Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen zu tragen.
Der Streitwert wird auf 107 628,53 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Die klagende Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) begehrt von der beklagten Krankenkasse in Abwicklung die Zahlung rückständiger Gesamtvergütung für die Jahre 2005 und 2006 in Höhe von 107 629,25 Euro.
Die Klägerin und der Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen, dessen Rechtsnachfolger der beigeladene BKK Landesverband Nordwest ist, vereinbarten zur Regelung der vertragsärztlichen Versorgung in Westfalen-Lippe den Gesamtvertrag-Ärzte vom 1.3.1983 (im Folgenden: GV 1983). Nach § 25 Abs 1 Satz 1 GV 1983 ist die "Gesamtvergütung ... vierteljährlich, und zwar 10 Tage nach Eingang der Mantelrechnung, fällig". Die Krankenkassen leisten monatliche Abschlagszahlungen von je 32 vH der Gesamtvergütung des entsprechenden Vorjahresquartals (§ 25 Abs 1 Satz 2 GV 1983). Die nähere Ausgestaltung der Berechnung und Zahlung der Gesamtvergütung ist in der Anlage 1 zum GV 1983, die nach § 2 GV 1983 Bestandteil des Vertrages ist, vereinbart und wird für jedes Kalenderjahr neu gefasst. In Ziffer 9.1 der Anlage 1 für das Jahr 2005 (im Folgenden: Anlage 1 2005) ist geregelt, dass die Gesamtvergütung vierteljährlich, und zwar jeweils zehn Tage nach Eingang der Formblätter 3 und 3 A bzw ab dem 1.4.2005 nach Eingang des gültigen Datensatzes im xml-Format inkl KT-Viewer fällig ist. In Ziffer 7.1 der Anlage 1 für das Jahr 2006 (im Folgenden: Anlage 1 2006) ist geregelt, dass die Gesamtvergütung vierteljährlich, und zwar jeweils zehn Tage nach Eingang der Formblätter 3 im xml-Format inkl KT-Viewer fällig ist. Hierbei handelt es sich um rechnungsbegründende Unterlagen (Ziffer 9.3 Anlage 1 2005, Ziffer 7.3 Anlage 1 2006). Vor diesem Zeitpunkt sind von den Krankenkassen monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von 32 % der gezahlten Gesamtvergütung des jeweiligen Quartals des Vorjahres bis zum 15. des Folgemonats zu zahlen (Ziffer 9.2 Anlage 1 2005, Ziffer 7.2 Anlage 1 2006).
Die Abrechnung nahm die Klägerin auf dieser Grundlage wie folgt vor: Für die einzelnen Quartale in 2005 und 2006 forderte sie von der Beklagten monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von 32 % der Gesamtvergütung des entsprechenden Vorjahresquartales an, welche die Beklagte auch zeitnah beglich. Sodann erteilte die Klägerin der Beklagten jeweils eine vorläufige Quartalsabrechnung bestehend aus budgetierten und nicht budgetierten Leistungsbestandteilen, die regelhaft im zweiten bis vierten Quartal nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungsquartals erstellt wurde. Hierbei wurden sämtliche Differenzbeträge zu den bereits geleisteten Abschlagszahlungen ausgeglichen. Sofern die Abschlagszahlungen den Betrag der vorläufigen Budgetierung überstiegen, erstattete die Klägerin der Beklagten diese Differenz; im anderen Fall forderte die Klägerin den Betrag nach. Diese Abrechnungen waren in den beigefügten rechnungsbegründenden Unterlagen und in einem Begleitschreiben als vorläufig gekennzeichnet. Die Beklagte beglich sodann die in Rechnung gestellten Beträge, zuletzt am 1.8.2007 für das Quartal 4/2006.
