Verfahrensgang
SG Mannheim (Entscheidung vom 22.03.2021; Aktenzeichen S 8 VG 1631/20) |
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 11.10.2021; Aktenzeichen L 6 VG 1443/21) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Oktober 2021 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt W zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger hat zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 11.10.2021 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt W beantragt.
Vor dem LSG hatte er beantragt, den Beklagten unter Aufhebung entgegenstehender Bescheide und des klageabweisenden Urteils des SG zu verurteilen, ihm nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) eine Beschädigtenversorgung, ein Paar Schuhe nach Maßanfertigung, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit gesetzlicher Krankenversicherung sowie eine mehrwöchige Bäderkur zu gewähren und die Kosten für einen Bürostuhl zu übernehmen. Zur Begründung hatte er im Wesentlichen vorgetragen, er sei durch eine vermeidbare Zwangsräumung und anschließende "zwanghafte Unterbringung" sowie durch fehlerhafte ärztliche Behandlungen, insbesondere eine Limberg-Plastik auf der falschen Gesäßseite, geschädigt worden. Mit dem Antrag auf PKH hat er verschiedene Unterlagen vorgelegt, die ua seine Wohnsituation und die ärztlichen Behandlungen veranschaulichen.
II
1. Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die von dem Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), der Beschluss des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens des Klägers - Anhaltspunkte dafür, dass ein beizuordnender Rechtsanwalt einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen oder bezeichnen könnte (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Solche grundlegenden Rechtsfragen stellen sich im Fall des Klägers aber nicht. Insbesondere sind die Voraussetzungen, unter denen eine ärztliche Behandlung als tätlicher Angriff iS des OEG eingestuft werden kann, bereits höchstrichterlich geklärt (vgl BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17).
Auch ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung des LSG von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte.
Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass ein Prozessbevollmächtigter einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensmangel des LSG bezeichnen könnte. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Zwar sind an Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen, wenn der Kläger - wie es hier der Fall war - in der Berufungsinstanz durch keinen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertreten war (vgl BSG Beschluss vom 8.5.2018 - B 1 KR 3/18 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 18.9.2003 - B 9 SB 11/03 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 1 RdNr 5). Auch ein unvertretener Kläger muss aber dem Gericht deutlich machen, dass er noch Aufklärungsbedarf sieht (vgl BSG Beschluss vom 3.11.2021 - B 4 AS 186/21 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 8.5.2018 - B 1 KR 3/18 B - juris RdNr 5). Ein solches hinreichend konkretes Sachaufklärungsverlangen ist dem Vorbringen des Klägers vor dem LSG nicht zu entnehmen. Zugleich ist auch kein Verfahrensmangel im Zusammenhang mit der vom LSG gewählten Entscheidungsform eines Beschlusses ohne mündliche Verhandlung nach § 153 Abs 4 SGG erkennbar.
Dass der Kläger den Beschluss des LSG inhaltlich für unrichtig hält, kann als solches nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 15.11.2021 - B 9 SB 50/21 B - juris RdNr 18; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4).
2. Da dem Kläger keine PKH für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zusteht, kommt die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Kaltenstein |
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Röhl |
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Ch. Mecke |
Fundstellen
Dokument-Index HI15073899 |