Leitsatz (amtlich)
1. Entscheidet der abgelehnte Richter selbst über ein gegen ihn gerichtetes Ablehnungsgesuch, obwohl weder eine Verfahrensverschleppungsabsicht noch ein sonstiger offensichtlicher Rechtsmissbrauch eindeutig und klar feststellbar war, steht dem Beschwerdegericht eine eigene Sachentscheidung nicht zu.
2. Die gem. § 43 ZPO verspätete Geltendmachung fuhrt nicht zur Unzulässigkeit, sondern zur Unbegründetheit des Ablehnungsgesuchs./
Normenkette
ZPO §§ 43, 45, 46 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Potsdam (Beschluss vom 12.02.2009; Aktenzeichen 51 O 128/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des LG Potsdam vom 12.2.2009 (51 O 128/08) aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 11.2.2009 an das LG Potsdam zurückverwiesen.
Gründe
Die Klägerin nimmt die Beklagte vor dem LG Potsdam - Kammer für Handelssachen - auf Unterlassung wettbewerbswidriger Behauptungen in Anspruch.
Die Vorsitzende Richterin der Kammer hat mit Verfügung vom 20.10.2008 das schriftliche Vorverfahren angeordnet und den Parteien unter Fristsetzung aufgegeben, mitzuteilen, ob mit einer Entscheidung der Sache durch die Vorsitzende allein gem. § 349 Abs. 3 ZPO Einverständnis bestehe. Die Beklagte hat durch ihren Prozessbevollmächtigten angezeigt, sich gegen die Klage verteidigen zu wollen, und hat mit Schriftsatz vom 19.11.2008 geltend gemacht, dass die Klägerin zahlungsunfähig sei und aufgrund eines beim C. vorliegenden Gläubigerantrags ohne gerichtliche Zustimmung zu keinen Verfügungen mehr befugt sei. Die Klage sei deshalb unzulässig, das Verfahren jedenfalls gem. § 240 ZPO unterbrochen. Gleichzeitig hat sich die Beklagte - ebenso wie bereits zuvor die Klägerin - mit einer Alleinentscheidung durch die Vorsitzende einverstanden erklärt.
Mit Verfügung vom 18.12.2008 hat die Vorsitzende Richterin Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 12.2.2009 anberaumt und die Beklagte "nochmals" um Mitteilung gebeten, ob Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden bestehe. Ferner hat sie die Parteien daraufhingewiesen, dass eine Unterbrechung nach § 240 ZPO schon deshalb nicht Betracht komme, weil die Klägerin keinen zur Vermehrung der Masse dienlichen Anspruch geltend mache.
Mit Schriftsatz vom 30.1.2009 hat die Beklagte auf die Klage erwidert und mitgeteilt, dass sie mit einer Entscheidung durch die Vorsitzende allein nicht einverstanden sei. Ferner hat sie die Aussetzung des Verfahrens nach § 248 ZPO beantragt. Mit Schriftsatz vom 11.2.2009 - per Telefax eingegangen am gleichen Tag - hat die Beklagte erklärt, dass sie die Vorsitzende Richterin am LG G. wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehne.
Das Ablehnungsgesuch hat sie zum einen daraufgestützt, dass die Vorsitzende Richterin in dem der Hauptsache vorausgegangenen einstweiligen Verfugungsverfahren zwischen den Parteien J Amtsermittlung betrieben habe, indem sie die mündliche Verhandlung in dieser Sache unterbrochen habe, um die Prozessakte des vorliegenden Rechtsstreites einzusehen. Die Beklagte habe im damaligen Widerspruchsverfahren gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung eingewendet, dass die Hauptsacheklage nicht an sie zugestellt worden sei, was der damalige Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin nicht habe entkräften können. Für die Beklagte dränge sich der Eindruck auf, dass die eigenmächtige Recherche der Vorsitzenden Richterin nach der Akte des Hauptsacheverfahrens nur dazu gedient habe, die einmal erlassene Einstweilige Verfügung aufrechterhalten zu können. Die Beklagte habe nun zu befürchten, dass sich diese einseitige Interessenwahrnehmung und unfaire Benachteiligung im vorliegenden Verfahren fortsetzen werde.
Dieser Eindruck werde zum anderen dadurch verstärkt, dass die Vorsitzende Richterin wiederholt Anfragen an die Beklagte nach § 349 Abs. 3 ZPO stelle, was die Beklagte so verstehe, dass die Richterin ohne Handelsrichter entscheiden wolle, um entsprechend frei agieren zu können. Dies belege, dass die abgelehnte Richterin nicht mehr mit der erforderlichen Distanz an die Sache herangehe und nicht mehr unbefangen im Sinne des Gesetzes sei.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.2.2009 das Original des Schriftsatzes betreffend das Ablehnungsgesuch überreicht hatte, wies die Vorsitzende Richterin das Gesuch durch Beschluss als unzulässig zurück, weil es keine Gründe enthalte und offensichtlich nur der Prozessverschleppung dienen solle. Auf die beiden genannten "Gründe" könne sich die Beklagte nicht berufen, weil die Beklagte hinsichtlich der beanstandeten Prozessführung im einstweiligen Verfugungsverfah-ren das Ablehnungsrecht gem. § 43 ZPO verloren habe, so dass es auch in der Hauptsache nicht wieder aufleben könne. Im Übrigen habe die Beklagte ihr Einverständnis mit der Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits durch die Vorsitzende allein bereits im Schriftsatz vom 19.11.2008 erklä...