m.w.N.; Schmidt, Einkommensteuergesetz, § 15 Rdnr. 645, 524). Entsprechendes gilt grundsätzlich auch für Darlehensforderungen des Gesellschafters an die Mitunternehmerschaft (z.B. BFH-Urteil vom 19. Mai 1993 I R 60/92, BFHE 171, 293, BStBl II 1993, 714, m.w.N.). Darlehen und Bürgschaftsverpflichtungen werden danach als Einlage und damit als Eigenkapital der Untergesellschaft behandelt (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 171, 293, BStBl II 1993, 714, m.w.N.; in BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226, m.w.N.).
Auch dem Ansatz der mitunternehmerischen Beteiligung in der Handelsbilanz der Obergesellschaft kommt steuerrechtlich keine Bedeutung zu. Die Beteiligung des Mitunternehmers an der Komplementär-GmbH der (Unter-)KG gehört zum Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers bei der Mitunternehmerschaft (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16. Mai 1995 VIII R 18/93, BFHE 178, 52, BStBl II 1995, 714, m.w.N.; Schmidt, a.a.O., § 15 Rdnr. 714, m.w.N.).
c) Diese Grundsätze gelten auch, wenn die mitunternehmerische Beteiligung vom Mitunternehmer ―wie im Streitfall― in einem Gewerbebetrieb gehalten wird. Seit der Entscheidung des erkennenden Senats vom 18. Juli 1979 I R 199/75 (BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 759) entspricht es ständiger Rechtsprechung des BFH, § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht nur als Qualifikationsnorm, sondern als Zurechnungsnorm zu beurteilen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 28. November 1991 XI R 14/90, BFH/NV 1992, 377, m.w.N.; vom 13. Juli 1993 VIII R 50/92, BFHE 173, 28, BStBl II 1994, 282, m.w.N.).
Daran hat sich durch die (jüngere) Rechtsprechung zum Leistungsaustausch zwischen Schwestergesellschaften/mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung nichts geändert (vgl. BFH-Urteile vom 24. November 1998 VIII R 61/97, FR 1999, 260; vom 20. November 1994 VIII R 63/93, BFHE 177, 28, BStBl II 1996, 93; vom 26. November 1996 VIII R 42/94, BFHE 182, 101, BStBl II 1998, 328; vom 16. Juni 1994 IV R 48/93, BFHE 175, 109, BStBl II 1996, 82; vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325; vom 16. Dezember 1997 VIII R 11/95, BFHE 185, 205, BStBl II 1998, 379). Diese Entscheidungen betreffen nur das Konkurrenzverhältnis zwischen zwei Schwesterpersonengesellschaften und damit mittelbare Beteiligungsverhältnisse (BFH-Urteil vom 13. November 1997 IV R 67/96, BFHE 184, 512, BStBl II 1998, 254), nicht aber die unmittelbaren steuerlichen Rechtsverhältnisse zwischen einer Obergesellschaft zur mitunternehmerischen Untergesellschaft. In diesem Sinne hat der BFH auch in BFHE 177, 28, BStBl II 1996, 93 die Entscheidung des erkennenden Senats in BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750 ausdrücklich bestätigt (vgl. auch Kempermann, in Festschrift Flick, S. 445, 449; Schmidt, a.a.O., § 15 Rdnrn. 605, 533).
d) Die Entscheidungen des BFH zur mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung haben allerdings die Diskussion erneut aufleben lassen, ob nicht generell zur sog. Subsidiaritätstheorie, die in der Literatur bis zur Entscheidung des Senats in BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750 überwiegend vertreten wurde, zurückgekehrt werden sollte (vgl. z.B. Schmidt in Freundesgabe für Haas, Steuerrecht und Gesellschaftsrecht als Gestaltungsaufgabe, S. 321; Söffing, Der Betrieb ―DB― 1995, 1582, Betriebs-Berater ―BB― 1997, 337; Bordewin, Deutsche Steuer-Zeitung ―DStZ― 1997, 98; Groh, DStZ 1996, 673; Kempermann, a.a.O., S. 449; R. Schmid, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1997, 941; Neu, DStR 1996, 1757; Berz/Müller, DStR 1996, 1919; Patt/ Rasche, GmbH-Rundschau ―GmbHR― 1997, 481; Brandenberg, Steuerberater-Jahrbuch ―StbJb― 1996/1997, 297; Neufang, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1996, 743). Der Senat sieht insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit und der gleichmäßigen steuerlichen Behandlung (Art. 3 des Grundgesetzes ―GG―) keinen Anlaß, von der mittlerweile ständigen und von ihm initiierten Rechtsprechung des BFH wieder Abstand zu nehmen und sich nunmehr für die von ihm seinerzeit abgelehnte Subsidiaritätstheorie auszusprechen. Der Kontinuität der Rechtsprechung kommt große Bedeutung zu. Sie dient der von Art. 20 Abs. 3 GG umfaßten Rechtssicherheit und kann nur aus wichtigem Grund aufgegeben werden (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Allein die Tatsache, daß die Ablehnung der Subsidiaritätstheorie durch die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Literatur keine uneingeschränkte Zustimmung gefunden hat, ist kein wichtiger Grund zur Aufgabe jahrzehntelanger Rechtsprechung.
