Verfahrensgang
LG Neuruppin (Entscheidung vom 10.07.2006; Aktenzeichen 12 Qs 13/06) |
AG Neuruppin (Entscheidung vom 14.03.2006; Aktenzeichen 81 AR 12/05) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Neuruppin vom 10. Juli 2006 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die weitere Beschwerde der Landeskasse richtet sich gegen die durch den Beschluss der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Neuruppin vom 10. Juli 2006 bestätigte Entscheidung des Amtsgerichts Neuruppin vom 14. März 2006, die Beschwerdegegnerin, die Unfallkasse ..., Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung und Körperschaft des öffentlichen Rechts, sei nicht verpflichtet, für die Übersendung von Verfahrensakten eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Neuruppin eine Kostenpauschale in Höhe von 12,00 EUR zu entrichten.
Am 21. September 2005 hatte die Beschwerdegegnerin die Staatsanwaltschaft Neuruppin um Übersendung der Ermittlungsakte in dem Strafverfahren 372 Js 12213/05 gebeten, um prüfen zu können, ob bei dem verfahrensgegenständlichen Geschehen ein Arbeitsunfall gemäß § 8 SGB VII vorliege bzw. ob Regressansprüche nach §§ 116 SGB X, 110 SGB VII geltend zu machen seien.
Mit Kostenrechnung vom 10. Oktober 2005 forderte der Kostenbeamte der Staatsanwaltschaft Neuruppin die Beschwerdegegnerin gemäß Nr. 9003 des Kostenverzeichnisses (KV) zur Zahlung einer Aktenversendungspauschale in Höhe von 12,00 EUR auf. Gegen diesen Kostenansatz hat die Beschwerdegegnerin mit Anwaltsschriftsatz vom 18. Oktober 2005 Erinnerung eingelegt, der das Amtsgericht Neuruppin mit Beschluss vom 14. März 2006 abgeholfen hat. Gleichzeitig hat das Amtsgericht infolge der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage die Beschwerde gegen seine Entscheidung zugelassen.
Gegen den Beschluss des Amtsgerichts hat der Bezirksrevisor als Vertreter der Landeskasse am 30. März 2006 Beschwerde erhoben, welche die 2. große Strafkammer des Landgerichts Neuruppin mit Beschluss vom 10. Juli 2006 als unbegründet verworfen hat. Ihre Entscheidung hat die Kammer darauf gestützt, dass die Beschwerdegegnerin als Sozialversicherungsträger i.S.d. § 1 SGB IV bereits nach § 64 Abs. 2 S.1 SGB X von der Verpflichtung zur Zahlung der Auslagenpauschale befreit sei. Weil die zu Grunde liegende Rechtsfrage im Bezirk des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unterschiedlich behandelt werde und obergerichtlich noch nicht geklärt sei, hat die Strafkammer die weitere Beschwerde gegen ihre Entscheidung zugelassen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors als Vertreter der Landeskasse vom 18. Juli 2006, mit der er auch unter Bezugnahme auf vorhergehende Stellungnahmen eine Kostenfreiheit der Beschwerdegegnerin nach § 64 Abs. 2 S. 1 SGB X in Abrede stellt und weiter ausführt, dass es sich bei der Gewährung von Akteneinsicht um Rechtshilfe handele, welche keine Kostenfreiheit nach sich ziehe.
Die Kammer hat der weiteren Beschwerde mit Beschluss vom 18. September 2006 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die weitere Beschwerde der Landeskasse ist statthaft, bleibt in der Sache allerdings ohne Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 66 Abs. IV S. 2 GKG), sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1.
Die Landeskasse kann für die nach § 474 Abs. 2 StPO erfolgte Aktenversendung keine Auslagen geltend machen, da weder das GKG/KV noch die JVKostO/KostO eine den Auslagenerstattungsanspruch gegenüber der Beschwerdegegnerin begründende Kostennorm enthalten. Dafür ist ohne Bedeutung, ob die Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft oder ein Gericht gewährt wird und ob die Aktenversendung als Angelegenheit der Justizverwaltung oder als eine solche der Rechtspflege zu betrachten wäre. Eine Aktenversendungspauschale kann nämlich nur in Rechnung gestellt werden, wenn die Aktenversendung auf Antrag erfolgt. Sofern der Aktenübersendung demgegenüber - wie hier - ein Amtshilfeersuchen zugrunde liegt, hat eine Auslagenerstattung nicht zu erfolgen.
a)
Bei der - wie vorliegend - durch die Staatsanwaltschaft nach Abschluss eines Verfahrens gewährten Akteneinsicht an eine Behörde, die nicht Verfahrensbeteiligte ist, handelt es sich um eine Justizverwaltungsangelegenheit (vgl. BGHSt 46, 261; AG Verden, JurBüro 1987, 571; AG Osnabrück NdsRpfl 1990, 156; OLG Hamm NStZ-RR 1996, 11), sodass für die Geltendmachung einer Aktenversendungsauslage grundsätzlich nicht das GKG, sondern nach § 1 JKGBbg die JVKostO unter Verweis auf die KostO herangezogen werden müsste (vgl. AG Duisburg, DOK 1972, 533; AG Bonn, JVBl 1972, 118; AG Osnabrück, NdsRpfl 1990, 156). Dies ist in Bezug auf den Rechtsmittelweg allerdings unerheblich, da dieser nach dem GKG und der JVKostO gleichermaßen gegeben ist.
Mit dem im Rahmen des KostRÄndG 1994 neu eingeführten Auslagentatbestand im KV Nr. 9003,...