Mit Schreiben vom 14.6.2011 wies die Klägerin die Beklagte auf noch offene Abrechnungszeiträume hin. So sei für die Quartale 1/2005 bis 4/2008 bisher nur vorläufig abgerechnet worden, da Honorarverträge verspätet abgeschlossen worden seien. Die "endgültige Rechnungslegung" stehe noch aus. Mit Schreiben vom 27.11.2013 ("Endabrechnung der Gesamtvergütung für das Jahr 2005") rechnete die Klägerin die Gesamtvergütung für das Jahr 2005 endgültig ab und machte einen Forderungsbetrag von 47 949,43 Euro gegenüber der Beklagten geltend. Mit einem weiteren Schreiben vom 31.8.2015 ("Endabrechnung der Gesamtvergütung für die Jahre 2006 bis 2008") rechnete die Klägerin die Gesamtvergütung für die Quartale 1/2006 bis 4/2008 endgültig ab. Für das Jahr 2006 ergab sich danach ein Forderungsbetrag iH von 65 640,73 Euro. Zuzüglich der Forderung für das Jahr 2005 iH von 47 949,43 Euro und abzüglich der in dem Schreiben ausgewiesenen Guthaben für die Jahre 2007 und 2008 iH von 4188,37 Euro bzw 1772,54 Euro, machte die Klägerin eine Gesamtforderung iH von 107 629,25 Euro geltend. Die Beklagte erhob jeweils die Einrede der Verjährung (Schreiben vom 10.12.2013 und 21.10.2015).
Das SG hat die von der Klägerin am 24.8.2016 erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 3.9.2018). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG die Beklagte zur Zahlung des Betrages von 107 628,53 Euro nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom 21.10.2020). Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der rückständigen Gesamtvergütung sei entstanden und auch durchsetzbar. Auf die Einrede der Verjährung könne sich die Beklagte nicht berufen. Der Anspruch auf Zahlung der Gesamtvergütung verjähre entsprechend § 45 Abs 1 SGB I vier Jahre nach Ende des Kalenderjahres, in dem er entstanden sei. Entstanden sei der Anspruch mit Eintritt der Fälligkeit (Hinweis auf BSG Urteil vom 16.5.2018 - B 6 KA 45/16 R - SozR 4-2500 § 120 Nr 6 RdNr 27; BSG Urteil vom 11.9.2019 - B 6 KA 13/18 R - SozR 4-7610 § 812 Nr 9 RdNr 25). Zur Fälligkeit hätten die Vertragsparteien in § 25 Abs 1 Satz 1 GV 1983 iVm Ziffer 9.1 Anlage 1 2005 bzw Ziffer 7.1 Anlage 1 2006 eine Vereinbarung bezüglich der quartalsweisen Abrechnung getroffen. Klauseln, die ein Zahlungsziel einräumten, seien als Leistungszeitbestimmung iS von § 271 Abs 2 BGB anzusehen. Hier sei der Eingang der sogenannten rechnungsbegründenden Unterlagen ausdrücklich in Ziffer 9.3 (Anlage 1 2005) bzw 7.3 (Anlage 1 2006) zur Voraussetzung der Fälligkeit gemacht worden. Wenn eine Rechnungserteilung - wie hier - als Fälligkeitsvoraussetzung vorgeschrieben sei, beginne der Lauf der Verjährungsfrist nicht vor dem Zugang einer prüfbaren Endabrechnung. Vorläufige Quartalsabrechnungen könnten eine Fälligkeit dagegen nicht begründen.
Die Beklagte habe nach diesen Grundsätzen - ausgehend vom maßgeblichen Empfängerhorizont - die vorläufigen Quartalsabrechnungen nicht als Abrechnung iS des § 25 Abs 1 Satz 1 GV 1983 iVm Ziffer 9.1 Anlage 1 2005 bzw Ziffer 7.1 Anlage 1 2006 ansehen können. Vielmehr sei für sie erkennbar gewesen, dass die Klägerin die entsprechenden endgültigen Abrechnungen erst mit Schreiben vom 27.11.2013 und 31.8.2015 vorgenommen habe. Der Anspruch der Klägerin sei daher für die Quartale des Jahres 2005 am 16.12.2013 und für die Quartale des Jahres 2006 am 17.9.2015 fällig geworden. Folglich habe die Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.2013 (Ansprüche auf Gesamtvergütung aus 2005) bzw des 31.12.2015 (Ansprüche auf Gesamtvergütung aus 2006) begonnen und zum 31.12.2017 bzw zum 31.12.2019 geendet. Ab dem 24.8.2016 sei jedoch bereits die Klage beim SG anhängig gewesen, die den weiteren Verlauf der Verjährung gehemmt habe. Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht verwirkt. Allein in einer Rechnungsstellung, die später erfolge als üblich oder als vom Schuldner erwartet, liege kein Verwirkungsverhalten, das Vertrauen dahingehend begründe, es werde keine Abrechnung mehr erfolgen. Zudem sei auch ein entsprechender Vertrauenstatbestand auf Seiten der Beklagten nicht entstanden. Für diese sei der durch die Klägerin eingeführte "Zwischenschritt" einer vorläufigen quartalsweisen Abschlagszahlung offensichtlich erkennbar gewesen.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht die Beklagte die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.
II
Die Beschwerde der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
1. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache liegen nicht vor.
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 12/15 B - SozR 4-2500 § 116 Nr 11 RdNr 5; BSG Beschluss vom 15.10.2020 - B 6 KA 16/20 B - juris RdNr 8). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus schon vorliegender Rechtsprechung klar beantworten lässt (BSG Beschluss vom 11.10.2017 - B 6 KA 29/17 B - juris RdNr 4). Klärungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde oder wenn die Bedeutung über den Einzelfall hinaus fehlt, weil eine weitergehende Bedeutung der Rechtsfrage für weitere Fälle nicht erkennbar ist oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG Beschluss vom 13.2.2019 - B 6 KA 17/18 B - juris RdNr 7).
a) Die Beklagte bezeichnet zunächst folgende Rechtsfrage als grundsätzlich bedeutsam:
"Gilt der Grundsatz, dass die Verjährungsfrist mit Fälligkeit des Anspruchs beginnt auch dann, wenn die Fälligkeit des Anspruchs vereinbarungsgemäß an eine Mitwirkungshandlung des Gläubigers geknüpft ist, die Vereinbarung aber nicht regelt, innerhalb welcher Frist der Gläubiger seine Mitwirkungshandlung zu erfüllen hat?"
aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob die in der Beschwerdebegründung aufgestellte allgemeine Behauptung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügt (vgl BSG Beschluss vom 13.2.2019 - B 6 KA 17/18 B - juris RdNr 13). In der Beschwerdebegründung muss dargelegt werden, dass die Antwort auf die gestellte Frage noch offen und nicht durch die schon ergangene Rechtsprechung geklärt ist. Dazu gehört eine Auseinandersetzung mit zu dieser Frage vertretenen Auffassungen in Rechtsprechung und ggf auch Schrifttum. Die Beklagte hätte sich deshalb mit der Rechtsprechung des BGH auseinandersetzen müssen, wonach auch in Fällen, in denen die Fälligkeit einer Forderung durch vertragliche und gesetzliche Bestimmungen bis zur Erteilung einer Rechnung hinausgeschoben ist, die Verjährung erst mit der Erteilung der Rechnung und somit der Fälligkeit und Entstehung des Anspruchs beginnt und nicht auf einen früheren Zeitpunkt vorverlagert wird (BGH Urteil vom 17.2.1971 - VIII ZR 4/70 - BGHZ 55, 340, 344; BGH Urteil vom 16.6.1977 - VII ZR 66/76 - juris RdNr 12; BGH Urteil vom 5.11.1998 - VII ZR 191/97 - juris RdNr 15; BGH Urteil vom 17.7.2019 - VIII ZR 224/18 - juris RdNr 29; vgl noch RdNr 15). Auch die Entscheidung des Senats vom 11.9.2019 (B 6 KA 13/18 R - SozR 4-7610 § 812 Nr 9), in welchem sich der Senat mit der Verjährung und Verwirkung von Honorarrückforderungen befasst hat, wird in der innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eingereichten Begründung vom 4.6.2021 nicht erwähnt. Soweit die Beklagte in ihrem nachfolgenden Schriftsatz vom 18.8.2021 - in Reaktion auf die Beschwerdeerwiderung der Klägerin - zu einschlägigen Entscheidungen des BGH und des BSG Stellung nimmt, ist dieser Schriftsatz außerhalb der Begründungsfrist des § 160a SGG eingegangen und jedenfalls als eigenständige, tragende Begründung nicht mehr zu berücksichtigen (vgl BSG Beschluss vom 28.2.2020 - B 6 KA 31/19 B - juris RdNr 14). Denn die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde ist hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen.