e) Die zu § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG aufgezeigten Gewinnermittlungsgrundsätze gelten auch bei grenzüberschreitenden mitunternehmerischen Beteiligungen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 171, 293, BStBl II 1993, 714; vom 27. Februar 1991 I R 15/89, BFHE 164, 38, BStBl II 1991, 444; vom 31. Mai 1995 I R 74/93, BFHE 178, 74, BStBl II 1995, 683, jeweils m.w.N.).
aa) Aus dem Abkommensrecht (hier: DBA-Österreich) ergeben sich keine abweichenden Gewinnermittlungsgrundsätze. Die Art und Weise, in der die Einkünfte der im Inland ansässigen Steuerpflichtigen zu ermitteln sind, bestimmt sich ausschließlich nach inländischem Recht. Das Abkommensrecht befaßt sich "nur" mit der Vermeidung einer Doppelbesteuerung (vgl. Art. 1 Abs. 1 DBA-Österreich). Nicht zum Regelungsgegenstand der DBA gehören grundsätzlich die Zurechnung der Einkünfte (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1997 I R 35/96, BFHE 184, 476, BStBl II 1998, 235), die Einkunftsermittlung (vgl. BFH-Urteile vom 16. Februar 1996 I R 43/95, BFHE 180, 286, BStBl II 1997, 128; vom 22. Mai 1991 I R 32/90, BFHE 165, 197, BStBl II 1992, 94) und die inländische (subjektive oder objektive) Steuerpflicht (vgl. BFH-Urteil vom 21. Mai 1997 I R 79/96, BFH/NV 1997, 760). DBA begründen, soweit sie nicht ausdrückliche gegenteilige Regelungen enthalten, kein nach inländischem Recht nicht bestehendes Besteuerungsrecht. Sie führen nicht zur Erfassung von Einkünften, die nach inländischem Steuerrecht beim Steuerpflichtigen nicht zu erfassen sind (BFHE 171, 293, BStBl II 1993, 714 zum DBA-Frankreich). Daran vermag auch die von der Klägerin angesprochene Tatsache nicht zu ändern, daß das DBA-Österreich eine dem Art. 3 Abs. 2 des Musterabkommens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aus 1977 (OECD-MustAbk) entsprechende Regelung nicht enthält. Sinn und Zweck der Verweisung in Art. 3 Abs. 2 OECD-MustAbk sind zwar streitig (vgl. z.B. Debatin/Wassermeyer, Art. 3 MA Rdnr. 71, m.w.N.). Inhaltlich enthält diese Vorschrift jedoch schon ihrem Wortlaut nach lediglich Auslegungsgrundsätze, nicht aber vermag sie die Einkünftezurechnung, -qualifikation oder -ermittlung im jeweiligen Vertragsstaat entgegen der innerstaatlichen Rechtsordnung zu ändern.
