Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache. Impfschadensrecht. keine Beweislastumkehr. kein Vollbeweis für den Kausalitätsnachweis

 

Orientierungssatz

1. Wie das BSG bereits entschieden hat, kommt im Impfschadensrecht eine Beweislastumkehr in der Regel nicht in Betracht. Denn bereits das Gesetz sieht eine Beweiserleichterung - für die Anerkennung des Impfschadens als anspruchsbegründenden Umstand - vor (vgl BSG vom 27.8.1998 - B 9 VJ 2/97 R).

2. Impfgeschädigte müssen den Nachweis der Kausalität nicht im Vollbeweis erbringen (vgl § 61 S 1 IfSG).

 

Normenkette

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3; IfSG § 60 Abs. 1 S. 1, § 61 S. 1

 

Verfahrensgang

SG Nordhausen (Entscheidung vom 11.06.2014; Aktenzeichen S 7 VE 4717/10)

Thüringer LSG (Urteil vom 28.09.2017; Aktenzeichen L 5 VE 1265/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 28. September 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Versorgung wegen der Folgen einer Impfung.

Der Beklagte, das SG und das LSG haben den geltend gemachten Anspruch nach medizinischer Beweiserhebung verneint. Das nach der Impfung aufgetretene Krankheitsgeschehen sowie dessen Schädigungsfolgen seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die Impfung verursacht oder verschlimmert worden (LSG-Urteil vom 28.9.2017).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt.

II. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit Wortlaut, Kontext und ggf der Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes sowie der einschlägigen Rechtsprechung auseinandersetzen (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 50 mwN).

Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht. Soweit die Klägerin die Frage als Rechtsfrage für klärungsbedürftig hält, ob es bei der Anerkennung eines Impfschadens gemäß § 60 Abs 1 S 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) unter bestimmten Voraussetzungen bei der Kausalitätsbeurteilung eine Beweislastumkehr zugunsten der Antragsteller gibt, hat sie die Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Sie geht fehl in der Annahme, das BSG habe sich bislang mit dieser von ihr für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfrage noch nicht auseinandergesetzt. Wie das BSG vielmehr bereits entschieden hat, kommt im Impfschadensrecht eine Beweislastumkehr in der Regel nicht in Betracht. Denn bereits das Gesetz sieht eine Beweiserleichterung - für die Anerkennung des Impfschadens als anspruchsbegründenden Umstand - vor (BSG Urteil vom 27.8.1998 - B 9 VJ 2/97 R - Juris RdNr 17). Mit dieser Entscheidung setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Sie kann daher auch nicht darlegen, warum sich daraus keine Antwort auf die von ihr aufgeworfene Frage ergibt. Im Übrigen geht die Beschwerde zu Unrecht davon aus, Impfgeschädigte müssten den Nachweis der Kausalität im Vollbeweis erbringen. Wie das LSG demgegenüber zutreffend angenommen hat, genügt nach § 61 S 1 IfSG für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11799780

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