bb) Jedenfalls aber liegt eine grundsätzliche Bedeutung nicht vor, da die von der Beklagten formulierte Frage nicht klärungsbedürftig ist. Es ist in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt, dass der Anspruch auf Zahlung der Gesamtvergütung grundsätzlich entsprechend § 45 Abs 1 SGB I vier Jahr nach Ende des Kalenderjahres verjährt, in dem er entstanden ist (vgl BSG Urteil vom 15.6.2016 - B 6 KA 22/15 R - SozR 4-2500 § 140d Nr 3 RdNr 38; BSG Beschluss vom 29.11.2017 - B 6 KA 51/17 B - juris RdNr 11). Ebenso ist geklärt, dass verjährungsrechtliche Voraussetzung der Entstehung des Anspruchs grundsätzlich dessen Fälligkeit ist (BSG Urteil vom 16.5.2018 - B 6 KA 45/16 R - SozR 4-2500 § 120 Nr 6 RdNr 27; BGH Urteil vom 22.10.1986 - VIII ZR 242/85 - juris RdNr 29; BGH Urteil vom 8.7.2008 - XI ZR 230/07 - juris RdNr 17; BGH Urteil vom 17.7.2019 - VIII ZR 224/18 - juris RdNr 16; vgl auch Ellenberger in Palandt, BGB, 80. Aufl 2021, § 199 RdNr 3). Geklärt ist auch, dass die Fälligkeit einer Forderung von der Erteilung einer Rechnung abhängig sein kann, soweit dies vereinbart bzw gesetzlich geregelt ist (Ellenberger in Palandt, BGB, 80. Aufl 2021, § 199 RdNr 5, 6 mwN; Lakkis in jurisPK-BGB, 9. Aufl 2020, § 199 RdNr 33). So sieht beispielsweise § 12 Abs 1 Gebührenordnung für Ärzte vor, dass die ärztliche Vergütung erst fällig wird, wenn dem Zahlungspflichtigen eine - den Vorgaben entsprechende - Rechnung erteilt worden ist (vgl dazu BGH Urteil vom 21.12.2006 - III ZR 117/06 - BGHZ 170, 252, 255 ff). Konstitutive Rechnungsstellungen sind weiterhin zB in § 650g Abs 4 Satz 1 Nr 2 BGB (Bauleistungen), § 16 Abs 3 Nr 1 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (bei Vereinbarung der Parteien für die Schlussrechnung des Auftraggebers; vgl BGH Urteil vom 12.2.1970 - VII ZR 168/67 - BGHZ 53, 222, 225 f), § 15 Satz 1 Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (Architektenhonorar; vgl dazu BGH Urteil vom 21.6.2001 - VII ZR 423/99 - juris RdNr 7) und § 17 Abs 1 Satz 1 Stromgrundversorgungsverordnung(Vergütungsforderung des Stromlieferanten; vgl dazu BGH Urteil vom 17.7.2019 - VIII ZR 224/18 - juris RdNr 17) vorgesehen.