bb) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Entscheidungen des erkennenden Senats in BFHE 164, 38, BStBl II 1991, 444, vom 27. Februar 1991 I R 96/89 (BFH/NV 1992, 385), in BFHE 178, 74, BStBl II 1995, 683, vom 23. Oktober 1996 I R 10/96 (BFHE 182, 51, BStBl II 1997, 313) oder vom 30. August 1995 I R 112/94 (BFHE 179, 48, BStBl II 1996, 563). Diese betreffen primär die rein abkommensrechtliche Frage nach der tatsächlichen Zugehörigkeit eines Vermögenswerts zu einer Betriebsstätte (vgl. z.B. Art. 10 Abs. 5, Art. 11 Abs. 5, Art. 12 Abs. 3 OECD-MustAbk) und damit die Abgrenzung der Besteuerungsrechte der Abkommensstaaten zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung. Der Senat kann offenlassen, ob diese Entscheidungen zugleich die zu § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG von der Rechtsprechung entwickelten Gewinnermittlungsgrundsätze abändern (bejahend Piltz in Fischer, Besteuerung internationaler Konzerne, 1993, S. 21, 43) und ob dies auch für die streitgegenständlichen (zinslosen) Unterstützungszahlungen, (avalgebührenfreie) Bürgschaften und/oder die Komplementärbeteiligung gelten kann. Die Grundsätze der Entscheidungen zum DBA-USA und DBA-Schweiz können auf das DBA-Österreich schon deswegen nicht ohne weiteres übertragen werden, weil Art. 4 DBA-Österreich keine mit Art. III Abs. 5 DBA-USA und Art. 7 Abs. 8 DBA-Schweiz vergleichbare Herauslösung der Einkünfte aus den Unternehmensgewinnen vorsieht, die in anderen Abkommensartikeln geregelt sind. Diese unterschiedliche Betrachtung hat ihre Grundlage in der Tatsache, daß in Österreich bei Mitunternehmerschaften mit dem deutschen Recht vergleichbare Gewinnermittlungsgrundsätze gelten und folglich anderenfalls der Verlust von (verdecktem) Eigenkapital sowohl in Österreich (als Minderung des Aufgabegewinns) als auch in Deutschland (als Minderung der laufenden Gewinne) berücksichtigt würde. Dies würde Sinn und Zweck der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) widersprechen (Gebot der Entscheidungsharmonie; vgl. hier: Österreichisch-deutsche Verständigung über DBA-Auslegungsfragen vom 7. Juli 1991, SWI 1991, 197 Nr. 1; Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, 3. Aufl., Einl. Rdnr. 74 ff.).
f) Die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung wird gewerbesteuerlich im Ergebnis auch von § 8 Nr. 8 GewStG bestätigt. Danach werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb Anteile am Verlust einer in- oder ausländischen KG wieder hinzugerechnet. Wenn zwar die von der Klägerin begehrten Gewinnminderungen dem Grunde und der Höhe nach nicht ihrem Gewinnanteil an der ausländischen KG entsprechen, so verdeutlicht doch § 8 Nr. 8 GewStG (vgl. auch § 2 Abs. 1, § 9 Nr. 2 GewStG), daß die bei der Untergesellschaft zu erfassenden Vorgänge nicht den Gewerbeertrag der Klägerin mindern dürfen. Entsprechendes gilt für die Ermittlung des Gewerbekapitals (§ 12 Abs. 3 Nr. 2 GewStG).
g) Aus dem oben Gesagten ergibt sich, daß es auf die Motive der Klägerin zur Gründung der A-KG, der Ausreichung von Darlehen sowie der Bürgschaftsübernahme nicht ankommt. Der von der Klägerin in diesem Zusammenhang gerügte Verstoß gegen § 76 Abs. 1 FGO ist daher unbegründet. Von einer näheren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
2. Die zu § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG aufgezeigten Grundsätze gelten auch für die aus der Bürgschaftsübernahme resultierenden Schulden im Rahmen der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens (§ 95 Abs. 1, § 97 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 Bewertungssteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung; BFH-Urteil vom 7. Dezember 1984 III R 35/79, BFHE 143, 87, BStBl II 1985, 236; Gürsching/Stenger, Bewertungsgesetz, § 97 Rdnr. 53.7). Die Vermögensbesteuerung folgt abkommensrechtlich dem Besteuerungsrecht der Einkünfte (Art. 14 Abs. 1 DBA-Österreich).
3. Dem Erlaß der angefochtenen Bescheide, die im Anschluß an eine Außenprüfung ergingen, stehen weder § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 noch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen.
a) Nach § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 darf bei Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids bzw. Feststellungsbescheids (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, daß sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind im Streitfall nicht erfüllt.
