Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Oktober 2017 Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt S. ... beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger begehrt vom Beklagten Entschädigung wegen eines nach seiner Ansicht überlangen Klageverfahrens vor dem SG Konstanz (S 5 AS 2584/11) und Berufungsverfahrens beim LSG Baden-Württemberg (L 9 AS 1590/13).
Das LSG hat eine entschädigungsrelevante Verzögerung des gerichtlichen Verfahrens in beiden Instanzen von "ca. zwei Jahren" festgestellt, die auf Geldzahlung gerichtete Klage indes abgewiesen. Dem Kläger sei durch die unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens nur ein sehr geringer ausgleichspflichtiger immaterieller Schaden entstanden (Urteil vom 11.10.2017).
Mit seinem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine im Entwurf mitgeteilte Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt und sei von der Rechtsprechung des BSG abgewichen.
II
Der PKH-Antrag des Klägers ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Zur Begründung seines PKH-Antrags hat der Prozessbevollmächtigte bereits den Entwurf der beabsichtigten Nichtzulassungsbeschwerde begründet. Mit dem mitgeteilten Inhalt wäre sie als unzulässig anzusehen, weil sie die gesetzlichen Begründungsanforderungen verfehlt. Denn weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (1.) noch die behauptete Divergenz (2.) sind darin ordnungsgemäß dargetan (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit Wortlaut, Kontext und ggf der Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes sowie der einschlägigen Rechtsprechung auseinandersetzen (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 50 mwN).
Diese Anforderungen verfehlt die Antragsbegründung. Soweit es der Kläger für klärungsbedürftig hält, in welchem Umfang bei der Feststellung, was eine angemessene Kompensation sei, ein erhebliches Organisationsverschulden auf Seiten der Justiz zu berücksichtigen sei, hat er bereits keine eindeutige, mit ja oder nein zu beantwortende Frage zu einem konkreten gesetzlichen Tatbestandsmerkmal formuliert (zu diesem Erfordernis vgl BSG Beschluss vom 23.12.2016 - B 9 SB 53/16 B - Juris RdNr 10 mwN). Der Anspruch nach §§ 198 ff GVG ist zudem grundsätzlich verschuldensunabhängig (vgl BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 5/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 12 RdNr 30 mwN). Daher erschließt sich nicht, warum es überhaupt auf ein eventuelles Organisationsverschulden des Beklagten ankommen sollte. Eine strukturelle Überlastung der Gerichte des Beklagten und damit verbunden eine generelle Vernachlässigung des Anspruchs aus Art 6 Europäische Menschenrechtskonvention, Art 19 Abs 4 GG hat das LSG nicht festgestellt (vgl BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 7/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 10 RdNr 35 mwN).
Zudem legt der Kläger auch nicht substantiiert dar, aus welchen Feststellungen des LSG sich in seinem Fall ein erhebliches Organisationsverschulden welches Gerichts ergeben sollte. Allein die in der Beschwerde mitgeteilte Rechtsauffassung des Prozessbevollmächtigten, in Fällen der vorliegenden Art sei ein Organisationsverschulden dergestalt zu berücksichtigen, dass eine Entschädigung durch alleinige Feststellung der Überlänge ausgeschlossen sei, genügt dafür nicht.
Schließlich teilt der Kläger selber die - von ihm nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffene und daher für den Senat nach § 163 SGG bindende - Feststellung des LSG mit, das Verfahren sei für ihn von sehr geringer Bedeutung gewesen. Unter dieser Voraussetzung kann nach der Rechtsprechung des Senats abhängig von den - hier ebenfalls vom LSG bindend festgestellten - Einzelfallumständen eine schlichte Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs 2 S 2, Abs 4 S 1 GVG ausreichen (BSG Urteil vom 21.2.2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75 = SozR 4-1720 § 198 Nr 1, RdNr 45 ff). Damit fehlt es auch an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage.
2. Ebenso wenig legt der Kläger eine Divergenz in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN).
Nach Ansicht der Beschwerde weicht das LSG in seiner Bewertung der Bedeutung des Rechtsstreits maßgeblich von derjenigen des BSG in ständiger Rechtsprechung ab. Damit legt der Kläger indes keine Divergenz im Grundsätzlichen dar, sondern kritisiert die Rechtsanwendung des LSG im Einzelfall. Damit rügt er der Sache nach nur einen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unerheblichen Rechtsanwendungsfehler (error in iudicando): Die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG im Einzelfall ist indes nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Fundstellen
Dokument-Index HI11799749 |