Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Beschränkung der Bewilligung auf das konkrete Verfahren. Keine Geltung der Bewilligung im Wiederaufnahmeverfahren

 

Orientierungssatz

1. Ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt worden, gilt diese Entscheidung nur für den betreffenden Rechtszug (vgl § 73a Abs 1 SGG iVm § 119 Abs 1 Satz 1 ZPO). Dazu gehört das Wiederaufnahmeverfahren nach § 179 SGG iVm §§ 578 ff ZPO nicht. Es handelt sich bei entsprechenden Anträgen um außerordentliche Rechtsbehelfe zur Beseitigung der Rechtskraftwirkung von Entscheidungen.

2. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss wurde nicht zur Entscheidung angenommen ( BVerfG 1. Senat 3. Kammer vom 13.7.2004 - 1 BvR 2433/03).

 

Normenkette

SGG § 73a Abs. 1, § 179; ZPO § 119 Abs. 1 S. 1; SGG §§ 578, 578ff

 

Verfahrensgang

BSG (Entscheidung vom 05.11.2003; Aktenzeichen B 9 V 61/02 B)

Hessisches LSG (Entscheidung vom 03.09.2002; Aktenzeichen L 4 V 258/02)

SG Darmstadt (Entscheidung vom 11.02.2002; Aktenzeichen S 5 V 1666/01)

 

Gründe

Die Klägerin wendet sich mit einer "Restitutionsklage" gegen den Senatsbeschluss vom 5. November 2003 - B 9 V 61/02 B -, durch den ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 3. September 2002 als unzulässig verworfen worden ist. Dazu beantragt sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres bisherigen Prozessbevollmächtigten.

Dem Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin kann nicht stattgegeben werden.

Zwar ist der Klägerin mit Senatsbeschluss vom 11. Februar 2003 - B 9 V 61/02 B - für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt worden, diese Entscheidung gilt jedoch nur für den betreffenden Rechtszug (vgl § 73a Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 119 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫). Dazu gehört das von der Klägerin beabsichtigte Wiederaufnahmeverfahren nach § 179 SGG iVm §§ 578 ff ZPO nicht. Es handelt sich bei entsprechenden Anträgen um außerordentliche Rechtsbehelfe zur Beseitigung der Rechtskraftwirkung von Entscheidungen (vgl dazu Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 60. Aufl; Grundz § 558 ZPO RdNr 1 mwN). Mithin ist insoweit eine erneute Prozesskostenhilfebewilligung erforderlich (vgl dazu Reinhold in Thomas/Putzo, 25. Aufl., § 119 ZPO RdNr 10).

Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 166 Abs 2 SGG) in der Lage wäre, den Wiederaufnahmeantrag der Klägerin erfolgreich zu begründen. Wiederaufnahmegründe iS von § 179 SGG iVm §§ 578 ff ZPO sind nicht ersichtlich.

Die an dem Senatsbeschluss vom 5. November 2003 mitwirkenden Richter waren - entgegen der Annahme der Klägerin - nicht gemäß § 60 Abs 1 SGG iVm § 41 Nr 6 ZPO von der Amtsausübung ausgeschlossen (§ 579 Nr 2 ZPO). Dies wäre ua nur dann anzunehmen, wenn sie in derselben Sache bereits in einem früheren Rechtszuge an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben. Dafür ergeben sich hier keine Anhaltspunkte.

Soweit die Klägerin auf den Bescheid des Beklagten vom 28. November 2002 hinweist, ist nicht ersichtlich, dass diesbezüglich die Voraussetzungen des § 580 Nr 7 Buchst b ZPO vorliegen könnten. Danach findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei eine Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Davon kann hier schon deswegen nicht ausgegangen werden, weil die Klägerin den fraglichen Bescheid lange vor dem Senatsbeschluss vom 5. November 2003 erhalten hat und damit dem Gericht vorlegen konnte. Auf die Frage, ob dieser Bescheid überhaupt für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren hätte von Bedeutung sein können, kommt es daher nicht an.

Soweit die Klägerin geltend macht, es seien im Rahmen des Ausgangsverfahrens Straftaten begangen worden, ist darauf hinzuweisen, dass eine Restitutionsklage nach dem insoweit einschlägigen § 580 Nr 1 bis 5 ZPO nur dann stattfindet, wenn wegen der betreffenden Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweisen nicht erfolgen kann (vgl § 581 Abs 1 ZPO). Es ist nicht erkennbar, dass diese Voraussetzungen hier gegeben sein könnten.

Die von der Klägerin weiter vorgebrachte Rüge von Verstößen gegen § 62 SGG ist nicht geeignet, einen Wiederaufnahmeantrag zu begründen. Im Übrigen lässt die Klägerin unberücksichtigt, dass wegen des vor dem BSG geltenden Vertretungszwanges (vgl § 166 SGG) im Rahmen der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nur anwaltliches Vorbringen Berücksichtigung finden kann.

Der von der Klägerin persönlich gestellte Wiederaufnahmeantrag ist bereits deshalb unzulässig, weil sie insoweit nicht durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (vgl § 166 SGG) vertreten ist (vgl dazu BSGE 9, 55). Die Verwerfung des Wiederaufnahmeantrags erfolgt in entsprechender Anwendung des § 160a Abs 4 Satz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1755861

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