Soweit es um die Darlehen der Klägerin an die A-KG und die Aktivierung ihrer Beteiligung an der A-GmbH geht, so hat das FG festgestellt, daß diese Positionen bereits im Rahmen der Vorbetriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1972 bis 1979 in der Steuerbilanz der Klägerin ausgebucht wurden. Erst im Rahmen der Außenprüfung für die Streitjahre beantragte die Klägerin, die Darlehensforderungen und die Beteiligung wieder in ihre Gewinnermittlung aufzunehmen. Daraus ergibt sich, daß die Teilwertabschreibungen sich im jeweiligen Erstbescheid nicht gewinnmindernd ausgewirkt haben. Eine Änderung zuungunsten der Klägerin fand daher nicht statt.
Es kann offenbleiben, ob diese Überlegungen auch für die aus der Bürgschaftsübernahme resultierenden Verpflichtungen gelten. Selbst wenn das FA in den Erstbescheiden die Bürgschaftsverpflichtungen gewinnmindernd berücksichtigt haben sollte, so steht der Anwendung des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 die fehlende Rechtsprechungsänderung entgegen. Bürgschaftszahlungen eines Kommanditisten zugunsten einer KG wurden seit jeher als Einlagen behandelt und minderten folglich den Steuerbilanzgewinn des Bürgen nicht (vgl. BFH-Urteil vom 4. Juli 1974 IV R 166/70, BFHE 113, 30, BStBl II 1974, 677; Herrmann/Heuer/Raupach; Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, Erg. § 15 EStG Stand Mai 1976 Rdnr. 27 e).
b) Auch der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben hinderte das FA nicht, die sich aus der Rechtsprechung ergebenden steuerlichen Konsequenzen für die streitigen Veranlagungszeiträume zu ziehen. Mit dem Grundsatz von Treu und Glauben läßt sich keine dem Gesetz vorrangige Bindung der Verwaltung an eine frühere, rechtlich unzutreffende Auffassung begründen, und zwar auch dann nicht, wenn die Steuerpflichtigen sich hierauf in ihren Dispositionen eingestellt haben (vgl. z.B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 4 AO 1977, Tz. 56, m.w.N.). Der Grundsatz von Treu und Glauben ist kein den Gesetzen vorrangiges Recht.
Im übrigen wurden Darlehen des Gesellschafters einer Mitunternehmerschaft seit jeher wie Bürgschaftszahlungen (s.o.) in der Sonderbilanz des Mitunternehmers als Eigenkapital erfaßt (vgl. z.B. BFH in BFHE 113, 30, BStBl II 1974, 677; Schmidt, a.a.O., 2. Aufl., § 15 Anm. 84, m.w.N.). Ebenso wurden die einem Kommanditisten gehörenden Anteile an der Komplementär-GmbH stets als notwendiges Sonderbetriebsvermögen behandelt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. November 1967 IV R 139/67, BFHE 90, 399, BStBl II 1968, 152). Die Frage, ob hiervon eine Ausnahme zu machen sei, wenn Darlehen oder Anteile an der Komplementär-GmbH aufgrund der Gewerblichkeit des Mitunternehmers zu dessen Betriebsvermögen gehören, war seinerzeit zwar streitig. Es bestand aber kein Vertrauensschutz der Klägerin dahingehend, daß sich eine (möglicherweise) von der Verwaltung vertretene Auffassung im gerichtlichen Verfahren durchsetzen werde (vgl. wegen der Einzelheiten BFH in BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750).
Im übrigen ist für den Senat nicht ersichtlich, daß die Finanzverwaltung in Tz. 13 des Mitunternehmererlasses vom 20. Dezember 1977 (BStBl I 1978, 8) von der Rechtsprechung des BFH, wonach das von einem Mitunternehmer gewährte Darlehen oder eine Bürgschaftsverpflichtung Eigenkapital der Mitunternehmerschaft ist, eine Ausnahme machen wollte. Die Beteiligung an der Komplementär-GmbH wird von Tz. 13 des Erlasses ohnehin nicht erfaßt (vgl. Tz. 14).
Fundstellen
Haufe-Index 55394 |
BFH/NV 1999, 1270 |
BStBl II 2000, 399 |
BFHE 188, 315 |
BFHE 1999, 315 |
BB 1999, 1204 |
BB 1999, 2591 |
DB 1999, 1242 |
DStR 1999, 889 |
DStRE 1999, 485 |
DStZ 1999, 623 |
HFR 1999, 724 |
StE 1999, 345 |