Verfahrensgang
Hessisches LSG (Urteil vom 24.05.1993) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Mai 1993 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Beigeladene bezog von der Beklagten – mit Unterbrechungen – Leistungen wegen Arbeitslosigkeit vom 28. Dezember 1984 bis 6. September 1986. Vom 8. bis 19. September 1986 erhielt der Beigeladene Übergangsgeld (Übg) wegen Teilnahme an einer Berufsfindungsmaßnahme und im Anschluß hieran erneut Arbeitslosenhilfe (Alhi) bis 31. März 1987. Vom 1. April bis 31. Juli 1987 nahm der Beigeladene an einer von der Beklagten geförderten Rehabilitationsmaßnahme zum Bürokaufmann und vom 3. August 1987 bis 31. Januar 1988 an einer ebenfalls geförderten Anpassungsmaßnahme für Schwerbehinderte und Rehabilitanden teil; für beide Zeiträume gewährte die Beklagte dem Beigeladenen erneut Übg. Am 1. Februar 1988 begann der Beigeladene eine Umschulung zum Metallbauer.
Die Klägerin gewährte dem Beigeladenen zumindest seit Dezember 1985 laufend Leistungen der Sozialhilfe. Aufgrund einer Abtretungserklärung des Beigeladenen zahlte die Beklagte die diesem zustehenden Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) für die Zeit ab 11. Dezember 1985 bis 31. März 1987 an die Klägerin aus. Das Übg für die Zeit vom 1. April bis 31. Juli 1987 zahlte die Beklagte jedoch an den Beigeladenen selbst, weil sie der Auffassung war, daß die Abtretungserklärung nicht weiter zu berücksichtigen sei. Aufgrund einer erneuten Abtretungserklärung des Beigeladenen, die sich auch auf das Übg bezog, zahlte die Beklagte die diesem zustehenden Leistungen ab 3. August 1987 wieder an die Klägerin aus.
Im Oktober 1987 machte die Klägerin gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch für die Zeit vom 1. April bis 31. Juli 1987 geltend. Die Beklagte hielt sich nicht zur Erstattung verpflichtet, weil für diesen Zeitraum weder eine auf das Übg bezogene Abtretungserklärung noch eine Überleitungsanzeige vorgelegen habe. Die hiergegen erhobene Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts vom 14. Oktober 1991; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 24. Mai 1993). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, für den streitigen Zeitraum sei ein Erstattungsanspruch ausgeschlossen, weil die Beklagte zum Zeitpunkt ihrer Leistungserbringung keine positive Kenntnis von der Sozialhilfegewährung gehabt habe. Die Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen, Nachforschungen darüber anzustellen, ob weiterhin laufende Sozialhilfeleistungen an den Beigeladenen gezahlt würden oder nicht. Der geltend gemachte Erstattungsanspruch stehe der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Verbots des Rechtsmißbrauchs zu; maßgeblich sei allein, ob die gesetzlichen Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs erfüllt seien oder nicht.
Entscheidungsgründe
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde, mit der die Klägerin das zweitinstanzliche Urteil angreift, ist unzulässig. Sie hat den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫), auf den sie sich allein beruft, nicht in der erforderlichen Weise aufgezeigt.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe, muß diese in der Begründung dargelegt werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die – über den Einzelfall hinaus – aus Gründen der Rechtseinheit oder -fortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es muß anhand des anwendbaren Rechts angegeben werden, welche Rechtsfragen sich stellen, sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums dargelegt werden, daß diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb ihre Klärung aus Gründen der Rechtseinheit und Fortbildung des Rechts erforderlich ist und daß das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten läßt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nrn 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65; Hennig/Danckwerts/König, SGG, Stand März 1993, § 160 Anm 7 und § 160a Anm 7.7; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNrn 106 ff; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 1991, IX. Kap RdNrn 180 ff; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl 1993, § 160a RdNr 14). Diesen Anforderungen ist vorliegend nicht genügt.
Aus dem Beschwerdevorbringen der Klägerin läßt sich zwar mit hinreichender Deutlichkeit ableiten, daß es ihr um die Klärung der Rechtsfrage geht, ob gegenüber der Berufung auf fehlende Kenntnis iSv § 104 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren (SGB X) der Einwand des Rechtsmißbrauchs generell ausgeschlossen ist oder ob und ggf unter welchen Voraussetzungen der Einwand rechtsmißbräuchlichen Verhaltens einer Berufung auf mangelnde Kenntnis mit Erfolg entgegengesetzt werden kann. Zweifelhaft ist jedoch schon, ob die Klägerin die Klärungsbedürftigkeit und die Klärungsfähigkeit der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage in ausreichender Weise dargelegt hat. Der Senat braucht diesen Zweifeln indes nicht weiter nachzugehen, da die Klägerin die Gründlichkeit der Rechtsfrage iS einer über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung nicht aufgezeigt hat.
Nicht jedes höchstrichterlich unentschiedene Problem rechtfertigt es, die Revision zuzulassen. Die Entscheidung in einem Revisionsverfahren kann in einer die Allgemeinheit berührenden Weise das Recht nur dann fortentwickeln und vereinheitlichen, wenn sich die Rechtsfrage als solche in der Rechtspraxis in einer Vielzahl von Fällen stellt. Allein die Tatsache, daß der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein kann, genügt nicht (BVerwG Buchholz 235.16 § 5 LBesG Nr 1 und 430.0 § 40 BSHG Nr 9; BAG AP Nr 31 zu § 72a ArbGG 1979; BSG, Beschluß vom 29. September 1993 – 7 BAr 96/93 -≪nicht veröffentlicht≫). Einzelfälle oder nur gelegentlich auftauchende Vergleichsfälle rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. In bezug auf diese Grundsätzlichkeit (Frage der sog Breitenwirkung) liegt nicht einmal eine Behauptung der Klägerin vor, so daß es keiner weiteren Ausführungen dazu bedarf, ob mehr als die reine Behauptung verlangt werden kann, wenn die Häufigkeit entsprechender Fallkonstellationen auf der Hand liegt oder dem Beschwerdeführer genauere Ausführungen nicht zumutbar sind.
Die Beschwerde ist deshalb in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1 und 5).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen