Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 10.10.2017; Aktenzeichen L 11 EG 1714/17) |
SG Karlsruhe (Entscheidung vom 18.04.2017; Aktenzeichen S 5 EG 90/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. Oktober 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Mit Urteil vom 10.10.2017 hat das LSG den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch, ihr Elterngeld auf der Grundlage ihres Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit in den zwölf Monaten vor der Geburt ihres Sohnes zu bemessen, verneint. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen nach § 2b Abs 3 S 1 BEEG in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 27.1.2015 (BGBl I 33) für die Verschiebung des Bemessungszeitraums auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes, weil sie positives Einkommen aus ihrer selbstständigen Tätigkeit als Chorleiterin erzielt habe.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung vom 19.12.2017 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG Beschluss vom 2.5.2017 - B 5 R 401/16 B - Juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin hält folgende Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam:
"Ist der Wortlaut von § 2b Abs. 3 Satz 1 BEEG abschließend in dem Sinne, dass im Falle von Mischeinkünften erzielte Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zwingend zur Bemessung des Elterngeldes heranzuziehen sind?
Oder eröffnet die Norm dem Normadressaten die Möglichkeit, seinem Antrag auf Elterngeld lediglich die aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte zu Grunde zu legen, auch wenn er Mischeinkünfte erzielt hat?"
Die Klägerin hat jedoch deren (erneute) Klärungsbedürftigkeit nicht aufgezeigt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit in gebotener Weise darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher mit Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck des Gesetzes, wie er sich aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt, sowie der einschlägigen Rechtsprechung auseinandersetzen (vgl BSG Beschluss vom 24.8.2017 - B 9 SB 24/17 B - Juris RdNr 10 mwN). Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin weist selbst darauf hin, dass sich der Senat bereits zum maßgeblichen Bemessungszeitraum der Elterngeldberechnung bei Elterngeldberechtigten mit Mischeinkünften aus nichtselbstständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes und damit zu dem von ihr mit der aufgeworfenen Fragestellung problematisierten Anwendungsbereich des § 2b Abs 3 S 1 BEEG geäußert hat (Urteil vom 21.6.2016 - B 10 EG 8/15 R - BSGE 121, 222 = SozR 4-7837 § 2b Nr 1; auch Urteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 4/15 R - SozR 4-7837 § 2b Nr 2; Urteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 5/15 R - SozR 4-7837 § 2b Nr 3). So hat der Senat bereits entschieden, dass der Wortlaut der Vorschrift ("ist") der Elterngeldbehörde kein Ermessen eröffnet, sondern diese vielmehr in gebundener Weise verpflichtet, den Bemessungszeitraum auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zu verschieben, wenn der Elterngeldberechtigte Mischeinkünfte aus selbstständiger und nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit bezogen hat (Urteil vom 21.6.2016 - B 10 EG 8/15 R - BSGE 121, 222 = SozR 4-7837 § 2b Nr 1, RdNr 23; Urteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 4/15 R - SozR 4-7837 § 2b Nr 2 RdNr 19). Darüber hinaus hat der Senat im Einzelnen ausgeführt, dass eine ungeschriebene Ausnahme von dieser eindeutigen gesetzlichen Anordnung des § 2b Abs 3 S 1 BEEG auch systematisch, gesetzeshistorisch und teleologisch ausgeschlossen ist. Selbst bei einer im Fall des § 2b Abs 3 S 2 BEEG beantragten Verschiebung des Bemessungszeitraums ist keine Verschiebung auf den Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes möglich, sondern lediglich auf den vorangegangenen steuerlichen Veranlagungszeitraum. Dies gilt selbst dann, wenn der Elterngeldberechtigte aus seiner selbstständigen Tätigkeit nur geringe oder sogar negative Einkünfte erzielt hat (vgl Urteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 4/15 R - SozR 4-7837 § 2b Nr 2 RdNr 19 ff; Urteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 5/15 R - SozR 4-7837 § 2b Nr 3 RdNr 22 ff). Zudem hat der Senat ausführlich aufgezeigt, aus welchen Gründen die Bestimmung des § 2b Abs 3 S 1 BEEG verfassungsgemäß ist und insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verstößt (Urteil vom 21.6.2016 - B 10 EG 8/15 R - BSGE 121, 222 = SozR 4-7837 § 2b Nr 1, RdNr 27 ff; Urteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 4/15 R - SozR 4-7837 § 2b Nr 2 RdNr 22 ff; Urteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 5/15 R - SozR 4-7837 § 2b Nr 3 RdNr 34 ff).
Vor dem Hintergrund dieser Senatsrechtsprechung hat die Klägerin keinen erneuten Klärungsbedarf der aufgeworfenen Fragestellung zu § 2b Abs 3 S 1 BEEG im Revisionsverfahren aufgezeigt. Denn sie versäumt es in ihrer Beschwerdebegründung, sich mit vorgenannter Rechtsprechung in substanzieller Argumentation auseinanderzusetzen. Die Auseinandersetzung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung erfordert es darzulegen, dh näher auf sie einzugehen, weshalb eine bereits ins Feld geführte Argumentation nicht zutrifft und eine weitere höchstrichterliche Klärung erforderlich erscheint (BSG Beschluss vom 3.1.2011 - B 13 R 195/10 B - Juris RdNr 9 mwN). Hierfür genügt es nicht, lediglich "noch einmal" die eigene Rechtsansicht auszubreiten. Ebenso wenig reicht die Ankündigung der Klägerin aus, die aufgeworfene Rechtsfrage im Wege einer Verfassungsbeschwerde verfassungsrechtlich überprüfen zu lassen. Vielmehr muss die Beschwerde auf die bereits vorliegende Rechtsprechung näher eingehen und aufzeigen, dass dieser mit gewichtigen Argumenten substantiell widersprochen wird (vgl Senatsbeschluss vom 21.6.2016 - B 10 EG 5/16 B - Juris RdNr 10 mwN) oder welche neuen erheblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind, die zu einer über die bisherige Erörterung hinausgehenden Betrachtung der aufgeworfenen Fragestellung führen können und die Möglichkeit einer anderweitigen Entscheidung nicht offensichtlich ausschließen (vgl BSG Beschluss vom 30.9.1992 - 11 BAr 47/92 - SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 mwN). Entsprechende Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung aber nicht. Dass die Klägerin die Entscheidung des LSG für ihren Einzelfall "nicht so recht nachvollziehen kann" und inhaltlich für falsch hält, vermag eine Grundsatzrüge nicht zu begründen.
Will die Klägerin überdies mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß (hier: Verletzung von Art 3 Abs 1 GG) geltend machen und damit (erneuten) Klärungsbedarf aufzeigen, darf sie sich nicht auf die bloße Benennung des angeblich verletzten Grundrechts beschränken. Vielmehr muss sie auch hier unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu der gerügten Verfassungsnorm und der ihr zugrunde liegenden Prinzipien und Grundsätze in substantieller Argumentation darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu muss der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Norm aufgezeigt, die Sachgründe ihrer Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des Grundgesetzes im Einzelnen dargetan werden. Es ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seines weiten Gestaltungsspielraums im Elterngeldrecht (s hierzu Senatsurteil vom 21.6.2016 - B 10 EG 8/15 R - BSGE 121, 222 = SozR 4-7837 § 2b Nr 1, RdNr 28; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - BVerfGK 19, 186, 189, 193) überschritten und in unzulässiger Weise verletzt hat (vgl BSG Beschluss vom 8.9.2016 - B 9 V 13/16 B - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - Juris RdNr 8). Entsprechender substanzvoller Beschwerdevortrag fehlt indes.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11554044 |