Die Parteien können auch vertraglich bestimmen, dass die Rechnungserteilung Fälligkeitsvoraussetzung sein soll (vgl BSG Urteil vom 16.5.2018 - B 6 KA 45/16 R - SozR 4-2500 § 120 Nr 6 RdNr 27 - Fälligkeit von Laborrechnungen; BSG Urteil vom 5.9.2019 - B 8 SO 20/18 R - SozR 4-3500 § 18 Nr 5 RdNr 18 - Fälligkeit des monatlichen Heimentgelts; vgl auch BSG Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 14/12 R - SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 25 - Fälligkeit von Krankenhausbehandlungskosten). Auf Grundlage dieser Rechtsprechung ist das LSG davon ausgegangen, dass Ziffer 9.1 Anlage 1 2005 bzw Ziffer 7.1 Anlage 1 2006 zum GV 1983 - deren Auslegung als landesrechtliche Regelung grundsätzlich dem LSG vorbehalten und dem Senat nicht zugänglich ist (§ 162 SGG; vgl nur BSG Beschluss vom 30.9.2020 - B 6 KA 7/20 B - juris RdNr 9) - eine endgültige Rechnungserteilung als Fälligkeitsvoraussetzung vorschreibe. Diese anerkannten Grundsätze zum Verjährungsbeginn stellt im Übrigen auch die Beklagte nicht in Abrede, wenn sie in ihrer Beschwerdebegründung formuliert, dass durch "Gesetz oder Vereinbarung ... die Fälligkeit von einem Verhalten des Gläubigers, z.B. der Erteilung einer Rechnung, abhängig gemacht werden" kann. Die Parteien könnten eine Regelung treffen, nach der die Fälligkeit an die Erteilung "rechnungsbegründender Unterlagen" anknüpfe.
Soweit die Beklagte in ihrer Beschwerdebegründung weiter argumentiert, dass sich der Verjährungsbeginn aber dann nicht nach der Fälligkeitsregelung richten könne, wenn diese Regelung die Herbeiführung der Fälligkeit in das Belieben des Gläubigers stelle, besteht ebenfalls keine Klärungsbedürftigkeit. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass der Gläubiger die Erteilung einer Rechnung verzögern kann, wenn diese Voraussetzung der Fälligkeit ist. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH beginnt jedoch auch in Fällen, in denen die Fälligkeit einer Forderung durch vertragliche oder gesetzliche Bestimmungen bis zur Erteilung einer (Ab-)Rechnung hinausgeschoben ist, die Verjährung erst mit der Erteilung einer (Ab-)Rechnung und wird nicht auf einen früheren Zeitpunkt vorverlagert (BGH Urteil vom 24.5.1971 - VII ZR 155/70 - juris RdNr 19; BGH Urteil vom 17.2.1971 - VIII ZR 4/70 - BGHZ 55, 340; BGH Urteil vom 16.6.1977 - VII ZR 66/76 - juris RdNr 12; BGH Urteil vom 5.11.1998 - VII ZR 191/97 - juris RdNr 15; BGH Rechtsentscheid vom 19.12.1990 - VIII ARZ 5/90 - BGHZ 113, 188, 195 = juris RdNr 18; BGH Urteil vom 17.7.2019 - VIII ZR 224/18 - juris RdNr 29; vgl auch Schmidt-Räntsch in Erman, BGB, 16. Aufl 2020, § 199 BGB RdNr 6). Das gilt auch dann, wenn die Fälligkeit von einem zeitlich unbestimmten und unbestimmbaren Ereignis - hier die Vornahme der quartalsweisen Endabrechnungen durch die Klägerin - abhängig ist und ein Vertragspartner damit auf den Beginn der Verjährungsfrist Einfluss nehmen kann (BGH Urteil vom 8.7.1981 - VIII ZR 222/80 - juris RdNr 24, 25; BGH Urteil vom 22.10.1986 - VIII ZR 242/85 - juris RdNr 29; BGH Urteil vom 17.7.2019 - VIII ZR 224/18 - juris RdNr 29). Die Erteilung der Rechnung selbst markiert den Verjährungsbeginn, nicht etwa der Zeitpunkt in dem sie hätte erteilt werden können oder gar müssen (BGH Rechtsentscheid vom 19.12.1990 - VIII ARZ 5/90 - BGHZ 113, 188, 195 f = juris RdNr 19). Den Umstand, dass der Verjährungsbeginn durch das Verhalten des Gläubigers hinausgeschoben werden kann, nimmt das Gesetz hin (BGH Urteil vom 17.7.2019 - VIII ZR 224/18 - juris RdNr 29). Auch der Senat hat in seiner Entscheidung vom 11.9.2019 (B 6 KA 13/18 R - SozR 4-7610 § 812 Nr 9), welche eine Honorarrückforderung wegen Überzahlung des Honorarkontos eines zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Anästhesisten betraf, dementsprechend ausgeführt, dass die Verjährungsfrist erst beginnen könne, wenn die beteiligten Krankenkassen gegenüber der KÄV die ärztlichen Leistungen aus den Strukturverträgen abgerechnet und die KÄV die jeweiligen Endabrechnungen gegenüber dem Arzt erstellt habe (RdNr 25).
