Entscheidungsstichwort (Thema)

Beiordnung eines Notanwalts. Bemühungen. Nichtzulassungsbeschwerde. Form. Zugelassene Prozessbevollmächtigte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts sind nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Um aufzuzeigen, dass ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt habe nicht gefunden werden können und deshalb die Beiordnung eines Notanwalts erforderlich sei, muss innerhalb der Rechtsmittelfrist durch Angaben und ggf. unter Vorlage entsprechender Korrespondenz geltend gemacht werden, dass die Bemühungen um die Übernahme der Vertretung bei mehreren Rechtsanwälten erfolglos gewesen ist, wofür für ein beabsichtigtes Rechtsmittelverfahren vor einem obersten Bundesgericht erforderlich ist, dass die erfolglosen Bemühungen um eine Prozessvertretung bei mehr als vier zugelassenen Prozessbevollmächtigten substantiiert aufgezeigt werden.

2. Eine von einer Naturpartei selbst eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG ist unzulässig, da sie nicht der gesetzlichen Form entspricht, weil sie nicht selbst Beschwerde einlegen kann, sondern sich vor dem BSG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen muss.

 

Normenkette

SGG § 73 Abs. 4, § 160a Abs. 4 S. 1, § 169 Sätze 2-3, § 202 S. 1; ZPO § 78b Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Schleswig (Entscheidung vom 30.12.2021; Aktenzeichen S 4 SV 10002/21 PA)

Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 15.12.2022; Aktenzeichen L 1 SV 1/22)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2022 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundessozialgericht wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1500 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I

Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihm am 6.1.2023 zugestellten Urteil des LSG mit einem von ihm selbst unterzeichneten und am 26.1.2023 beim BSG eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt und gleichzeitig sinngemäß die Beiordnung eines Notanwalts beantragt. Mit Schreiben des BSG vom 30.1.2023 ist der Kläger auf die Voraussetzungen und Darlegungsanforderungen für die Beiordnung eines Notanwalts hingewiesen worden. Ein weiteres Schreiben des Klägers ist innerhalb der mit dem 6.2.2023 abgelaufenen Rechtsmittelfrist nicht eingegangen.

II

1. Der sinngemäße Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts ist abzulehnen.

Nach § 202 Satz 1 SGG iVm § 78b Abs 1 ZPO hat das Prozessgericht einem Beteiligten auf seinen Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung seiner Rechte beizuordnen, wenn er einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist.

Der Kläger hat die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Nach der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes muss ein Beteiligter, der die Beiordnung eines Notanwalts begehrt, die von ihm zu seiner Vertretung ersuchten Rechtsanwälte namentlich bezeichnen und deren Ablehnungsschreiben vorlegen oder sonst glaubhaft machen, in welcher Weise er Kontakt mit ihnen aufgenommen hat. Entsprechende Bemühungen müssen für ein Beschwerdeverfahren vor einem obersten Gerichtshof des Bundes jedenfalls für mindestens fünf Rechtsanwälte vor Ablauf der Beschwerdefrist dargelegt werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 28.10.2020 - B 9 V 37/20 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 17.5.2017 - B 9 SB 30/17 B - juris RdNr 4; jeweils mwN). Das Vorbringen des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht.

2. Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist durch einen vor dem BSG zugelassenen Bevollmächtigten begründet worden ist (§ 73 Abs 4 SGG). Sie ist daher durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 47 Abs 1 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 63 Abs 2 Satz 1 GKG und entspricht der Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs.

Kaltenstein

Othmer

Ch. Mecke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15641134

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