Leitsatz (amtlich)

1. Führen zwei Kläger mit verschiedenem Gerichtsstand (SGG § 57) einen Rechtsstreit in notwendiger Streitgenossenschaft, so ist das zuständige Gericht von dem gemeinsam nächsthöheren Gericht zu bestimmen (SGG § 58 Abs 1 Nr 5, vergleiche auch ZPO § 36 Nr 3).

2. Hat das zunächst angegangene Sozialgericht die Klage eines der Streitgenossen nach SGG § 98 an ein anderes Gericht der Sozialgerichtsbarkeit verwiesen, so tritt eine Rechtslage ein, die der in SGG § 56 Abs 1 Nr 3 geregelten entspricht. Das gemeinsam nächsthöhere Gericht hat dann das zuständige Gericht zu bestimmen.

 

Normenkette

SGG § 57 Fassung: 1953-09-03, § 58 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1953-09-03, Nr. 5 Fassung: 1953-09-03, § 98 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Zuständiges Gericht ist das Sozialgericht Hamburg, soweit über die Versicherungspflicht des Antragstellers B zu entscheiden ist. Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Antragsteller bitten um Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 58 Abs. 1 und Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK.) H nimmt beide als Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf Zahlung von Beiträgen zur Angestelltenversicherung in Anspruch. In dem von den Antragstellern angefochtenen Bescheid und in dem Widerspruchsbescheid bejahte die AOK. nicht nur die Versicherungspflicht bezüglich der Beschäftigung des Antragstellers B, sondern auch bezüglich anderer Arbeitnehmer. Gegen den Widerspruchsbescheid erhoben die Antragsteller gemeinschaftlich Klage beim Sozialgericht (SG.) Hamburg. Dabei begehrt die Antragstellerin zu 1) auch die Feststellung, daß die anderen Arbeitnehmer versicherungsfrei gewesen seien, die ihrerseits den Widerspruchsbescheid nicht angefochten haben. Das SG. verwies durch Beschluß vom 4. November 1959 den Rechtsstreit gemäß § 98 SGG bezüglich der Antragstellerin zu 1) (M-P-G) an das für ihren Sitz zuständige SG. Hildesheim und setzte gleichzeitig das Verfahren bezüglich des Antragstellers zu 2) (Dr. B) bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Klage der Antragstellerin zu 1) aus. Die Antragsteller begründen ihren Antrag damit, über die Klage des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers in der Frage der Versicherungspflicht könne nur einheitlich entschieden werden, daher sei für den Rechtsstreit nur ein Gericht zuständig.

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts ist zulässig, weil durch die unzulässige Trennung der gemeinschaftlichen Klage der Antragsteller und den Verweisungsbeschluß nach § 98 SGG eine Rechtslage eingetreten ist, die der im § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGG geregelten entspricht.

Die gemeinschaftliche Klage des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers gegen den Verwaltungsakt, in dem die Beitragspflicht zur Angestelltenversicherung festgestellt und die rückständigen Beiträge erhoben werden, hat die beiden Kläger zu notwendigen Streitgenossen gemacht. Das Rechtsverhältnis kann ihnen gegenüber nur noch einheitlich festgestellt werden; Gegenstand des Verfahrens ist der eine, auf das Beschäftigungsverhältnis des Antragstellers B sich beziehende Bescheid. Es handelt sich somit um einen einzigen Rechtsstreit. Da nun die Beteiligten und das SG. Hildesheim an den Verweisungsbeschluß des SG. Hamburg gebunden sind, und da ferner das SG. Hamburg die Klage des Antragstellers B weder auf Antrag noch von Amts wegen an das SG. Hildesheim verweisen kann, ist die Lage ebenso, als wenn zwei Gerichte sich in einem einzigen Rechtsstreit rechtskräftig für zuständig erklärt hätten. Daher sind die Voraussetzungen zu einer Entscheidung nach § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGG gegeben. Zuständig für diese Entscheidung ist das Bundessozialgericht (BSG.) als das den beteiligten Gerichten gemeinsam nächsthöhere Gericht.

Da für die gemeinschaftliche Klage der als Arbeitnehmer und Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in Anspruch genommenen Antragsteller keine örtliche Zuständigkeit nach § 57 SGG gegeben ist, waren mit der Erhebung der gemeinschaftlichen Klage die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGG gegeben. Weil in der Sozialgerichtsbarkeit der Gerichtsstand nach dem Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Klägers und nicht - wie in der Zivilprozeßordnung (ZPO) - des Beklagten bestimmt ist, ist bei einer gemeinschaftlichen Klage von Streitgenossen mit verschiedenem Wohnsitz oder Aufenthaltsort eine dem § 36 Nr. 3 ZPO entsprechende Lage gegeben. Das SG. Hamburg durfte daher die gemeinschaftliche Klage auch auf Antrag nicht an ein anderes Gericht verweisen. Für die Bestimmung des zuständigen Gerichts war vielmehr von vornherein das BSG. als das gemeinsam nächsthöhere Gericht zuständig.

Als örtlich zuständiges Gericht bestimmt der Senat das SG. Hamburg, weil der Antragsteller zu 2) dort seinen Wohnsitz hat und er auch gleichzeitig zu dem Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin zu 1) gehört. Dieser Gerichtsstand ist deshalb geeignet, den Antragstellern die gerichtliche Erfüllung ihrer Ansprüche zu erleichtern.

Soweit sich der Antrag auch auf die Klage der Max-Planck-Gesellschaft gegen die Verwaltungsakte bezieht, die das Versicherungsverhältnis ihrer übrigen Arbeitnehmer betreffen, war er zurückzuweisen. Da in diesen Fällen die M-P-G allein klagt, waren nicht die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGG, sondern die Voraussetzungen des § 98 Abs. 1 SGG gegeben; denn die örtliche Zuständigkeit für diese Klage richtet sich ausschließlich nach dem Sitz der einzigen Klägerin. Für eine Entscheidung nach § 58 SGG ist daher insoweit kein Raum; der Verweisungsbeschluß ist für die Klage der M-P-G gegen diese Verwaltungsakte ordnungsgemäß ergangen und für die Beteiligten und das SG. Hildesheim bindend.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2325863

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