Auch der Gesetzgeber des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl I, 3138) hat bei der Neufassung des § 199 BGB den Vorschlag des Bundesrats, die Vorschrift des § 199 BGB um eine Ausschluss- oder Verjährungsfrist für nicht fällige vertragliche Erfüllungsansprüche zu ergänzen, nicht aufgegriffen. Zwar könnten vertragliche Erfüllungsansprüche, die noch nicht fällig sind, dann grundsätzlich nicht verjähren. Dies sei jedoch auch nach bisherigem Recht (§ 198 Satz 1 BGB aF) schon so gewesen. Es bestehe auch künftig kein Bedürfnis für eine solche Regelung. Dies gelte gleichermaßen für den Fall, dass teilweise der Gesetz- oder Verordnungsgeber selbst die Fälligkeit einer Forderung an die Erteilung einer Rechnung anknüpfe. Nennenswerte Probleme seien bislang nicht aufgetreten und würden sich auch künftig nicht ergeben. Soweit der Gläubiger wider Treu und Glauben die Rechnungserteilung unterlasse, böten sich Lösungsmöglichkeiten über § 242 BGB, insbesondere über die Verwirkung an (BT-Drucks 14/6857, S 6, 42 f). Ob der Schuldner in der jeweiligen Konstellation iS des § 242 BGB schutzbedürftig ist (vgl BGH Rechtsentscheid vom 19.12.1990 - VIII ARZ 5/90 - BGHZ 113, 188, 196 f - juris RdNr 20; BGH Urteil vom 27.11.2003 - VII ZR 288/02 - BGHZ 157, 118, 132 = juris RdNr 35; zur Verwirkung auch noch RdNr 18 f, ist aber eine Frage des konkreten Einzelfalles und begründet keine grundsätzliche Bedeutung.
b) Die Beklagte bezeichnet weiterhin als grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage:
"Für den Fall, dass die Verjährungsfrist erst beginnt, wenn der Gläubiger seine Mitwirkungspflicht erfüllt hat: Unter welchen Voraussetzungen handelt der Gläubiger treuwidrig, der sich auf die Nichterfüllung seiner Mitwirkungshandlung über einen längeren, Aufbewahrungsfristen überschreitenden, Zeitraum (hier sechs bzw. sieben Jahre) beruft?"
Soweit es ihr damit um die aus ihrer Sicht fehlerhafte Bewertung des LSG zu der Frage geht, ob eine Verwirkung des Anspruchs der Klägerin anzunehmen ist, stellen sich allenfalls Fragen zur Anwendung im konkreten Einzelfall. Es ist bereits geklärt, dass das im bürgerlichen Recht als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entwickelte - und im Sozialrecht anerkannte - Rechtsinstitut der Verwirkung voraussetzt, dass der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhaltens) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl BSG Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 6/76 - BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15 mwN; BSG Urteil vom 29.1.1997 - 5 RJ 52/94 - BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 18; BSG Urteil vom 11.8.2015 - B 9 SB 2/15 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 31 RdNr 22; BSG Beschluss vom 5.8.2020 - B 4 AS 187/20 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 12.5.2021 - B 6 KA 38/20 B - RdNr 10). Dabei ist eine Festlegung auf eine abstrakte Frist, nach der stets von dem Vorliegen des Zeitmoments für die Verwirkung auszugehen wäre, nicht möglich. Vielmehr ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen.
Im Übrigen spricht alles dafür, dass das LSG hier zu Recht die Voraussetzungen einer Verwirkung verneint hat. Zwar ist es zutreffend, dass die Klägerin die Endabrechnungen der Gesamtvergütung für die Jahre 2005 und 2006 erst in 2013 bzw 2015 erstellt hat. Jedenfalls fehlt es aber an einem hinzutretenden zusätzlichen Verwirkungsverhalten, aufgrund dessen die Beklagte hätte darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin keine Endabrechnung mehr erteilen werde. Denn die Beklagte war nach den Feststellungen des LSG stets über die Vorläufigkeit der vorhergehenden Abrechnungen informiert (Urteilsumdruck S 31).
c) Soweit die Beklagte schließlich fragt:
"Gilt die zivilrechtliche Theorie der realen Leistungsbewirkung auch für öffentlich-rechtliche Verträge auf dem Gebiet des Sozialrechts? Wenn ja, kann nach der zivilrechtlichen Theorie der realen Leistungsbewirkung der Schuldner, der eine Leistung erbringt, die einer bestimmten Schuld zugeordnet werden kann (hier: die Mitwirkungshandlung in Gestalt des Einreichens der rechnungsbegründenden Unterlagen), die an sich eintretende Erfüllungswirkung dadurch ausschließen, dass der Schuldner erklärt, die tatsächlich erbrachte und erfüllungsgeeignete Leistung sei eine nur 'vorläufige' Leistung?",
hat sie bereits eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt. Die bloße Behauptung, die Frage betreffe die zentrale Vorschrift des § 362 Abs 1 BGB und stelle sich schon deshalb nicht nur im hiesigen Einzelfall, ist insofern unzureichend.
Jedenfalls aber kommt es auf die Beantwortung dieser Rechtsfrage für die Entscheidung nicht an. Nach § 362 Abs 1 BGB erlischt eine Schuld, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Erbringt der Schuldner die geschuldete Leistung, so tritt die Erfüllungswirkung nach der Theorie der realen Leistungsbewirkung regelmäßig als objektive Folge der Leistungsbewirkung ein, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssten (vgl nur BGH Urteil vom 3.12.1990 - II ZR 215/89 - juris RdNr 8; BGH Urteil vom 17.7.2007 - X ZR 31/06 - juris RdNr 17). In diesem Zusammenhang ist die Beklagte der Auffassung, die Mitwirkungshandlung der Klägerin in Gestalt des Einreichens der rechnungsbegründenden Unterlagen sei eine Leistungserbringung iS des § 362 Abs 1 BGB. Die Fälligkeitsregelung der Ziffer 9.1 Anlage 1 2005 bzw 7.1 Anlage 1 2006 setze "den (faktischen) Eingang des 'gültigen Datensatzes im xml-Format inkl. KT-Viewer' voraus". Da die Klägerin diese Datensätze auch bereits mit den vorläufigen Abrechnungen übersandt habe, habe sie - die Beklagte - dies nur so verstehen können, dass die von der Klägerin mit diesen Abrechnungen geltend gemachten Beträge nun nach der Anlage 1 zum GV 1983 fällig seien.
Unabhängig davon, dass unter Leistung iS des § 362 Abs 1 BGB nicht die Leistungshandlung oder Mitwirkungspflichten, sondern nur der Leistungserfolg zu verstehen ist (vgl nur BGH Urteil vom 25.3.1983 - V ZR 168/81 - BGHZ 87, 156), zielt die Fragestellung der Beklagten auf den Aspekt, dass sie - aufgrund der vorläufigen Abrechnungen durch die Klägerin - nicht mehr mit der Erteilung einer Schlussrechnung habe rechnen müssen. Dies betrifft jedoch den konkreten Einzelfall und begründet keine grundsätzliche Bedeutung. Im Übrigen hat das LSG gerade festgestellt, dass die Vorläufigkeit der quartalsweisen Abrechnungen für die Beklagte offensichtlich erkennbar gewesen sei.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Beklagte die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen ist nicht veranlasst, da dieser im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt hat (§ 162 Abs 3 VwGO).
3. Die Festsetzung des Streitwertes hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht dem Betrag, zu dessen Zahlung die Beklagte vom LSG verurteilt wurde.
Fundstellen
Dokument-Index HI14986604 |